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Bis zu zehn Jahre Haft

Ermittlungen wegen Korruption: Ehemaligem Kehler Ordnungsamtschef droht Gefängnis

Es ist ein echter Skandal, der die Stadtverwaltung im vergangenen Herbst erschüttert hat: Die Staatsanwaltschaft Offenburg klagt den ehemaligen Leiter des Kehler Ordnungsamts an.

Mitarbeiter des Kehler Ordnungsamts kontrollieren Spielhallen. Der ehemalige Leiter dieser Behörde muss sich unter anderem wegen Bestechlichkeit vor dem Offenburger Landgericht verantworten.
Mitarbeiter des Kehler Ordnungsamts kontrollieren Spielhallen. Der ehemalige Leiter dieser Behörde muss sich unter anderem wegen Bestechlichkeit vor dem Offenburger Landgericht verantworten. Foto: red

Es ist ein in Ortenauer Rathäusern bislang einmaliger Korruptionsskandal, der die Kehler Stadtverwaltung im vergangenen Herbst erschüttert hat: Die Staatsanwaltschaft Offenburg klagt den ehemaligen Leiter des Kehler Ordnungsamts wegen des Vorwurfs der besonders schweren Bestechlichkeit, der Vorteilsannahme sowie wegen des Besitzes von Dopingmitteln an.

Das gab die Behörde an diesem Montag in einer Pressemitteilung bekannt. Dem 40-jährigen Volljuristen drohen im schlimmsten Fall bis zu zehn Jahre Haft.

Was war passiert? Zwischen Mai 2020 und 2021 ließ sich der Ex-Amtsleiter mutmaßlich Geldgeschenke von Privatpersonen versprechen, um dafür als Gesetzeshüter selbst den Pfad von Recht und Gesetz zu verlassen. Als Chef des Ordnungsamts war der Beschuldigte in der Stadt Kehl unter anderem für die Genehmigung zum Aufstellen von Automaten und Betreiben von Spielhallen zuständig.

Für Geld soll der ehemalige Behördenchef einem Geschäftsführer eines Spielhallenunternehmens Ausnahmeregelungen für den Casino-Betrieb in Aussicht gestellt haben. Und das, obwohl es hierfür keinerlei rechtliche Voraussetzungen gab. Zudem soll der ehemalige Kehler Ordnungsamtschef Polizeikontrollen im Voraus angekündigt haben, damit Spielhallen-Betreiber etwaige Beanstandungen verhindern konnten. Dafür soll der Beschuldigte Einladungen zu mehreren Urlaubsaufenthalten sowie Bargeld erhalten haben.

Festnahme bei Geldübergabe

Doch damit nicht genug: Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann zudem vor, dass er einem weiteren Spielhallen-Betreiber illegalerweise zu einer Lizenz verholfen haben soll, indem er Dienstgeheimnisse verriet, und trotz offensichtlicher Verstöße des Betreibers auf eine Anzeige verzichtete. Zudem soll er dem Betreiber vertrauliche Informationen weitergegeben haben, wie er in Kehl weitere Spielhallen ansiedeln könnte.

Als Gegenleistung und für künftige Vorteile für das Unternehmen soll der Geschäftsführer dem ehemaligen Kehler Ordnungsamtschef eine finanzielle Beteiligung an seinem privaten Immobilienerwerb in Höhe von 50.000 Euro versprochen haben. Hierzu vereinbarten die beiden Protagonisten einen Termin zur Geldübergabe. Dann griff die Polizei zu. Bei ihm klickten die Handschellen, auch wenn sich der leitende Rathaus-Mitarbeiter letztlich gegen eine Annahme des Geldes entschied. Polizisten beschlagnahmten das Bargeld.

Dopingmittel bei Durchsuchung entdeckt

Bei einer Durchsuchung der Wohnung des ehemaligen Behördenchefs entdeckten die Ermittler auch noch eine größere Menge Testosteron. Der Beschuldigte saß vom 12. bis 30. November nach Informationen dieser Zeitung im Gefängnis Stuttgart-Stammheim in Untersuchungshaft. Danach wurde er auf freien Fuß gesetzt, weil er die gegen ihn erhobenen Vorwürfe im Wesentlichen einräumte.

Zudem müssen sich noch insgesamt vier weitere Personen vor dem Offenburger Landgericht verantworten, die als Inhaber und involvierte Mitarbeiter der betroffenen Spielhallenunternehmen für die Gewährung der Vorteile verantwortlich gewesen sein sollen.

Gegen zwei der Personen lautet der Vorwurf auf Bestechung, gegen die anderen zwei Personen auf Vorteilsgewährung und Bestechung in einem besonders schweren Fall, wie die Staatsanwaltschaft Offenburg weiter mitteilte.

Bei einer Verurteilung droht dem 40-Jährigen eine Freiheitsstrafe zwischen einem Jahr und zehn Jahren. Bei den weiteren Beschuldigten sind Freiheitsstrafen zwischen drei Monaten und fünf Jahren möglich, in einem Fall auch bis zu zehn Jahren.

Termine für Hauptverhandlung stehen noch nicht fest

Das Gericht hat noch nicht über die Eröffnung des Hauptverfahrens entschieden, mögliche Hauptverhandlungstermine vor dem Landgericht Offenburg stehen somit noch nicht fest.

Die Staatsanwaltschaft schätzt den Vorgang als durchaus schwerwiegend ein: „Ich kann mich nicht erinnern, dass es in meiner Zeit in Offenburg einen Fall der Bestechlichkeit mit Haftbefehl gegeben hat“, betonte der Sprecher der Anklagebehörde, Kai Stoffregen, Mitte November auf Anfrage dieser Zeitung.

Stadtverwaltung kooperiert mit Justiz

Die Korruptionsermittlungen werfen ein dunkles Licht auf die Verwaltung der von Spielhallen und Automatenbistros geplagten Grenzstadt am Rhein. Der Jurist und Hundeliebhaber wurde nach dem plötzlichen Tod seines Vorgängers im Mai 2017 Chef des Ordnungsamts. In einer Pressemitteilung reagiert die Kehler Stadtverwaltung auf die Anklageerhebung: „Die Stadtverwaltung hat alles, was möglich ist, zur Aufklärung des Sachverhalts beigetragen“, erklärt Oberbürgermeister Wolfram Britz (parteilos). Sie werde dies auch beim Gerichtsverfahren tun. „Alle Mitarbeitenden sind froh, wenn dieser Fall abgeschlossen ist“, so Britz. Die Staatsanwaltschaft stellt klar, dass bis zu einer Verurteilung die Unschuldsvermutung gilt.

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