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Rücklagen bald aufgebraucht

Zunächst mehr Geld für Rentner – ab 2025 wohl steigende Beiträge und Bundeszuschuss

Gute Nachrichten für alle Rentnerinnen und Rentner: Im kommenden Jahr und 2023 steigen die Renten noch einmal kräftig. Doch danach kommen Nullrunden. Und auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer kommen höhere Beiträge zu.

Ein älteres Paar sitzt auf einer Bank am Max-Eyth-See.
Im nächsten und übernächsten Jahr können sich Rentner auf deutliche Erhöhungen ihrer Altersbezüge freuen. Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Auf die gesetzliche Rente, die nach der großen Rentenreform des Jahres 1957 unter CDU-Bundeskanzler Konrad Adenauer im kommenden Jahr 65 Jahre alt wird, lässt Gundula Roßbach nichts kommen. Schon von Berufs wegen, schließlich steht sie als Präsidenten an der Spitze der Deutschen Rentenversicherung Bund.

Aber auch aus Überzeugung. Reif für die Rente sei die Rente noch lange nicht, im Gegenteil, sagt sie am Mittwoch in Berlin: „Die Rentenversicherung war in diesen Jahrzehnten stets ein Anker der Stabilität.“

Gerade das oft kritisierte Umlageverfahren – mit den Beiträgen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer werden die laufenden Altersbezüge der Rentnerinnen und Rentner bezahlt – sei die Basis dafür, „dass die Anpassung der Rentenversicherung an die Bedingungen einer sich immer rascher verändernden Welt möglich war“.

Der Blick zurück und die Erfahrungen der letzten Jahre würden zudem belegen, „dass die Leistungen aus kapitalgedeckten Systemen nicht notwendigerweise immer höher ausfallen müssen als die der umlagefinanzierten Rentenversicherung“.

Altersbezüge für Rentner können 2022 und 2023 noch einmal steigen können

Zu den laufenden Koalitionsverhandlungen, in denen SPD, Grüne und FDP auch über die Einführung eines Aktienfonds nachdenken, in den ein Teil der Rentenbeiträge fließen soll, will Roßbach nicht konkret Stellung beziehen.

Gleichwohl macht sie deutlich, dass die Auswirkungen des demografischen Wandels und Veränderungen in der Arbeitswelt auch „Anpassungen“ nötig machten und über „Modifikationen im Hinblick auf die Finanzierungsverfahren in der Alterssicherung“ diskutiert werde.

Schließlich habe schon die rot-grüne Bundesregierung unter Gerhard Schröder (SPD) 2001 mit der Riester-Rente eine kapitalgedeckte Zusatzvorsorge als Teil der Sicherung des Lebensstandards im Alter eingeführt.

Deutlicher wird Anja Piel, als stellvertretende Bundesvorsitzende des DGB alternierende Vorsitzende des Bundesvorstands der Deutschen Rentenversicherung. Sie bestätigt die am Vortag bekanntgewordenen Berichte, wonach die Altersbezüge für die rund 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner nach der Nullrunde in diesem Jahr um 5,2 Prozent im Westen und 5,9 Prozent im Osten im kommenden Jahr und 2023 noch einmal um knapp fünf Prozent steigen können.

Trotz der Corona-Pandemie mit „dramatischen Rekordzahlen bei der Kurzarbeit, sinkender beitragspflichtiger Beschäftigung und steigender Arbeitslosigkeit“ werde es einen Anstieg der Beitragseinnahmen von geschätzt 3,5 Prozent in diesem und jeweils 3,2 Prozent 2022 und 2023 geben.

Rücklagen sind bis 2025 aufgebraucht

Ab der Mitte des Jahrzehnts allerdings dürfte es nach den Worten von Piel damit vorbei sein. Dann müssen sich die Rentnerinnen und Rentner wieder auf Nullrunden einstellen. Mehr noch: Schließt die Rentenversicherung das laufende Jahr voraussichtlich mit einem Defizit von rund 500 Millionen ab, wird sich der Fehlbetrag in der Rentenkasse „deutlich erhöhen“.

Dies könne zunächst noch durch die Rücklagen aufgefangen werden, die sich derzeit auf rund 37,2 Milliarden Euro belaufen, das sind 1,55 Monatsausgaben. Aber schon nach 2025 könnte dieser Wert auf die gesetzlich vorgeschriebene Untergrenze von 0,2 Monatsausgaben abgeschmolzen sein.

„Diese ausgesprochen niedrige Rücklage kann in einzelnen Monaten, vor allem im Herbst eines Jahres, zu Liquiditätsproblemen führen“, warnt Piel. Die Rentenversicherung fordere daher die neue Bundesregierung auf, den Wert von 0,2 Monatsausgaben deutlich anzuheben – „am besten kombiniert mit einem anderen Zahlungsrhythmus der Bundesmittel“.

Rentenniveau könnte auf 45 Prozent sinken

Die demografische Entwicklung wird auch Folgen für den Beitragssatz und das Rentenniveau haben. Da bis Mitte des kommenden Jahrzehnts die geburtenstarken Jahrgänge aus dem aktiven Erwerbsleben ausscheiden, wird nach den Worten Piels die Zahl der beitragspflichtigen Beschäftigten bis 2035 um etwa neun Prozent abnehmen.

Der derzeitige Beitragssatz von 18,6 Prozent, den sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer teilen, werde nur noch bis 2023 stabil bleiben und bis 2025 auf 19,7 Prozent steigen, so Piel. Und das Rentenniveau, das sich derzeit auf knapp über 49 Prozent des Durchschnittseinkommens beläuft, könnte nach 2028 unter die von der Großen Koalition beschlossene Haltelinie von 48 Prozent sinken.

Langfristig sei bis 2045 sogar ein Wert von 45 Prozent möglich. Dies könne nur ausgeglichen werden, wenn entweder die Beitragssätze um weitere 1,5 Punkte steigen oder die Bundesmittel entsprechend erhöht werden.

Vorsitzende nimmt den Bund in die Pflicht

Mit konkreten Forderungen an die künftigen Ampelkoalitionäre hält sich Piel, selber viele Jahre sowohl Partei- als auch Fraktionsvorsitzende der Grünen in Niedersachsen, zurück. Gleichwohl nimmt sie mit deutlichen Worten den Bund in die Pflicht, auf das Verhältnis von Beitrags- zu Steuerfinanzierung in der gesetzlichen Rentenversicherung zu achten.

„Für die Zukunft drängen wir darauf, dass der Bund seine Finanzierungsverantwortung für alle Aufgaben, die der Rentenversicherung aus übergeordneten verteilungs-, familien- oder arbeitsmarktpolitischen Motiven übertragen wurden, gerecht wird.“ Heißt konkret: Die Rentenversicherung will mehr Geld vom Bund.

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