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Bodø Stadtansicht per Drohne

Europäische Kulturhauptstadt 2024

Bodø in Norwegen wandelt sich von kalt zu cool

Bodø in Norwegen ist die erste Europäische Kulturhauptstadt nördlich des Polarkreises. Wie sich die Stadt verändert und was Bodø für Reisende attraktiv macht.
5 Minuten
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Die Sonne ist zurück. Im Januar schafft sie es wieder über die Bergkette südlich von Bodø und scheint jeden Tag länger – bis sie von Anfang Juni bis Anfang Juli gar nicht untergeht.

Strahlkraft will Bodø, die nach Tromsø zweitgrößte Stadt Nordnorwegens mit rund 55.000 Einwohnern, 2024 aber auch auf andere Art entwickeln: Als erste Kommune nördlich des Polarkreises trägt sie den Titel „Europäische Kulturhauptstadt“. Die mehr als 1.000 Veranstaltungen in der gesamten Region Nordland sollen etwa eine halbe Million Menschen anlocken.

„Bodø 2024 ist das größte Kulturprojekt in Norwegen seit über zehn Jahren und das größte in Nordnorwegen überhaupt“, stellen die Veranstalter heraus. „Eines unserer strategischen Ziele ist es, das Image von Bodø zu verändern, die Stadt attraktiver zu machen, um dort zu leben, sie zu besuchen und vielleicht sogar dorthin zu ziehen“, sagt Marie Peyre, Pressesprecherin im Organisationsteam von Bodø 2024, dieser Redaktion.

„Wir wollen eine Stadt, die früher für ihren Militärflughafen bekannt war, in eine Stadt verwandeln, die für ihre lebendige Kultur bekannt ist“. Das Motto: von kalt zu cool.

Eines unserer strategischen Ziele ist es, das Image von Bodø zu verändern.
Marie Peyre
Pressesprecherin

Gäste der Postschiffe haben in Bodø zweieinhalb Stunden Aufenthalt

In der Tat scheint die arktische Küstenstadt, von der Schiffe und Flugzeuge Richtung Lofoten starten, auf den ersten Blick nicht besonders attraktiv. Von deutschen Bombern im Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstört, dominieren heute viele zweckmäßige Betonbauten.

„Die Innenstadt lohnt den Besuch nur, wenn man Besorgungen zu erledigen hat“, heißt es noch in einem 2012 erschienenen Reiseführer für Hurtigruten-Gäste. Die haben auf der klassischen Postschiff-Route in Bodø tagsüber zweieinhalb Stunden Aufenthalt.

Die Street-Art ist sehenswert

Einen Spaziergang lohnen aber schon die gigantischen Wandgemälde – Street-Art internationaler Künstler, die 2016 beim UpNorth-Festival entstand. Das Nordlicht, das im Herbst und Winter verlässlich über Bodø tanzt, ist ebenso in den sogenannten Murals verewigt wie der Seeadler, der oft schon vom Kai aus zu entdecken ist. Die dichteste Population weltweit hat Bodø den Titel „Seeadler-Hauptstadt“ beschert.

Street-Art Bodø
Das Nordlicht tanzt über dem Werk „After School“ von Rustam QBic.  Foto: Susanne Jock

Ebenfalls eine Sehenswürdigkeit ist der wichtigste Veranstaltungsort im Kulturjahr: Das 2014 eröffnete und mehrfach preisgekrönte Kulturzentrum „Stormen“. Das Konzerthaus hat eine grandiose Akustik, die dem Arktischen Philharmonischen Orchester ebenso gerecht wird wie Opernstars, Jazz-, Pop- und Rockgrößen.

Im Kulturzentrum „Stormen“ ist das Wohnzimmer der Stadt

Die benachbarte Bibliothek ist bewusst offen gestaltet – mit Fenstern über mehrere Stockwerke zum Wasser, mit Räumen, die viele Gruppen bespielen dürfen und als Ort, an dem man auch einfach nur bei einem Kaffee die Aussicht auf den Westfjord genießen kann. Die Bibliothek hat sich schnell zum „Wohnzimmer der Stadt“ entwickelt.

Als Ergebnis der Vorbereitungen für 2024 sind wir wirklich Teil eines europäischen Kollektivs.
Marie Peyre
Pressesprecherin

Und ist sichtbares Zeichen, dass der Titel Europäische Kulturhauptstadt Bodø bereits verändert hat. Neben dem Kulturzentrum sind auch eine Mehrzweckbühne im alten Stadtbad, von Künstlern initiierte Kunstprojekte und -räume entstanden – und in der Folge der zusätzlichen Aktivität eine neue Restaurant- und Geschäftsszene, schildert Marie Peyre. Bei den Einheimischen beobachtet sie neues Selbstbewusstsein.

„Zum ersten Mal haben wir mehrere paneuropäische, multilaterale Kunst- und Kulturprojekte am Laufen“, sagt sie. „Vor ein paar Jahren haben sich die Leute nicht einmal beworben. Jetzt, als Ergebnis der Vorbereitungen für 2024, sind wir wirklich Teil eines europäischen Kollektivs.“

Bibliothek im Kulturzentrum „Stormen“
Zum Wohnzimmer der Stadt hat sich die Bibliothek im Kulturzentrum Stormen entwickelt. Foto: Ernst Furuhatt/Visit Bodø

Kurz vor der Eröffnung fegte ein Orkan über die „Windy City“

„Sturm“ bedeutet der Name des Kulturzentrums, und der ist in Bodø durchaus Programm. In „Windy City“, weiterer Beiname Bodøs, bläst es häufig.

