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Voodoo-Ausstellung in Straßburg

Mit böser Magie hat der ursprüngliche Kult nichts zu tun

Das Straßburger Château Musée Vodou beherbergt weltweit die größte Sammlung von Artefakten der Vodou-Kulte Westafrikas. Zehn Jahre nach seiner Eröffnung in einem Wasserturm aus dem 19. Jahrhundert zeigt eine Sonderausstellung ausgewählte Stücke.

Nahaufnahme einer Vodou-Figur
Die Detail-Aufnahme des Vodous Gou zeigt die zahlreichen Verzierungen der Figur. Foto: Bärbel Nückles

Sie sind komplex, oft verkrustet, wirken machtvoll, mitunter gruselig mit verblüffenden Gesichtern, sind mal winzig und mit allerlei Materialien, mit Muscheln, Keramik, Perlen, Knochen, Farbpigmenten, Botschaften in Zetteln und kleinen Schlössern behängt. So blicken wir auf die Artefakte, die im Straßburger Musée Vodou zu sehen sind.

Ein Wort, das viele Bilder auslösen kann

Vodou, Voodoo, Wodu oder Wudu: Schreibweisen und Vorstellungen von der ursprünglich aus Westafrika stammenden Religion, sind so vielfältig wie die Klischees und Bilder, die das Stichwort in unseren Köpfen auslöst.

„Mit dem in Filmen gerne zitierten Motiv von der mit Nadeln gespickten Stoffpuppe, die böse Magie über einen Menschen bringen soll“, sagt Adeline Beck, die Leiterin des Museums, „hat der ursprüngliche Kult nichts zu tun“. Weshalb das Museum sich die Wissensvermittlung über die Herkunftskulturen des Vodou (um die Schreibung des Museums aufzugreifen), über Kontext und Funktion der Artefakte zum Ziel gesetzt hat.

Wissensvermittlung über den Kult ist ein wesentliches Ziel

Gegründet hat das Museum und den es verwaltenden Verein Marc Arbogast, der über eine längere Strecke seines Berufslebens Generaldirektor einer großen Straßburger Brauerei war. Ab seinem 20. Lebensjahr bereiste der heute 82-Jährige Afrika, entdeckte die sakrale Kunst des Vodou und begann, fasziniert von deren magischer Dimension, mit seiner inzwischen verstorbenen Ehefrau Marie Luce Artefakte aus Benin, Togo, Nigeria und Ghana zu erwerben.

Zum Zeitpunkt der Museumsöffnung hatte das Paar etwa 1.200 Stücke, überwiegend aus dem 20. Jahrhundert zusammengetragen. Inzwischen ist die Sammlung auf mehr als 1.500 Skulpturen, Statuetten und andere Objekte auch jüngeren Datums angewachsen. Ein Kondensat der Sammlung präsentiert eine Sonderausstellung zum Jubiläum gerade im Erdgeschoss des Wasserturms, in dem das Museum zu Hause ist. Ab Ende 19. Jahrhundert bevorrateten hier riesige Tanks Wasser für Dampflokomotiven – der Hauptbahnhof war und ist nur wenige Schritte entfernt.

Zusammenarbeit mit Herkunftsländern der Exponate

Das Museum, das nicht vorgibt, Schloss (Château) zu sein, sondern in seinem Namen auf das französische Normalwort für Wasserturm (Château d’eau) verweist, hat sich gegen anfängliche Skepsis neben den städtischen, also öffentlich finanzierten Museen etabliert und dank seiner Expertise eine Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern der Ausstellungsstücke wie mit anderen Museen, auch französischen, aufgebaut.

Als magische Artefakte haben die Exponate ausgedient. Gleichwohl geht von ihnen in der effektvollen wie zurückhaltenden Präsentation eine unmittelbare Faszination aus. Da braucht es nicht den Gedanken an die aus dem haitianischen Voodoo stammende Zauberpuppe.

Der Blick des Gou scheint nach innen gerichtet

Man nehme die Darstellung des Gou, dem ursprünglichen Eisen-Vodou, der mit seinen Schichten aus auf die Schnelle nicht identifizierbaren Zutaten in stummer Konzentration verharrt. Der Blick scheint nach innen gerichtet, übersät von Details, Schnur, Papier, Perlen, Samen, rotes Pigment, Opfermaterial. „Seine Verbindung mit dem Metall wird auf die heutige Welt übertragen“, sagt Adeline Beck, so dass seine Wirkung auf die verschiedenen Verkehrsmittel abzielen kann, die Metall enthalten. Diese pragmatische Sicht der Religion macht ihn zu einem zeitgenössischen Gott des Autos oder des Fahrrads.

Er dient wie auch die anderen Figuren als Bindeglied zwischen der sichtbaren Welt und der unsichtbaren Welt der Ahnen. Ein Vodou wird angefertigt, um in einem ganz bestimmten Lebenskontext zu helfen, ihn zu meistern, ihn zu beeinflussen, um beispielsweise für eine gute Ernte zu sorgen oder dafür, dass eine Schwangerschaft komplikationslos verläuft.

Der aktive Vodou wird mit Gin bespuckt

Das Vodou-Objekt bündelt dann die benötigte Kraft. Aus welchen Zutaten ein solcher individuell angefertigter Vodou zu bestehen habe, oder an welche unter hunderten unterschiedlicher Gottheiten man sich wenden müsse, sagt Beck, liest ein Bokonon, ein dafür ausgebildeter Priester, aus der Konstellation eines „Fa“, etwa aus Muscheln.

Was Eingang in die Sammlung genommen hat, hat seine magische Kraft verloren. Der einzige noch aktive Vodou des Museums, der Beschützer des Hauses, muss hingegen regelmäßig genährt werden. Mit Gin werde er bespuckt, denn Alkohol dient häufig als Gabe, nicht einfach begossen, sagt Adeline Beck, gerne mit der Unterstützung von Besuchergruppen. Weil man immer auch etwas von sich dazugeben müsse.

Service

Château Musée Vodou; Straßburg, 4 rue de Koenigshoffen. Tgl. geöffnet 14-18 Uhr sowie jeden zweiten Freitag bis 21 Uhr. Weitere Informationen zu Museum, Führungen, virtuelle Reisen zu authentischen Zeremonien mit VR-Brillen und Podcasts in französischer Sprache auf chateau-vodou.com. Der Katalog zur aktuellen Ausstellung enthält eine Übersetzung ins Deutsche. Beschilderung der Ausstellung auch in deutscher Sprache. Anfahrt: Tram-Haltestelle (Linie F) „Porte Blanche- Musée Vodou“, 10 Gehminuten ab dem Hauptbahnhof (Parkhaus oder circa 30 min ab Bahnhof Kehl mit der Tramlinie D). 8 min entfernt vom Parkhaus „Centre historique/Petite France“.

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