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„Jahrhundertaufgabe“

Achern will bis 2035 mehr als 170 Millionen Euro für Klimaschutz ausgeben

Man könnte es eine „Zeitenwende“ für Achern nennen. Denn der Gemeinderat hat ein ehrgeiziges energiepolitisches Arbeitsprogramm verabschiedet. Mit kleinen Änderungen.

Illenau Achern Baustelle Kultur- und Tagungszentrum
Obwohl die Stadtverwaltung bis 2035 ohne den Ausstoß von Treibhausgasen auskommen will, baut sie nun im Zentralgebäude der Illenau erst einmal eine Gasheizung ein. Foto: Michael Moos

Ziel ist eine klimaneutrale Stadt bis zum Jahr 2040: Der Gemeinderat hat in seiner jüngsten Sitzung einstimmig das gemeinsam mit der Stadtverwaltung erarbeitete energiepolitische Arbeitsprogramm mit kleinen Änderungen gebilligt.

Wie die BNN bereits berichtete, will die Stadtverwaltung bereits 2035 die Treibhausgase auf Null bringen. Allein für den Gebäudebestand müssen pro Jahr Ausgaben von 13 Millionen Euro veranschlagt werden.

Oberbürgermeister Klaus Muttach (CDU) sprach von einer „Zeitenwende“ und von einer „Jahrhundertaufgabe“. „Wir wollen als Stadtverwaltung ab 2023 bis 2035 in der Summe und ausgehend vom heutigen Status quo 30.000 Tonnen CO2 pro Jahr einsparen.“

25 Maßnahmen sollen in das Klimaschutzkonzept in Achern einfließen

Das energiepolitische Arbeitspapier verzeichnet in einer Prioritätenliste 25 Maßnahmen, weitere werden in das Klimaschutzkonzept einfließen, das Muttach im Spätjahr zur Debatte stellen möchte.

Mit Blick auf die nötigen finanziellen Mittel sprach der Oberbürgermeister von einem „Kraftakt“. Allein für die Komplettsanierung des städtischen Gebäudebestands, für die Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED-Technik sowie für den Aufbau weiterer Photovoltaikanlagen veranschlagt Muttach bis zum Jahr 2035 insgesamt 170 Millionen Euro.

Hinzu kommen die Kosten im Bereich der Stadtwerke. Die Stadt habe in den vergangenen Jahren bewiesen, dass sie Projekte auch in dieser Größenordnung stemmen könne, betonte der Oberbürgermeister. „Unsere Stadt ist leistungsstärker als vor Jahren“, sagte Muttach, „deshalb können wir das schaffen.“

„Sie machen uns Mut“, antwortete CDU-Fraktionschef Karl Früh. Angesichts weiterer finanzieller Belastungen der Stadt sei es umso wichtiger, ihr die nötigen Einnahmen durch die Förderung von Einzelhandel, Gewerbe und Industrie zu sichern.

ABL-Fraktionschef: Nachhaltig zu leben sei kein Trend, sondern Normalität

Als „guten Einstieg in einen kommunalen Klimaschutz mit System“ sprach Gebhard Glaser im Namen der Freien Wähler. „Wir haben eine Riesenaufgabe“, meinte er. Angesichts des im Vergleich zu Privathaushalten, Wirtschaft und Verkehr relativ niedrigen Anteils der Stadt an den klimaschädlichen Treibhausgasen sei es aber unerlässlich, die Bürger beim Klimaschutz „mitzunehmen“.

Wir wollen als Stadtverwaltung ab 2023 bis 2035 in der Summe und ausgehend vom heutigen Status quo 30.000 Tonnen CO2 pro Jahr einsparen.
Klaus Muttach, Oberbürgermeister (CDU)

Ähnlich äußerten sich auch die Vertreter von Acherner Bürger Liste (ABL), Grünen und SPD. ABL-Fraktionschef Manfred Nock: „Wir werden in der Wirtschaft und bei den Hausbesitzern viel Überzeugungsarbeit leisten müssen.“ Nachhaltig zu leben, sollte laut Nock kein „Trend“ sein, sondern „Normalität“.

Cornelia Hummel (Grüne) zeigte sich überzeugt davon, dass das Programm keine „ehrgeizigen“, sondern „absolut wichtige“ Ziele setze, die man „nachschärfen“ werde. „Wir müssen die Menschen sensibilisieren“, erklärte Alois Berger-Köppel für die SPD.

Bis auf eine Ausnahme stimmten alle Räte für die vorgesehenen Maßnahmen

Letztlich votierte der gesamte Gemeinderat bis auf eine Ausnahme für die im energiepolitischen Arbeitsprogramm vorgesehenen Maßnahmen. Die Ausnahme betrifft die Ausweisung von Fahrradstraßen im Stadtgebiet. Rainer Ganter (Freie Wähler) hatte beantragt, dieses Projekt zum Gegenstand einer gesonderten Sitzung zu machen.

Gebilligt wurden auch weitere Änderungsanträge: Auf Anregung der Grünen soll die Installierung einer Anzeigetafel für den jeweils aktuellen Stand der Kohlendioxid-Emissionen in Achern ebenso geprüft werden wie die Frage eines kommunalen Förderprogramms zum Klimaschutz in privaten Haushalten.

Auf Antrag der Freien Wähler sollen die Möglichkeiten zum Bau einer Photovoltaikanlage an der Autobahn bei Önsbach geprüft werden, ebenso die Möglichkeit einer Informationsveranstaltung zur Speicherung von CO2 im Boden.

Bürger sollen besser über Möglichkeiten zum Energie sparen aufgeklärt werden

Auf Antrag der CDU stimmte der Gemeinderat dafür, die Präsenz der Ortenauer Energieagentur in Achern zu verstärken, um die Bürger besser über die Möglichkeiten der Energieeinsparung zu informieren.

Dass man es im Rathaus ernst meint mit dem Klimaschutz, zeigte sich an diesem Abend im Bürgersaal des Rathauses ganz konkret: Die Klimaanlage blieb abgeschaltet, ebenso die Beleuchtung bis in die Zeit der Dämmerung.

Wir werden in der Wirtschaft und bei den Hausbesitzern viel Überzeugungsarbeit leisten müssen.
Manfred Nock, ABL-Fraktionschef

Welch schwierige Aufgaben auf der „Großbaustelle Klimaschutz“ alle Akteure jedoch noch erwarten, zeigte sich am gleichen Abend bereits bei der Vergabe des Auftrags zum Einbau einer neuen Heizung für das Kultur- und Tagungszentrum im Zentralgebäude der Illenau: Diese wird mit Gas betrieben.

Eine Wärmepumpe wäre, so Carmen Weber von der städtischen Hochbauverwaltung, angesichts der bereits verbauten Gebäudetechnik „total unwirtschaftlich“. Langfristig setzt sie auf eine Nahwärmeversorgung in der Illenau.

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