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Premiere im Großen Haus

Im Pforzheimer Theater wird temporeiche Komödie mit bissigem Witz aufgeführt

Jens Peter erzählt von Lachanfällen, die die Probearbeiten in Pforzheim zu „Bezahlt wird nicht“ unterbrechen, vom Literaturnobelpreisträger Dario Fo, der das Stück schrieb – und von den Hintergründen, die einem das Lachen im Hals stecken bleiben lassen.

Voll Vorfreude auf die Premiere der Komödie „Bezahlt wird nicht“, die am Samstag Premiere feiert, stehen Dramaturgin Ulrike Brambeer und einer der Hauptdarsteller, Jens Peter, in einer der Kulissen des Stücks.
Voll Vorfreude auf die Premiere der Komödie „Bezahlt wird nicht“ stehen Dramaturgin Ulrike Brambeer und Jens Peter, einer der Hauptdarsteller, in einer der Kulissen des Stücks. Foto: Birgit Metzbaur

Schon während der Proben wurden die Schauspielerinnen und Schauspieler von Lachanfällen übermannt, angesichts der zahlreichen absurd-komischen Situationen. Das zumindest erzählt einer von ihnen, Jens Peter, bei einem Pressegespräch mit dieser Zeitung. Einstudiert wird die Komödie „Bezahlt wird nicht“ von Dario Fo, dem fabulierfreudigen Literaturnobelpreisträger aus Italien. Peter spielt darin den Giovanni und damit eine der Hauptrollen.

„Bezahlt wird nicht“ ist ein Stück, das laut, groß, temporeich und vor allem lustig ist. Das Publikum erwartet eine rasante wie radikale Vorstellung, mit beißendem Witz, die alle Mittel des Komödiantischen ausnutzt, um soziale Missstände anzuprangern. Das Stück stammt aus dem Jahr 1974, wurde 2009 neu überarbeitet und ist heute so aktuell wie zu seiner Entstehungszeit.

Absurde Dinge passieren auf der Bühne

Sehr absurde Dinge passieren auf der Bühne mit überdrehten Charakteren, die auch mal böse, aber auf jeden Fall witzig sind, kündigt Dramaturgin Ulrike Brambeer voll Vorfreude auf das Spiel an. Was für die Zuschauerinnen und Zuschauer ein rasantes Vergnügen wird, ist für alle Beteiligten auf der Bühne – zwei Schauspielerinnen, drei Schauspieler und zwei Statisten – eine Tour de Force. Sie müssen hellwach sein, „150-prozentig konzentriert“, damit sie keinen der Temposprünge mit völlig ansatzlosen Stimmungswechseln in Sekundenschnelle verpassen.

Ein besonderes Merkmal von Fo ist seine besondere Art, die politische Brisanz des Stücks mit einer Komödie zu vereinen. Auch heute noch, 50 Jahre nachdem das Stück uraufgeführt wurde, ist es in seiner Aussagekraft politisch tagesaktuell. Fo machte Theater für die einfachen Leute. Er war ein Komödiant, Theatermann, Polit-Aktivist, und er nahm am liebsten die Vertreter der Macht aufs Korn.

„Wir spielen vor einem völlig anderen Theater als Fo damals“, weiß Brambeer. Die Zeit der ersten Stückfassung war geprägt von Studentenprotesten und Hausbesetzungen. In Pforzheim wird die überarbeitete Fassung von 2009 gespielt, bei der die Banken- und Wirtschaftskrise im Vordergrund steht. Beide Fassungen spielen in einer Umbruchsituation der Gesellschaft.

Eine Situation, die auch heute noch aktuell und nachvollziehbar sei. Die Lebensmittelpreise sind gestiegen. Viele Menschen brauchen staatliche Unterstützung, um ihre Miete bezahlen zu können. Manche stehen beruflich vor dem Aus, müssen neue Jobs suchen, erinnern Brambeer und Peter an die Schließung von Klingel und Galeria Kaufhof.

Ein bisschen wie Kabarett, aber mit durchgehender Handlung

Das Stück ist ein bisschen wie Kabarett, aber in spielerischer Situation mit durchgehender Handlung, erinnert sich Peter an seine berufliche Anfangszeit. Damals noch in der DDR machte er mit einer Gruppe von Schauspielern politisches Kabarett. Und auch damals ging es um die Benennung von Missständen.

Frühere Pforzheimer Aufführungen von Dario Fos „Bezahlt wird nicht“ wurden im Podium gezeigt. Jetzt ist das Stück auf der Bühne des Großen Hauses zu sehen. Das erfordert eine Spielweise mit „supergroßer Mimik und großen Gesten“, sagt Peter. Jeder Text muss so groß abgesetzt werden, dass er das Publikum im ganzen Haus erreicht.

Die Komödie „Bezahlt wird nicht“ reiht sich in das inoffizielle Thema dieser Spielzeit im Schauspiel ein: Haben und Nichthaben. Mit Protagonisten, die viel haben, und solchen, die fast nichts haben und ein bisschen Randale machen wie bei „Der Geizige“ von Molière und Büchners „Woyzeck“.

Worum geht es in dem Stück?

„Bezahlt wird nicht“ wird von Markus Löchner inszeniert. Worum geht es bei dem Stück? Antonia, gespielt von Nika Wanderer, und die anderen Frauen verkünden: „Bezahlt wird nicht!“ Nicht nur die Mieten und die Energiekosten sind gestiegen, jetzt werden auch noch die Preise im Supermarkt erhöht. Wer soll das bezahlen?

Es reicht, beschließen die Kundinnen kurzerhand. Sie plündern das Geschäft. Die gestohlenen Lebensmittel müssen Antonia und ihre beste Freundin Margherita (Leonie Jacobs) vor der Polizei und auch vor den eigenen Ehemännern verstecken. Denn Giovanni (Jens Peter) und Luigi (Jan-David Bürger) sind geradezu erschreckend redlich und gesetzestreu.

Mit Ausreden und Flunkereien, erfundenen Schwangerschaften und haarsträubenden Versteckspielen werden die Männer hinters Licht geführt. Doch dann überstürzen sich die Ereignisse in der Siedlung: Die Behörden stellen Strom und Gas ab, wegen Mietschulden sollen die Wohnungen geräumt werden, und in der Fabrik wird Kurzarbeit eingeführt. Jetzt ist guter Rat teuer.

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