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Analyse des Verkehrs

Radfahrer, Fußgänger und Busfahrer gestalten Zukunft des Pforzheimer Innenstadtrings

Die Zukunft des Pforzheimer Innenstadtrings wird von Fahrradfahrern, Fußgängern und Busfahrern gestaltet. Denn je mehr hier umsteigen, desto besser lassen sich die Verkehrsprobleme bewältigen, ergibt eine Analyse. Die viel beklagten Staus gelten übrigens als hausgemacht.

Viele Autos in der Kreuzung Zerrenner/Goethestraße Pforzheim
An der Kreuzung Goethestraße/Zerrennerstraße passieren regelmäßig Unfälle. Gefährliche Situationen entstehen oft beim links abbiegen. Foto: Herbert Ehmann

Das Urteil ist vernichtend, das Manuel Hitscherich fällt. Der Mann vom Verkehrsanalyseunternehmen PTV in Karlsruhe meint damit allerdings nicht den ganzen Pforzheimer Innenstadtring. Er spricht von einem kleinen westlichen Teil, der es in sich hat. In diesem Zusammenhang erfährt der Planungs- und Umweltausschuss auch, dass er über einen Kreisel statt der Kreuzung Goethe-/Zerrennerstraße gar nicht erst nachdenken muss: Bei 47.000 Fahrzeugen am Tag „braucht es eine zweistreifige Anlage mit einem Durchmesser von 60 bis 80 Metern“.

Schlecht gelaufen für einen Vorstoß, den die frühere Bäderfraktion aus FDP/FW/UB/LE im September 2020 gemacht hat. Hitscherich stellt zwar nicht infrage, dass die Situation alles andere als gut ist. Nur, die Idee Autokreisel umsetzen, hieße große Gebäude abreißen und dann doch nichts bieten zu können für Fußgänger und Radfahrer.

Damit ist umrissen, wie der Verkehrsfachmann die neuralgischen Punkte des Innenstadtrings angehen möchte. Hitscherich stellt zur Enttäuschung manches Gemeinderatsmitglieds nicht das Konzept Innenstadtring in Frage, sondern analysiert Schwachpunkte und blickt in die Zukunft.

Der Verkehr ist hausgemacht, der zu einem „Empfinden nicht ausreichender Leistungsfähigkeit“ des Innenstadtrings führt, erfährt das Gremium. Bei der Untersuchung seien nur fünf Prozent überregionale Fahrten und zehn Prozent von Enzkreisbewohnern ausgemacht worden. Die restlichen stetig wachsenden 85 Prozent brächten Pforzheimer auf die Umfahrung. Bürgermeisterin Sibylle Schüssler (Grüne) verweist auf 10.000 Fahrzeuge, die seit dem Bau des Rings ab 2014 zusätzlich auf den Straßen sind.

Die Zukunft des Pforzheimer Innenstadtrings wird von Fahrradfahrern, Fußgängern und Busfahrern gestaltet. Denn je mehr hier umsteigen, desto besser lassen sich die Verkehrsprobleme bewältigen, ergibt eine Analyse. Die viel beklagten Staus gelten übrigens als hausgemacht.
Die Zukunft des Pforzheimer Innenstadtrings wird von Fahrradfahrern, Fußgängern und Busfahrern gestaltet. Denn je mehr hier umsteigen, desto besser lassen sich die Verkehrsprobleme bewältigen, ergibt eine Analyse. Foto: BNN

Neuralgische Punkte entschärfen, aber vor allem Umdenken und auf Umsteiger setzen, ist aus Sicht des Verkehrsexperten die Konsequenz daraus. Hitscherich zieht grün-rote Kreise um den Leopoldplatz, um dies deutlich zu machen. Sie markieren, bis wohin Fußgänger, Radfahrer und Autofahrer ohne Stau bei einem 20-Minuten-Radius kommen.

Radler kommen im Zentrum in 20 Minuten etwa so weit wie Autofahrer

Die auffälligste Erkenntnis dabei ist nicht, dass es Radler mit und ohne Motor ziemlich weit schaffen. Bemerkenswert ist für Axel Baumbusch (Grüne Liste), dass sie mit ihren zwei Rädern in etwa gleich weit kommen wie der motorisierte Verkehr auf vier Rädern.

Mit einer Lupe holt Hitscherich heraus, dass auf dem am meisten belasteten Teilstück des Innenstadtrings nicht mehr geht für Autos. Denn die Strecke Luisen-, Berliner- und Goethestraße ist bereits „ein großzügiger Kfz-geprägter Straßenraum, wo es Fußgänger nicht so einfach haben, darüber zu kommen“.

Ursachen für Frust über immer wieder Stehverkehr seien generell unerlaubtes Parken, Missbrauch von Abbiegebereichen sowie im Westen und Norden eine bedingt verträgliche Führung des Autoverkehrs. Aber „der Verkehrsfluss ist nicht so schlecht, wie man meinen mag – es sind keine riesigen Zeitverluste“, erfährt der Ausschuss weiter.

Das Fahrrad sollte selbstverständlich gleich priorisiert sein wie das Auto.
Leon Meyer, Jugendgemeinderat

Als Herausforderungen für den Innenstadtring ebenso wie andere Straßenbereiche stehen die Sperrung der Schlossbergauffahrt und weitere Tempo-30-Zonen im Zuge des Lärmaktionsplans am Horizont. Neben besseren Fuß- und Radwegeverbindungen für mehr Bewegungslust, schlägt Hitscherich auch etliches für den Innenstadtring vor. Dazu zählen funktionsgerechte Knotenpunkte und Signalführung, separate Routen mit guten Querungsangeboten für Radfahrende und Linksabbieger abschaffen.

Angesichts der Analyse „auf dem richtigen Weg“ findet das CDU-Sprecher Martin Erhardt. Dorothea Luppold (SPD) hat dagegen „immer noch das Gefühl, dass Pforzheim bestrebt ist, so viel wie möglich für Autofahrer zu machen“ und beschwört die Kolleginnen und Kollegen: „Solange hier nicht Fußgänger und Radfahrer mitgedacht werden, wird sich nichts bewegen.“ Ähnlich sieht das Leon Meyer (JGR): „Das Fahrrad sollte selbstverständlich gleich priorisiert sein wie das Auto.“

Bedenken wegen gesperrter Querachsen in Pforzheim

„Vergleichbare Städte müssen ähnliche Probleme bewältigen“, ordnet Stefanie Barmeyer (Bündnisgrüne) ein und fordert, „wenn der Verkehr hausgemacht ist, dann müssen wir den ÖPNV attraktiver machen“. Dass es bei der Bewältigung der Verkehrsprobleme nicht nur darum geht, wie Leute schnell von A nach B kommen, sondern auch darum, Stadträume freizuhalten und zu verbessern, steuert Hans Göz (Architektenkammer) zur Zukunft des Innenstadtrings bei.

Wenig Verständnis für Pforzheims Verkehrskonzepte zeigt Reinhard Klein (Bürgerliste). Er warnt vor „massiven Auswirkungen“, wenn Querachsen wie Schlossberg und Zerrennerstraße abgeschnitten werden. Andreas Kubisch (LE) will „konzeptionell komplett neue Wege andenken“ und Monika Descharmes (FDP) hält den Innenstadtring für „Makulatur“.

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