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200 Jahre Schülerverbindung

Markomannia-Chef aus Rastatt: Auch die Generation Z sucht Gemeinschaft

Die Pennälerverbindung Markomannia Rastatt feiert noch bis zum Wochenende ihr 200. Stiftungsfest. Interessiert sich die Jugend überhaupt noch für eine Schülerverbindung? Und wie ist das mit den angeblichen Trinkgelagen?

Historische Aufnahme von Männern in einer Gruppe.
Seit 200 Jahren formieren sich die Rastatter Markomannen. Hier eine Aufnahme aus dem Jahr 1914. Foto: Stadtarchiv Rastatt

Wer und was steckt hinter der Rastatter Schülerverbindung Markomannia mit ihren 214 Mitgliedern? Der Vorsitzende Alexander Juschus gibt Antworten.

Herr Juschus, was hat Sie zur Markommania geführt?
Alexander Juschus
Mit 18 Jahren und bereits in der zwölften Klasse war ich ein echter Spätstarter. Tatsächlich hatte ich mich selber eingeladen. Ein guter Klassenkamerad erzählte immer wieder, wie lebendig es bei der Verbindung zugeht. Dies machte mich einfach neugierig. Bis heute bin ich froh, diesen Schritt getan zu haben. Das übliche Eintrittsalter liegt aber eher bei 16 Jahren.
200 Jahre Markommania: Wie muss man diese Tradition einordnen?
200 Jahre sind schon ein Brett. In unserer Satzung berufen wir uns auf die Französische Revolution und die deutsche Freiheitsbewegung zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Auch bei der Badischen Revolution 1848/49 haben einige unserer Mitglieder mitgewirkt. Mit 200 ist die Markomannia auch die älteste Schülerverbindung weltweit. Für uns sind der Freiheitsgedanke, die Bundesbrüderlichkeit – bei allen persönlichen oder politischen Differenzen – und die gegenseitige Hilfe konstitutiv.
Ein Mann
Alexander Juschus ist der Vorsitzende der Markommania Rastatt. Foto: Privat

So gut wie keine Austritte

Ist die Generation Z überhaupt noch für eine Pennälerverbindung zu gewinnen?
Tatsächlich, ja. Ich denke, dass hier die Beständigkeit und unsere Werte ein Geheimnis sind. Junge Menschen suchen heute mehr denn je die Gemeinschaft. Und wir halten es nicht für die schlechteste Idee, diese in einer Schülerverbindung zu finden. Jugendliche lernen bei uns nicht nur das Feiern, sondern vor allem, ein gemeinschaftliches Ziel zu verfolgen, Verantwortung in einer Gemeinschaft zu übernehmen und auch, sich in Gesellschaft zu benehmen. Auch wenn das noch nicht immer klappt. Ein Erfolg dessen ist, dass wir so gut wie keine Austritte haben. 90 Prozent unserer Mitglieder bleiben der Markomannia bis an ihr Lebensende verbunden. In dieser komfortablen Lage sind die wenigsten Vereine oder Organisationen.
Kritiker werfen Verbindungen vor, ungesunde Traditionen wie übermäßigen Alkoholkonsum zu pflegen und wie ein Geheimbund zu agieren. Wie kritisch ist die Markommania zu sehen?
Nun ja – ein Geheimbund würde der Presse sicherlich kein Interview geben und deren Vertreter zu ihrem Kommers einladen. Tatsächlich ist es aber auch so, dass die Schulen erst ab 1923 Verbindungen akzeptierten. Daher waren die frühen Grünen tatsächlich recht konspirativ unterwegs. Das klappte nicht immer: Der Karzer im LWG war unter unseren altvorderen Bundesbrüdern im 19. Jahrhundert eine bekannte Lokalität, da der Pedell des Öfteren die Rastatter Wirtshäuser kontrollierte. Bis 1923 kann man das Argument der Geheimbündelei also tatsächlich stehen lassen.
Und der Alkohol?
Ja, Verbindungen und Alkoholkonsum. Es ist heute ein verbreitetes Vorurteil, dass dies unmittelbar zusammenhängt. Tatsächlich ist es aber so, dass auf unseren Treffen auch nicht mehr oder weniger getrunken wird als bei anderen Vereinen, auf Partys, in Diskos oder Fußballstadien – nur, dass es bei uns geregelter zugeht. Wer sich nicht benimmt, muss die Konsequenzen tragen. Wir haben namhafte 1848er Revolutionäre, Bischöfe, Minister, Abgeordnete, Staatssekretäre und Wissenschaftler hervorgebracht, wir stehen in der Mitte der Gesellschaft. Die Markomannia bezieht gemäß ihrer Satzung nach außen politisch keine Stellung, bekennt sich aber uneingeschränkt zur Demokratie. Für konstruktive Kritik und Diskussionen sind wir offen. Rechtfertigen müssen und wollen wir uns aber nicht.
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