Auch die Feier zur Eröffnung der Europäischen Kulturhauptstadt am vergangenen Samstag drohte dem Sturm zum Opfer zu fallen. Orkan „Ingunn“ hatte kurz zuvor gewaltige Schäden verursacht und das öffentliche Leben weitgehend lahmgelegt. Für André Wallann Larsen, Direktor von Bodø 2024, ein Wechselbad der Gefühle.

Eröffnungszeremonie Bodø 2024 am Stadthafen mit Menschenmassen und Lichtshow
Erst kam der Sturm, dann strömten die Massen: Die Eröffnung der Kulturhauptstadt Bodø 2024 lockte nach Angaben der Veranstalter 20.000 Besucher. Foto: David Engmo/Bodø2024

„Ich bin heute der glücklichste Mann in Norwegen“, bekannte er, als die Zeremonie – mit dem typischen samischen Joik, Orchestermusik, Tanz, Gesang, Theater, Lichteffekten und Feuerwerk – dann tatsächlich fast ohne Wind und vor 20.000 Besuchern über die Bühne gegangen war.

Die schwimmende Bühne hat den Ohrstein des Kabeljaus zum Vorbild

Die ist im Stadthafen vor dem Kulturzentrum im Wasser verankert und in ihrer bizarren Form dem „Otolith“, dem Ohrstein des Kabeljaus nachempfunden. An ihm kann man ablesen, wie alt der Fisch ist und wo er sich aufgehalten hat – in welcher Umwelt und bei welchem Klima.

Bühne im Hafen von Bodø 2024 während der Eröffnung
Dem Ohrstein des Kabelkaus ist die Bühne im Hafen nachempfunden, auf der die Kulturhauptstadt Bodø 2024 nun eröffnet wurde. Foto: Martin Losvik/Bodø2024

Symbolisiert wird damit, was man in Bodø als Kulturhauptstadt transportieren will: Zu zeigen, wer man ist und wo man hin möchte.

Ich bin heute der glücklichste Mann in Norwegen.
André Wallann Larsen
Direktor von Bodø 2024

An den Besonderheiten des Lebens jenseits des Polarkreises orientiert sich das Programm, in dem die Mythen und Traditionen der Samen ebenso eine Rolle spielen wie beispielsweise ein Skilanglauf-Event oder die Bräuche zur Sommersonnwende. Die Verbindung der Menschen zur spektakulären Naturlandschaft um sie herum ist der rote Faden, der sich durch das gesamte Programm zieht.

Die üppige Natur in der Umgebung ist ein weiteres Pfund Bodøs

Die üppige Natur ist es auch, die die Region jenseits von Festivals und Konzerten, Kunst und Events attraktiv macht. Fürs Wandern in Naturschutzgebieten, Paddeln in der Mitternachtssonne oder eine Seeadler-Beobachtung sollte man Zeit reservieren.

Seeadler
Für die Seeadler-Beobachtung sollte man Zeit reservieren. Foto: Susanne Jock

Ein Abstecher zum Saltstraumen ist ein Muss.

Saltstraumen
Der Saltstraumen ist der weltweit stärkte Gezeitenstrom. Foto: Susanne Jock

Der weltweit stärkste Gezeitenstrom rauscht durch die 150 Meter breite Passage zwischen Saltenfjord und Skjerstadfjord, transportiert alle sechs Stunden 400 Millionen Kubikmeter Wasser hin und her und lässt es in riesigen Strudeln rotieren. Die Schärenwelt vor Bodø lädt zum Inselhüpfen ein, und ein Tagesausflug zum Svartisen-Gletscher, dessen Zunge fast bis hinunter auf Meeresniveau reicht, ist ebenfalls ein grandioses Erlebnis.

Svartisen-Gletscher
Der Svartisen-Gletscher lohnt einen Tagesausflug. Foto: Visit Bodø

Der alte Handelsposten Kjerringøy liegt 40 Kilometer nördlich von Bodø. Zur Fahrt entlang der Küste kommt eine zehnminütige Passage per Fähre.

Der Handelsplatz mit authentischen Wohn- und Wirtschaftsräumen sowie einem Gemischtwarenladen aus dem 19. Jahrhundert nimmt Besucher nicht nur mit in die Vergangenheit Nordnorwegens: Auch er ist eine atemberaubende Landschaft eingebettet. Norwegens Literatur-Nobelpreisträger Knut Hamsun (1859–1952) ließ sich hier inspirieren.

Gemischtwarenladen
Der alte Handelsposten Kjerringøy liegt 40 Kilometer nördlich von Bodø. Besichtigen kann man auch einen Gemischtwarenladen aus dem 19. Jahrhundert. Foto: Susanne Jock

Wer mehr erfahren möchte, ist im Hamsun-Zentrum auf Hamarøy richtig. Weiterhin legt Marie Peyre Besuchern das Vega-Archipel mit dem 2019 eröffneten Unesco-Weltkulturerbe-Besucherzentrum ans Herz. Und freut sich, wenn viele Gäste sich auf das neue Bodø einlassen.

Mit der Verlegung des Flughafens werden in Bodø neue Projekte möglich

Die aufregendste Stadt Norwegens ist Bodø gerade, da sind sich die Verantwortlichen der Kulturhauptstadt sicher. Und weiteren Schub wird die Stadt in der Arktis erhalten, wenn in den nächsten Jahren der Flughafen 600 Meter ins Meer hinaus verlegt wird, weil dann Flächen für neue Projekte frei werden.

Service

Infos zum Programm der Kulturhauptstadt Bodø gibt es unter www.bodo2024.no

Infos zu den sonstigen Attraktionen findet man unter www.visitnorway.de sowie unter www.visitbodo.com

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