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Auftakt für den Wahlkampf

Günther Oettinger im Unimog-Museum: Ein Europäer macht Wahlkampf in Gaggenau

Günther Oettinger hat in seiner politischen Laufbahn die Geschicke von Baden-Württemberg, Deutschland und Europa mitbestimmt. Jetzt war er beim Wahlkampfauftakt des CDU-Kreisverbands Rastatt zu Besuch im Unimog-Museum.

Ein älterer Mann hält eine Rede.
Günther Oettinger während seiner Rede im Unimog-Museum Gaggenau. Der ehemalige Ministerpräsident und EU-Kommissar spricht auf Einladung des CDU-Kreisverbands Rastatt zum Wahlkampfauftakt. Foto: Hans-Jürgen Collet

Ministerpräsident, EU-Kommissar für die Energie-Agenden, später für digitale Wirtschaft und Gesellschaft und EU-Haushalt und Personal – das sind nur die wichtigsten Stationen von Günther Oettinger. Der heute Siebzigjährige hat in seiner politischen Laufbahn über Baden-Württemberg, Deutschland und Europa entschieden.

Große Welt und deutsche Befindlichkeit

Wenn Günther Oettinger (CDU) das Wort ergreift, dann in dem Bewusstsein, dass er etwas zu sagen hat. Bei seinem Besuch in Gaggenau erwies er sich einmal mehr als aufmerksamer Zuhörer und versierter Redner gleichermaßen. Seine Rede wurde so zu einer Tour d‘Horizon der Europa- und Weltpolitik im Großen – und der deutschen Befindlichkeiten im Kleinen.

Er hat gleich zugesagt.
Brigitte Schäuble
Vorsitzende des CDU-Kreisverbands Rastatt

Für die CDU-Kreisvorsitzende Brigitte Schäuble war Oettinger die Idealbesetzung für diesen wichtigen Parteitermin: „Wir kennen uns aus den Zeiten, als er noch Fraktionsvorsitzender war“, erinnerte sie sich an die Jahre, als auch ihr im Januar 2013 verstorbener Ehemann Thomas Schäuble zu den Granden der Landespolitik zählte. „Und so habe ich ihn einfach mal angehauen, und er hat gleich zugesagt.“

Wenn Oettinger von etwas überzeugt ist, dann muss er nicht lange überlegen. Dies wurde bereits beim Besuch der Precitec GmbH & Co. KG in Bad Rotenfels deutlich. Die Precitec-Gruppe ist laut eigenem Bekunden weltweit Innovations- und Marktführer bei Entwicklung und Herstellung von Lasertechnik und optischer Messtechnik. 380 der weltweit rund 1.000 Mitarbeiter sind am Standort Gaggenau.

Im Juli 2024 will Oettinger erneut nach Gaggenau kommen

Das Unternehmen investiert derzeit 20 Millionen Euro in einen neuen Gebäudekomplex am Firmensitz. Rund 5.800 Quadratmeter sollen unter anderem Platz für die Fertigung schaffen. Im Juli 2024 soll es offiziell in Betrieb gehen. „Wenn Sie mich einladen, dann komme ich da auch“, sagte Oettinger spontan, als Thilo Wersborg das Unternehmen vorstellte. Der geschäftsführende Gesellschafter musste da nicht lange überlegen. Im Sommer wird Oettinger also erneut in Bad Rotenfels zu Gast sein.

Technologie: ein Thema, in dem sich Oettinger auskennt, das ihn packt, noch immer. Dies wurde deutlich bei jeder präzisen Frage, die er den Precitec-Leuten stellte, dies wurde deutlich in seinem Vortrag später im Museum. Seinen Parteifreunden – und damit den potenziellen Wählern, redet er ins Gewissen: „Wir müssen alles tun, um den Wohlstand zu erhalten!“ Dies werde nur mit ständiger Innovation und Wettbewerbsfähigkeit gelingen.

Der liebste Vierbeiner der Deutschen ist die Couch.
Günther Oettinger
Ehemaliger Ministerpräsident von Baden-Württemberg und ehemaliger EU-Kommissar

Aber Deutschland sei zum Abstiegskandidaten geworden: „Im digitalen Zeitalter liegen wir weit zurück“, stellt er fest. Dies sei auch eine Gefahr für die Demokratie. Denn, so Oettingers Analyse: Verbreitete Sorge vor Wohlstandsverlust und eine ungesteuerte Migration seien hier wesentliche Faktoren. „Die, die zu uns kommen, wollen zuallererst in den Sozialstaat und nicht in den Arbeitsmarkt“, gab er zu bedenken. „Wir haben Fachkräftemangel ohne Ende“, stellte er fest, um launig hinzuzufügen – „nicht nur in der Bundesregierung.“

Oettinger kennt die Wirkung flotter Sprüche, der gewollten Zuspitzung. „Der liebste Vierbeiner der Deutschen ist die Couch“, spottete er, um gleich nachzusetzen: In Deutschland müsse mehr und länger gearbeitet werden. Trotz und gerade wegen der Überalterung. Denn sonst werde „das älteste Volk der Welt“ keine gute Zukunft haben.

Die Vision vom starken Europa

Oettinger ficht nicht nur mit dem spitzen Florett, er kann auch Breitschwert: Wenn er vom „blöden Clown Trump“ spricht, der sich anschicke, „den gebrechlichen Biden“ aus dem Präsidentenamt zu fegen. Dies könne böse Folgen für Deutschland haben, denn „ohne die Amerikaner wären wir so was von verloren.“ Dies liege auch, aber nicht nur, an Russlands Präsident Wladimir Putin, „für mich der schlimmste Mensch seit Hitler.“ Gerade deshalb dürfe Deutschland nur im Einklang mit seinen europäischen Nachbarn handeln. Ein starkes Europa – dies ist eine Vision, die den einstigen EU-Kommissar Oettinger noch immer antreibt.

Seine Analyse der allgemeinen politischen Lage zeugt von tiefem Verständnis politischer Zusammenhänge und der Fähigkeit, diese publikumswirksam auf den Punkt zu bringen. Immer wieder streute er Spitzen ein. Die Politikerin Sahra Wagenknecht bezeichnete er als „national und sozialistisch – also national sozialistisch.“

Eine von vielen Ursachen weltweiter Migration verhehlte er nicht. „Der koloniale Größenwahn des 19. Jahrhunderts.“

Früher aufstehen, kürzer duschen, mehr arbeiten.
Günther Oettinger
Ehemaliger Ministerpräsident von Baden-Württemberg und ehemaliger EU-Kommissar

Eingezwängt „wie im Sandwich“ zwischen USA, Russland, China und dem aufstrebenden Indien bliebe Europa nur als starke Einheit überlebensfähig. Diese Botschaft redete er an diesem Abend nicht nur einmal seinen Zuhörern ins Gewissen. „Meine Generation lebt über ihre Verhältnisse. Wir trauen uns nicht, den Bürgern nein zu sagen“, stellte er fest. „Früher aufstehen, kürzer duschen, mehr arbeiten“ – damit müssten die Deutschen wieder zu ihrer starken Rolle in und mit Europa finden.

Apropos Europa: Nicht nur Kommunalwahlen, sondern auch Europawahlen stehen am Ende des nun begonnenen Wahlkampfs. Seinen Aufruf „Gehen Sie zur Wahl“ garnierte der ehemalige EU-Kommissar mit einer Spitze gegen seine Parteifreundin und jetzige Präsidenten der EU-Kommission: „Ich kann Ihnen Frau von der Leyen – Klammer auf – eingeschränkt – empfehlen.“

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