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Erinnerung an Kriegsgräuel

Kämpfelbach gedenkt des Massakers von Civitella

Vor fast 80 Jahren haben deutsche Soldaten ein grausames Massaker in der Kämpfelbacher Partnergemeinde Civitella angerichtet. Fotokünstler Luigi Toscano hat Überlebende portraitiert. Die Bilder zeigt er am 9. März.

Terzilio Bozzi, Ivano Cappacci, Dino Tiezzi, Raffaela Guarneri, die Bürgermeister Andrea Tavarnesi und Thomas Maag sowie Fotokünstler Luigi Toscano stehen auf dem Dorfplatz im italienischen Civitella.
Terzilio Bozzi, Ivano Cappacci, Dino Tiezzi, Raffaela Guarneri, die Bürgermeister Andrea Tavarnesi und Thomas Maag sowie Fotokünstler Luigi Toscano stehen auf dem Dorfplatz im italienischen Civitella. Foto: Thomas Maag

Ein Beitrag zur Friedensarbeit soll der Tag sein, die Demokratie vor Ort stärken und ein deutliches Zeichen setzen: für Völkerverständigung, für ein offenes Europa und gegen das Vergessen.

Am Samstag, 9. März, dreht sich alles um ein Ereignis, das sich dieses Jahr zum 80. Mal jährt. Ein Ereignis, das viel Leid und Trauer gebracht hat, aber auch beweist, dass Versöhnung möglich ist, dass eine fruchtbare, für beide Seiten bereichernde Partnerschaft entstehen kann.

Es geht um den 29. Juni 1944, an dem deutsche Soldaten am Ende des Zweiten Weltkriegs in Civitella unzählige Zivilisten brutal ermordet haben, darunter Frauen, Kinder und Jugendliche.

Der Kämpfelbacher Bürgermeister Thomas Maag (parteilos) besuchte die italienische Partnergemeinde im vergangenen Sommer – nicht allein, sondern mit dem renommierten Fotokünstler Luigi Toscano, der dort fünf Überlebende des grausamen Massakers portraitierte. Die Bilder bilden den Rahmen für die Veranstaltung, die am 9. März unter dem Titel „Friedensprojekt Europa“ in der Bilfinger Weinbrennerkelter das Gedenken in den Mittelpunkt rückt.

Maag betont, es gehe nicht um Schuldzuweisungen oder um Vergangenheitsbewältigung, sondern darum, etwas Nachhaltiges zu schaffen, die Partnerschaft zu stärken und die größeren Zusammenhänge zu verdeutlichen. Denn er weiß, dass ein geeintes Europa nicht selbstverständlich ist, dass es ständiger Anstrengung bedarf.

Civitella und Kämpfelbach pflegen Erinnerungskultur

Ausgerichtet wird die Veranstaltung von der Gemeinde Kämpfelbach, vom Verein für Heimatpflege und Kultur sowie vom Freundeskreis Civitella, in dem engagierte Ehrenamtliche die Partnerschaft mit Leben füllen. Als Kooperationspartner hat man die Konrad-Adenauer-Stiftung gewonnen, mit deren Hilfe man laut Maag „ein äußerst hochkarätiges Programm“ auf die Beine stellen konnte.

Grußworte kommen unter anderem von Landrat Bastian Rosenau, dem Europa-Abgeordneten Daniel Caspary (EVP) und dem Bürgermeister von Civitella, Andrea Tavarnesi. Zudem sind mehrere Impulsvorträge geplant: Der an der Universität Köln tätige Historiker Carlo Gentile führt in die geschichtlichen Hintergründe ein, während Loretta von Plettenberg als Referentin der Konrad-Adenauer-Stiftung für West- und Südeuropa über die aktuelle Situation bei den deutsch-italienischen Beziehungen spricht.

Die Autorin Christiane Kohl liest aus ihrem Buch „Wie der Krieg in die Toskana kam“. Toscano berichtet über seine Arbeit und die Erfahrungen, die er in Civitella gemacht hat. Dort hat er lange mit den Überlebenden des Massakers gesprochen.

Da bekomme ich heute noch Gänsehaut.
Thomas Maag
Bürgermeister

Bürgermeister Thomas Maag weiß noch, wie emotional es dabei zuging, wie schwer viele der Schilderungen zu ertragen waren. Er kann sich noch an ein Gespräch mit einer alten Frau erinnern, die mit zitternder Stimme erzählte, wie sie sich 1944 auf dem Dachboden versteckt hielt, während die deutschen Soldaten unten die Männer aus dem Haus führten und anschließend erschossen. „Da bekomme ich heute noch Gänsehaut“, sagt Maag.

Italienisch versteht er zwar nicht. Aber er habe gemerkt, wie sich die Tonlage der Überlebenden veränderte, wenn sie von den Erschießungen berichteten, von den Leichenbergen, von dem vielen Blut und den in Brand gesteckten Häusern. Drei Tage war Maag vor Ort, begleitet von Raffaela Guarneri vom Freundeskreis Civitella, die immer wieder übersetzte.

Der Bürgermeister spricht von einer „sehr emotionalen Reise“, die ihn nicht mehr loslässt. Auch deshalb, weil die Menschen in Civitella keinen Groll gegen ihn als Deutschen hegten, weil sie ihn zu sich nach Hause einluden, ihm etwas zu essen und zu trinken anboten. „Da war kein Zorn, keine Wut, sondern das Bedürfnis, dass nicht vergessen wird, was passiert ist.“

Maag ist es wichtig, dass die Veranstaltung am 9. März auch genügend Raum für die Begegnung und den Austausch bietet. Er hofft, dass viele Gespräche zustande kommen und sich auch junge Leute beteiligen.

„Dieses Thema geht alle Generationen etwas an“, sagt der Bürgermeister, der sich freut, dass zu einer Gedenkveranstaltung in Civitella auch der italienische Präsident Sergio Mattarella kommen wird. Im Spätjahr will eine Delegation aus Civitella die Gemeinde Kämpfelbach besuchen.

Anmeldung

Wer an der Veranstaltung am 9. März teilnehmen will, muss sich schnellstmöglich verbindlich anmelden: assistenz@kaempfelbach.de. Die Teilnahme ist kostenlos.

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