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Deutschlandreise statt Konvent

Drei Männer sitzen zusammen und diskutieren. Auf  einem Tisch eine Vase mit Sonnenblumen.
Besuch in Karlsruhe: Julian Latzko von der Bundesstiftung Baukultur erläutert dem Karlsruher Baubürgermeister Daniel Fluhrer und Andreas Grube, dem Vorsitzendendes Kammerbezirk Karlsruhe und Mitglied im Landesvorstand der Architektenkammer Baden-Württemberg, (von rechts) Aspekte des Baukulturberichts 2020. Foto: Helen Meyer/ Bundesstiftung Baukultur

Die Kanzlerin hat ihn schon, Karlsruhe kennt ihn jetzt auch:den Bericht 2020/21 der Bundesstiftung Baukultur. „Wir freuen uns diebisch,dass wir so ein buntes Dokument ins Bundeskabinett rein bekommen“, erklärt Julian Latzko. Der Raumplaner tourt derzeit durch die Republik, um in insgesamt16 Städten das über 160 Seiten starke Werk vorzustellen, das tatsächlich angereichert ist mit Farbfotografien und blauen, roten, grünen und orangefarbenen Grafiken,aber auch jede Menge Daten und Texte zu grundlegenden Themenbereichen enthält. Ein Bericht mit starkem politischem Gewicht: Vom Kabinett kommt er in den Bundestag, dem er von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegt wird, um später in entsprechenden Fachausschüssen als Arbeitsgrundlage zu dienen.

Jeder Bericht hat ein Schwerpunktthema. Die aktuelle Ausgabe steht unter dem Motto „Öffentliche Räume“. Das stand schon lange vor Ausbruch der Corona-Krise fest, betont Latzko. Auch lag der Redaktionsschluss noch in einer Zeit, als von starken Beschränkungen noch keine Rede war. Mithin geht der Bericht auch nicht auf die Auswirkungen ein, die das staatliche Krisenmanagement auf die öffentlichen Räume hatte. Wobei die Autoren der Dokumentation anhand der Kölner Innenstadt auch auf ein Konzept des Italienischen Architekten Gaimbattista Nolli eingehen, der bereits 1748 davon ausging, dass sich öffentlicher Raum nicht nur durch Straßen und Plätze definiert. Kirchen, Theater oder – aus heutiger Perspektive –Bahnhöfe oder Museen sind ihm ebenfalls zuzurechnen.

Die Vorstellung des Baukulturberichts war bislang mit einem Konvent verbunden, der in Potsdam, dem Sitz der Bundesstiftung, Architekten, Stadtplane rund andere Fachleute zusammenführte. Covid 19 machte den Initiatoren in diesem Jahr einen Strich durch die Rechnung. Daher die Deutschlandreise, die am 17. Augustin Mainz begann und an diesem Mittwoch im Zentrum für Baukultur (ZfBK),

Dresden ihren Abschluss finden soll. Die dezentrale Präsentation sei durchaus begrüßenswert, meinte Andreas Grube, der Vorsitzende des Kammerbezirks Karlsruhe der Architektenkammer Baden-Württemberg im Architekturschaufenster (ASF)Karlsruhe, das als Gastgeber beim Zwischenstopp des Tour-Vans fungierte. Auf diese Weise erfahre das Anliegen der Stiftung größere Verbreitung, gibt Grube zu verstehen.

Dem Bericht sind einige Handlungsempfehlungen vorangestellt.Da heißt es „Öffentliche Räume als Motor der Stadtentwicklung nutzen!“ oder „Verkehrsflächen für alle denken!“ Empfohlen wird auch: „Aufräumen und gute Pflege verstetigen!“,denn, so ist zu lesen, „gepflegte und aufgeräumte öffentliche Räume“ seien ausschlaggebend für die Identifikation der Bewohner. Aber auch der Bildung wird hohe Bedeutung zugesprochen, denn sie versetze Menschen in die Lage, ihre gebaute Umwelt bewusst wahrzunehmen.

Man wolle, hob Julian Latzko von der Bundesstiftung hervor,statt zu mäkeln durch positive Beispiele überzeugen. Zehn solche Projekte mit Vorbildfunktion werden in dem Bericht vorgestellt, so etwa eine Schule im mecklenburgischen Dettmannsdorf, mit der erfolgreich der Verödung des ländlichen Raums entgegengewirkt wurde, oder die Umwandlung eines Münchener Industriekomplexes in ein vitales Quartier. Aus Baden-Württemberg werden die Bundesgartenschau in Heilbronn und die Kienlesbergbrücke in Ulm als exemplarisch angeführt. Karlsruhe ist nicht vertreten, es falle ihm aber als gutes Beispiel ein, dass man hier unterschiedliche Bodenbeläge für eine künftige Pflasterung der Kaiserstraße öffentlich zur Diskussion gestellt habe.

Dabei hätte Karlsruhe durchaus Potenzial, zum Thema „Öffentlicher Raum“ mehr beizusteuern als eine neue Fußgängerzonenpflasterung. Insbesondere etliche innerstädtische Höfe harren belebender Ideen. Nachgerade als Skandal wird von vielen der Passagehof empfunden, der ein eher tristes Dasein fristet, obwohl er längst eine grüne Stadtoase sein könnte. Karlsruhes Baubürgermeister Daniel Fluhrer bemerkte in diesem Zusammenhang, er habe „noch ein paar Ideen in der Schublade.“ Unter anderem wolle er demnächst seine Überlegungen zur Umgestaltung der Eingangszone vor der Kunsthalle vorstellen.

Ein Beispiel, das zeigt, wie vielfältig die Faktoren sind,die bei der Gestaltung öffentlicher Räume von Belang sind. Im konkreten Fall ist es der Straßenverkehr, der Probleme bereitet: Wie kann er verlagert werden?Verkehr ist auch einer der vielen Themenbereiche im Baukulturbericht 2020/21.Dort finden sich interessante Daten zu Karlsruhe. Bei der Frage, welches Verkehrsmittel bevorzugt wird, liegt die Nutzung von Bus und Bahn mit 15 Prozent weit hinter Berlin (25) und München (24), ja selbst noch hinter den übrigen Vergleichsstädten Kopenhagen(18), Amsterdam (17) und Freiburg (17).

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