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Verein braucht einen neuen Motor

Krebsforscherin aus Freiburg: „Ohne den Förderverein ist die Versorgung schwer und chronisch kranker Kinder nicht mehr denkbar“

Bernd und Inge Rendler aus Oberkirch beenden aus Altersgründen nach 38 Jahren ihr Engagement im Förderverein für krebskranke Kinder Freiburg. Wie geht es weiter mit dem Verein, der die Krebsforschung fördert, betroffene Familien unterstützt und in Freiburg ein Elternhaus betreibt?

Zwei Frauen und zwei Männer auf einer Bank im Freien
Die Arbeit zum Wohl krebskranker Kinder und ihrer Familien ist für Hans-Peter Vollet, Inge Rendler, Krebforscherin Charlotte Niemeyer und Bernd Rendler (von links) vom Förderverein für krebskranke Kinder Freiburg Lebensaufgabe und Herzensanliegen. Foto: Michaela Gabriel

Bernd Rendler aus Oberkirch war 38 Jahre lang Gesicht und Motor des Fördervereins für krebskranke Kinder Freiburg. Mit einem Eintrag ins goldene Buch der Stadt Freiburg wurden er und seine Frau Inge Rendler zum Abschied geehrt.

Sie haben aus Altersgründen ihre ehrenamtlichen Vorstandstätigkeiten abgegeben. Jetzt sind andere gefordert, die erfolgreiche und unverzichtbare Arbeit fortzuführen. Dabei wird Hans-Peter Vollet aus Achern eine besondere Rolle spielen.

Der inzwischen 80-jährige Bernd Rendler hat noch einen Schlüssel für das Büro des Fördervereins in der Oberkircher Innenstadt. Dank ihm kommen die meisten der gleichberechtigten Vorstände des Freiburger Vereins aus Oberkirch und Umgebung. „Früher habe ich alle Spendenbescheinigungen selbst getippt“, erzählt er: „Mit Kohlepapier und Durchschlag.“ Kürzlich noch habe er jeden Danke-Brief selbst unterschrieben: „Das waren jedes Jahr ungefähr 18.000 Unterschriften.“

Er fuhr seit 1985 so oft zur Uniklinik nach Freiburg, dass er sein Auto genauso gut 16 Mal um den Erdball hätte steuern können. Seine Frau Inge engagierte sich dort speziell für die Familien, die durch die Krankheit ihres Kindes in finanzielle Not kamen.

Verein hat mit Spendengeldern einen Neubau mit 114 Betten errichtet

Knapp 10.000 Spenden pro Jahr, viele davon von Schulklassen oder Vereinen aus der Ortenau, gehen bei dem Verein ein, der ein Elternhaus mit Kindergarten und Sozialbetreuung neben der Freiburger Kinderklinik unterhält und 33 Mitarbeiter beschäftigt. Gerade stellte er einen Neubau, ein Elternhaus mit 114 Betten fertig, der 14,5 Millionen Euro kostete und komplett aus Spenden finanziert wurde. Jeden Monat sind allein 70.000 Euro an Spenden nötig, um alle Angebote am Laufen zu halten.

Und der Verein tut noch mehr: Er unterstützt die Krebsforschung der preisgekrönten Medizinerin und ehemaligen ärztlichen Direktorin Charlotte Niemeyer, finanziert 15 Personalstellen am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin in Freiburg mit und schafft medizinische Geräte an. 

„Ohne den Förderverein ist die Versorgung schwer und chronisch kranker Kinder nicht mehr denkbar“, sagt die erfolgreiche Krebsforscherin. Das Elternhaus sei für die betroffenen Familien ein zweites Zuhause während der Zeit der Behandlung. Der Förderverein sei Vorreiter bei der psychosozialen Versorgung der Patienten. Viele der von ihm initiierten und finanzierten Maßnahmen seien jetzt Teil der Regelversorgung. Bernd und Inge Rendler seien für diese Arbeit Motor und Herz gewesen.

Engagement begann in den 1980er Jahren mit der Erkrankung ihrer jüngsten Tochter

Angefangen hat alles mit der Leukämie-Erkrankung ihrer jüngsten Tochter, erzählt das Oberkircher Ehepaar. Inge Rendler musste auf dem Boden neben ihrem Kind schlafen und aufstehen, wenn medizinisches Personal hereinkam, weil der Platz nicht reichte.

Von den unhaltbaren Zuständen in den 1980er Jahren berichteten die Rendlers in Oberkirch Freunden und Bekannten aus der Politik und der Medienbranche. Ihre Tochter wurde gesund und ihr Engagement begann. „Inge und Bernd hatten die Kraft, für alle kranken Kinder zu kämpfen“, sagte der Oberkircher Fernsehproduzent und Vorstandskollege Werner Kimmig bei ihrer Verabschiedung. 

Prominente Fürsprecher seien wichtig, weiß Bernd Rendler und nennt Carmen Nebel, Christina Obergföll und Johannes Vetter. Lohn der ehrenamtlichen Arbeit sei, dass immer mehr Kinder geheilt werden können. In Freiburg würden auch schwerstkranke Kinder aus dem Raum Karlsruhe und aus dem Ausland behandelt. 415.000 Übernachtungen von Eltern und Geschwistern in der Nähe des kranken Kindes ermöglichte der Verein seit 1995.

Auch mehrere Familien aus der Ukraine mit kranken Kindern werden betreut

Seit 2022 verstärkte er sein Engagement noch: „Wir bringen jetzt durchschnittlich sechs bis sieben Familien aus der Ukraine unter. Die Mütter standen mit ihrem kranken Kind und einem Koffer plötzlich vor der Tür“, so Bernd Rendler. Man nehme sie auf, wenn die Klinik behandeln könne. Dafür habe der Verein zusätzliche Apartments und Zimmer angemietet.

Es sei richtig und wichtig, dass dieser Förderverein Spenden in Millionenhöhe bekomme, erklärt er mit Bestimmtheit: „Die anderen müssen froh sein, dass wir so aktiv sind, weil sie mit profitieren. Die Forschung, die wir unterstützen, ist Grundlagenforschung. In dem MRT, das wir finanziert haben, liegen viele schwer kranke Kinder, nicht nur onkologische Fälle.“

Hans-Peter Vollet aus Achern und seine Frau waren bei den ersten Eltern, die 1995 das vom Verein gebaute erste Elternhaus nutzten. „Das war ein Segen und sehr wichtig“, erinnert er sich. Auch seine Tochter wurde wieder gesund. Als Schriftführer und Kassierer des Fördervereins engagiert er sich seit 2005 ehrenamtlich und geht 2024 als Fachbereichsleiter bei der Acherner Stadtverwaltung in den Ruhestand. „Ich habe bald freie Kapazitäten und werde noch mehr in Freiburg sein als bisher“, kündigt er an.

Es liege am ehrenamtlichen Vorstand, die Aufgabe rührig fortzuführen, so Bernd Rendler. Dazu gehöre unbedingt der Kontakt zu den Spendern und das Wahrnehmen von Terminen bei Spendenaktionen und Spendenübergaben. Der 80-Jährige bekommt jetzt keine 60 bis 70 E-Mails mehr pro Tag. Aber auf der Straße in Oberkirch wird er weiterhin angesprochen: „Sie sind doch … ich will etwas spenden!“

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