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Integration durch Fußball

Warum es bei der Bolzplatzliga in Pforzheim keine Schiedsrichter gibt

Vicenzo Grifo vom SC Freiburg spielte als Jugendlicher in der Pforzheimer Bolzplatzliga. Dort zählen neben Toren auch Fairness-Punkte.

Bolzplatzliga Pforzheim
Kampf um den Ball: Bei der Pforzheimer Bolzplatzliga steht Fairness im Vordergrund. Gewinnen wollen die jugendlichen Teilnehmer mit ihren Mannschaften dennoch. Foto: Dominic Körner

Messi, Ronaldo, Ibrahimovic: Die Namen der Idole sind beim Finale der Pforzheimer Bolzplatzliga allgegenwärtig. Jugendliche aus allen Stadtteilen, überwiegend mit Migrationshintergrund, tragen die Trikots der Superstars.

Gewinnen wollen sie alle, schließlich geht es heute in mehreren Altersklassen um Edelmetall. Einen Schiedsrichter suchen die Zuschauer in der Jahnhalle am Samstag vergeblich – denn genau das macht die Bolzplatzliga aus.

„Wir spielen ohne Schiri“, erklärt Sozialpädagoge Pedro Treig Garcia von der SJR Betriebs gGmbH, die hinter dem Projekt steht. Und was, wenn sich die Jugendlichen in die Haare bekommen? „Dann entscheidet ein pädagogischer Betreuer“, sagt Treig Garcia.

Fußball ist ein tolles Mittel, um Jugendliche zusammenzubringen.
Pedro Treig Garcia, Sozialpädagoge aus Pforzheim

Zu handfesten Auseinandersetzungen, betont er, komme es in der Bolzplatzliga „so gut wie nie“. Und doch: Einmal müssen die Betreuer einschreiten. Rudelbildung nach einer strittigen Szene. Die erhitzten Gemüter kühlen schnell wieder ab.

Bundesliga-Profi Vicenzo Grifo spielte früher in der Pforzheimer Bolzplatzliga mit

„Ein paar Kabbeleien gibt es immer“, sagt Treig Garcia. Vereinzelte Schlägereien hätten sich zur Anfangszeit vor 17 Jahren ereignet, als die Bolzplatzliga gegründet wurde – heute nicht mehr. Denn genau darum geht es: Gewaltprävention und Integration.

„Fußball ist ein tolles Mittel, um Jugendliche aus verschiedenen Stadtteilen und Kulturen zusammenzubringen“, sagt Treig Garcia.

Der prominente Schirmherr der Veranstaltung, früher selbst Teilnehmer, musste leider absagen: „Vicenzo Grifo hatte keine Zeit“, sagt Treig Garcia schmunzelnd und verweist auf den laufenden Spielbetrieb in der Fußball-Bundesliga. Dort zieht Grifo, ein Pforzheimer Junge, die Fäden im Mittelfeld des SC Freiburg.

Bolzplatz-Liga Pforzheim
Integration durch Sport: Die meisten Spieler der Pforzheimer Bolzplatzliga haben Migrationshintergrund. Einige von ihnen sind als Flüchtlinge in die Stadt gekommen. Ihnen soll der Fußball helfen, Anschluss zu finden. Foto: Dominic Körner

„Es ist schön, dass einer von hier heute in der Bundesliga spielt“, sagt Treig Garcia und lenkt den Blick wieder auf die Gegenwart. Der Organisator sieht ein „friedliches und hochklassiges Turnier“. Und tatsächlich: Das Spieltempo ist beachtlich, die technischen Fähigkeiten einiger Jugendlicher sind beeindruckend.

Die Betreuer können da nicht mehr mithalten. „Wir haben mal gegen eine Gruppe von Teilnehmern gespielt“, erinnert sich Treig Garcia: „Keine Chance. Die Jungs sind einfach zu schnell und zu gut.“

Wer am Ende gewinnt, ist nicht entscheidend – zumindest für den Veranstalter. In der Bolzplatzliga geht es vor allem um Fairplay. Die Besonderheit: Nach Abpfiff vergeben die Mannschaften Fairness-Punkte an ihre Gegner, die neben Toren und Gegentoren in die Spielwertung einfließen.

„Sport und Fairness verbinden“, sagt Treig Garcia, auch mit Blick auf die vielen Flüchtlinge in Pforzheim. „Wer sein Heimatland verlassen musste und noch Probleme mit der Sprache hat, ist hier willkommen.“

Sommersaison der Bolzplatzliga beginnt voraussichtlich in zwei Monaten

Bei den Jugendlichen kommt das Konzept an. „Das Spiel ohne Schiedsrichter ist interessant“, sagt Farid. Mit seinen Mitschülern von der Carlo-Schmid-Schule erreicht er in der Altersklasse U20 den zweiten Platz. Sein Mitspieler Arthur blickt schon voraus: „Im Sommer wollen wir wieder dabei sein.“

Dann geht es für die jungen Fußballer wieder ins Freie. Die Sommersaison der Bolzplatzliga, für die sich zuletzt 24 Mannschaften mit bis zu neun Spielern gemeldet hatten, beginnt voraussichtlich im April oder Mai.

Die Teilnahme kann sich für die Jugendlichen auch dann lohnen, wenn es nicht für den ersten Platz reicht. Denn es gibt auch Preise für die Fairplay-Sieger. „Wir gehen mit ihnen Kartfahren oder Kegeln“, sagt Treig Garcia.

Finanziert wird das Projekt durch Spenden und Fördergelder, etwa vom Badischen Sportbund und vom Präventionsverein „Sicheres Pforzheim – sicherer Enzkreis“. Am Ligabetrieb nehmen bis zu 250 Jugendliche im Alter von elf bis 19 Jahren teil und eifern ihren Vorbildern nach. Stars wie Messi, Ronaldo – und Grifo.

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