Sieben Minuten können eine sehr lange Zeit sein, wenn man auf einen Rettungswagen wartet. In Karlsruhe ist diese Wartezeit nicht ungewöhnlich: „Im Median liegt die Rettungsfrist in der Stadt bei sieben Minuten“, erklärt FDP-Stadt Thomas Hock in der Sitzung des Ausschusses für öffentliche Einrichtungen. Rettungsdienste brauchen für ihre Anfahrt zu einem Notfall in Karlsruhe so lange wie in keiner anderen Stadt in Baden-Württemberg, und das schon seit einigen Jahren.
Hocks Fraktion hatte zuletzt auf die Einführung der Ersthelfer-App „Region der Lebensretter“ gedrängt. Auch die Grünen hatten sich schon für einen Einsatz der App starkgemacht. Freiwillige mit medizinischen Kenntnissen können sich im System registrieren und bekommen von der App über Notfälle sofort Bescheid, vielfach sind sie schneller beim Notfall.
Bis zum 1. April in diesem Jahr sollte die Integration der App abgeschlossen sein, so die Forderung im Antrag. Der Stadt fehlt das Geld, heißt es aus dem Rathaus. „Im Doppelhaushalt 2024/2025 sind dafür keine Mittel vorgesehen“, schreibt die Stadt.
Die Versicherungen, die in diesem Fall für eine Kostenübernahme infrage kämen, hätten eine Finanzierung schon ausgeschlossen. Und auch die Branddirektion in Karlsruhe sieht sich außerstande, den Unterhalt des Systems zu finanzieren.
Appell an die Karlsruher Stadträte
Florian Geldner, Brandmeister der Stadt, lässt in der Sitzung mit einem Appell an den Ausschuss daran keinen Zweifel: „Wir sind komplett an der Grenze, das System ist ausgereizt. Ich bitte Sie, diese Leistung nicht ontop bei uns anzusiedeln.“
Wir sind komplett an der Grenze, das System ist ausgereizt.Florian Geldner
Leiter der Branddirektion Karlsruhe
Für Einrichtung und Betrieb der App prognostiziert die Stadtverwaltung nicht unerhebliche Kosten: 127.500 Euro für die erstmalige Installation, bei 1.500 angemeldeten Personen. Die jährlichen Kosten belaufen sich laut Verwaltung auf 110.500 Euro, dazu gehöre die Erste-Hilfe-Ausrüstung der angemeldeten Nutzer – vor wenigen Monaten bezifferte die Stadtverwaltung die Kosten der App auf knapp 700.000 Euro.
Ein Teil der Finanzierung muss mithilfe des Landkreises gestemmt werden, so Bürgermeisterin Bettina Lisbach (Grüne) in der Sitzung. „Mit dem Landkreis haben wir darüber schon Gespräche geführt“, erklärt die Vorsitzende des Ausschusses. Darüber herrscht Einigkeit, schließlich profitiere auch der Landkreis von der App.
Rettungsdienst kritisiert die langsame Umsetzung
Das Thema wird nun erneut im Gemeinderat behandelt. Sollte sich keine anderweitige Finanzierung finden, wird die Einführung der App aber auf sich warten lassen. Für Rettungsprofis wie Andreas Wolf, Geschäftsführer vom privaten Rettungsdienst Promedic, ist das eine zu lange Wartezeit.
„Es geht wertvolle Zeit verloren“, kritisiert Wolf, der auch Vorsitzender der Interessensgemeinschaft Privater Rettungsdienste ist. „Tatsache ist, dass wir in Karlsruhe 150 beobachtete Reanimationen per anno haben – jeden zweiten Tag eine“, mahnt er.
In Verbindung mit den langen Rettungsfristen habe das schon Menschenleben gekostet, fürchtet Andreas Wolf.