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Ingenieurskunst aus der Weimarer Republik

Warum das Wasserkraftwerk in Lauf besonders ist

Seit 100 Jahren betreibt die Gemeinde Lauf ihr eigenes Wasserkraftwerk. Es ist eine Pionierleistung der Ingenieurskunst.

Mann und Frau vor einer Schaltwand
An der Wand die ehemalige Steueranlage der alten Turbine, davor die Sammlung elektronischer Geräte von Willi Berdon: Der technische Betreuer des Wasserkraftwerkes Max Ernst und Bürgermeisterin Bettina Kist bereiten sich auf den Tag der offenen Tür am kommenden Samstag vor.  Foto: Martina Fuß

Es war eine Pionierleistung der Ingenieurskunst und ist heute angesichts der Energiewende moderner denn je: Seit 100 Jahren betreibt die Gemeinde Lauf ein eigenes Wasserkraftwerk, das Strom für 325 Vier-Personenhaushalte erzeugt. Dazu wurde 1923 die erste große Holz-Rohrleitung Deutschlands verlegt, die das Wasser zur 205 Meter tiefer liegenden Turbine leitete.

Holzleitung wurde durch Betonrohre ersetzt

Die 100-jährige Geschichte des hölzernen Wasserkanals wird an diesem Samstag groß gefeiert. Das Wasserkraftwerk im Ortsteil Au öffnet dafür seine Türen und gibt den Blick frei, sowohl auf die aktuelle als auch auf die historische Turbine. Zu bewundern ist dort auch ein Stück der ehemaligen 2,4 Kilometer langen Holzleitung, die vor knapp 80 Jahren durch Betonrohre ersetzt wurde. Auch das Elektronik-Museum, das vor zehn Jahren im Wasserkraftwerk Einzug hielt, wird seine vielfältige Sammlung präsentieren.

Turbine erzeugt pro Stunde 400 Kilowatt Strom

Technisch betreut wird die Wasserkraftanlage von Max Ernst. Er wird am Samstag für Fragen zur Verfügung stehen und erklären, wie das technische System die natürlichen Gegebenheiten der Umgebung für die Stromerzeugung nutzt. Schon während seines Informatikstudiums hat Max Ernst „unsere kleine Turbine“ betreut, die unter Volllast immerhin 400 Kilowatt Strom pro Stunde liefert. „Und einen nicht unerheblichen, sechsstelligen Betrag für den Haushalt der Gemeinde“, ergänzt Bürgermeisterin Bettina Kist (parteilos). Der Strom wird in das Netz der Süwag eingeleitet und entsprechend vergütet.

Die historische Pelton-Turbine, die im Krafthaus erhalten wurde und in ihrer mächtigen Erscheinung ein wenig an die Lokomotive von Jim Knopf und Lukas erinnert, konnte vor 100 Jahren bereits 300 Kilowatt erzeugen. „Physisch sind die beiden Anlagen gleich“, erklärt Max Ernst bei der Besichtigung im Vorfeld des Jubiläumsfestes. Als vor 20 Jahren ein Blitzeinschlag den Generator beschädigte, wurde eine neue Anlage gekauft, die um 25 Prozent effektiver läuft. Nachdem im vergangenen Jahr eine elektronische Steuerung eingebaut wurde und auch die Messanlagen am Stausee automatisiert sind, kann das System mittlerweile per Mobil-Telefon gesteuert werden.

Stausee hat wichtige Funktionen

Neben Leitung und Turbine ist der Stausee bei der Glashütte der dritte Teil des Wasserkraftwerkes. Zum einen ist der See Löschwasserdepot im Falle eines Waldbrandes, zum anderen dient er als Speicher bei Hochwasser und letztlich liefert er das Wasser für das Kraftwerk. „Unter Volllast fließen 200 Liter pro Sekunde durch die Leitung, um die Turbine anzutreiben“, so Max Ernst.

Einblicke in Elektronikmuseum

Das Elektronikmuseum von Willi Berdon ist im Krafthaus untergebracht. Rund um die Turbinen findet sich eine Vielzahl alter, elektronischer Geräte: Motoren, Zähler, Werkzeuge und eine Sammlung kleiner Elektrobauteile. Eine Etage darüber, in der ehemaligen Betriebswohnung des „Stauwärters“ mit Balkonblick auf die Turbine, gibt es Radios, ein Längenmessgerät für Freileitungsbau, eine Hochspannzange aus den 1950er Jahren und die kleine Umspannstation, mit der einst der per Wasserkraft erzeugte Strom ins Netz eingespeist wurde. Das Museum enthält eine beeindruckende Sammlung technischer Zeitzeugen, die in einem nicht minder historisch bedeutsamen Umfeld gezeigt werden.

Lauf feiert 100 Jahre Wasserkraftwerk

Die 100-Jahr-Feier der Holzrohrleitung findet innerhalb des „Angelfestes“ statt. Auf dem idyllisch gelegenen Grundstück des Kraftwerks im Ortsteil Au gibt es einen hübsch angelegten Platz mit vielen Spielmöglichkeiten, ein Wassertretbecken und ein Barfuß-Pfad. Allerdings werden beim Angelfest weder im Laufbach noch im Wasserbecken Fische geangelt, sondern Quietsche-Enten. Spiel und Spaß für Kinder ist angesagt, wenn unter dem Motto „Hol’ Dir Deine Ente!“ Familie Stange/Schwab mit Unterstützung des VDK Ortsverband zwischen 13 und 17 Uhr zum Fest einladen.

Bisher ist der Energiepfad ein Stichweg. Ein Bürgerarbeitskreis erarbeitet derzeit einen Rundweg.
Bettina Kist
Laufer Bürgermeisterin

Direkt neben dem Wasserkraftwerk startet der 6,7 Kilometer lange Energiepfad. Der Weg führt vorbei an der eisernen Brücke und einem Stück alter Rohrleitung bis hin zum Stausee, wo Sitzbänke und ein Wasserspielplatz zur Pause einladen. Entlang des Pfades gibt es viele Informationen zur Nutzung von Wasserkraft und anderen alternativen Energien. „Bisher ist der Energiepfad ein Stichweg. Ein Bürgerarbeitskreis erarbeitet derzeit einen Rundweg“, freut sich Bürgermeisterin Kist und kündigt ein weiteres Fest an. „Dieses Jahr feiern wir 100 Jahre Holzrohrleitung, nächstes Jahr 100 Jahre Krafthaus. 1924 wurde es offiziell in Betrieb genommen.“

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