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Vierte Welle

Düstere Corona-Prognose: Die Lage in den Pforzheimer Kliniken ist angespannt

In den Pforzheimer Krankenhäusern nimmt die Belegung mit Corona-Patienten immer weiter zu. Noch ist es zwar nicht so schlimm wie im Frühjahr – aber die Ärzte sehen einen düsteren Herbst kommen.

ARCHIV - 08.01.2021, Baden-Württemberg, Ludwigsburg: Medizinisches Personal legt auf einer Intensivstation des RKH Klinikums Ludwigsburg einem Covid-19-Patienten einen Zugang für die künstliche Beatmung. (zu dpa: «Experte: Planbare Eingriffe werden wegen Corona wieder abgesagt») Foto: Sebastian Gollnow/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Am Ende der Kräfte: Auf die Pfleger in den Krankenhäusern in Pforzheim kommen noch einmal höhere Belastungen zu. Foto: Sebastian Gollnow/dpa (Archivfoto)

Die Corona-Verantwortlichen der Pforzheimer Krankenhäuser schlagen Alarm. Die Lage auf den Intensivstationen sei wieder kritisch, Pforzheim trifft die vierte Welle mit voller Wucht. Wobei vor allem die Aussicht auf den Herbst den Medizinern Sorge bereitet, wie sie am Dienstag auf einer Pressekonferenz im Landratsamt des Enzkreises bekanntgaben. Eine Aussicht, die schon seit den ersten Anstiegen der vierten Welle düster wirkte.

Die Zahlen sind bislang nicht eindeutig. Im Siloah St. Trudpert Klinikum in Pforzheim befinden sich derzeit vier Covid-Intensivpatienten und zehn weitere Covid-Patienten.

Damit ist man noch weit entfernt von den bisherigen Rekordmarken von 20 Covid-Intensivpatienten und 50 insgesamt, wie Thushira Weerawarna, der Chefarzt der Inneren Medizin und Impfzentrumsleiter in Pforzheim, gegenüber dieser Redaktion einordnet.

Aber: „Wir haben auch noch andere Intensivpatienten. Wir sind im Moment voll ausgelastet.“ Zumindest für normale Zeiten, in denen man nicht im Krankenhausalltag alles der Pandemie unterordnen muss. „Ob wir nochmal in dieser Intensität arbeiten können, weiß ich nicht.“ Die Grenzen seiner Pfleger würden sich Tag für Tag weiter verschieben.„Wir arbeiten teilweise fünf Nächte durch. Da sagt keiner: Ich kann nicht mehr. Wir sind so trainiert.“ Für Erschöpfung bleibe keine Zeit.

Neue Corona-Patienten im Stundentakt

Das gilt auch für das Helios-Klinikum. „Wir haben eine Auslastung wie zu Spitzenzeiten“, sagt der Chefarzt für Intensiv- und Notfallmedizin Felix Schumacher. Sieben Covid-Patienten waren hier am Mittwochnachmittag auf der Intensivstation. Man habe sogar Patienten in andere Krankenhäuser verlegen müssen. „Wir nehmen im Stundentakt Corona-Patienten auf.“

Wie hoch die Kapazität noch ist, will das Unternehmen nicht veröffentlichen. Schumacher geht es aber auch um seine Pfleger und sein Team: „Es kriechen alle auf dem Zahnfleisch“, sagt er.

Nahezu vollständig ausgelastet ist auch das RKH-Klinikum in Mühlacker – allerdings ganz ohne Covidpatienten, zumindest auf der Intensivstation. Im Mai hatte man noch fünf Intensivpatienten gleichzeitig, so viele wie jetzt insgesamt.

Und doch ist die Sorge groß: Weerawarna im Siloah prognostiziert einen düsteren Herbst: „Es liegt an den hohen Inzidenzzahlen in Pforzheim. In den Krankenhäusern merken wir diesen Effekt ja mit drei Wochen Verspätung.“ Es ist für ihn auch ein persönlicher Rückschlag als Leiter des Impfzentrums.

„Unsere Patienten sind nicht einmal unbedingt Impfgegner. Manche haben keinen Hausarzt, andere sagen, sie hätten fürs Impfen noch keine Zeit gefunden.“ Die Patienten seien alle zwischen 20 und 60, ähnliches wird aus dem Helios-Klinikum berichtet. Dabei war das Angebot zuletzt schon so niedrigschwellig, dass man nur noch in die St.-Maur-Halle fahren musste und prompt eine Impfung bekam. „Viele dachten auch, es trifft sie einfach nicht.“ Dass ausgerechnet jetzt, nämlich am Donnerstag, das Impfzentrum schließt, sieht Weerawarna mit gemischten Gefühlen.

„Das Impfen muss halt niedrigschwellig beim Hausarzt oder anderen Ärzten bleiben“, sagt er. Zuletzt hatten sich wieder mehr Menschen in Pforzheim impfen lassen. „Einfach, weil es jetzt schließt und man nochmal vorher hin wollte“, glaubt Weerawarna.

Viele Spekulationen über den Anstieg der Infizierten

Stefan Pfeiffer, Ärztlicher Direktor der Medizinischen Klinik Enzkreis in Mühlacker, erzählte bei der Pressekonferenz am Dienstag vom Fall einer vierköpfigen Familie, die sich im Urlaub infizierte. Für einen Elternteil bedeutete das 14 Tage Aufenthalt auf der Intensivstation, für den anderen den Tod. „Das hätte nicht sein müssen, wenn die Personen geimpft gewesen wären“, unterstrich Pfeiffer.

Über die Gründe für den Anstieg der Inzidenz und auch der Hospitalisierungsquote gibt es diverse Spekulationen. Zum Schulstart hatte das Gesundheitsamt Pforzheim/Enzkreis bereits eine höhere Inzidenz erwartet. Zwei Wochen danach zeigte sich, dass es durch die kontinuierlichen Tests kaum zu Ansteckungen auf den Schulgeländen kam – wohl aber zu knapp 200 infizierten Schülern in beiden Kreisen zusammen.

Viele von ihnen infizierten sich noch in den Ferien, etwa beim Urlaub im Ausland, wie Enzkreis-Pressesprecher Jürgen Hörstmann jüngst erklärte. In den gestiegenen Zahlen in ihren Krankenhäusern sehen Weerawarna und Schumacher nun „die Quittung“ für die konstant hohen Inzidenzen und die miserable Impfquote in Pforzheim.

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