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Lobeshymne auf den Schwarzwald

Auftritt in Karlsruhe: Von der Leyen will, dass Europäer vom „Ländle“ lernen

Die Präsidentin der Europäischen Kommission spricht vor 700 Zuhörern in Karlsruhe über die Herausforderungen für die EU. Welche Antworten hat sie parat?

Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, beim Auftritt in Karlsruhe.
Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, rief in Karlsruhe die demokratischen Kräfte dazu auf, rechte „Agenten der Angst“ mit guten Argumenten zu bekämpfen. Foto: Alexei Makartsev

Sie schwärmt von der Pracht des Schwarzwaldes, dem sonnenverwöhnten Rheintal und dem „leuchtenden Grün der Weinberge im Ländle“. Doch Ursula von der Leyen ist nicht danach, vollends ins Lyrische abzugleiten. Die Präsidentin der Europäischen Kommission ist am Mittwochabend nach Karlsruhe gekommen, um eine knallharte Botschaft zu unterbreiten.

Sie lautet: So schön, erfolgreich und wohlhabend Baden-Württemberg und andere europäische Regionen heute seien, man dürfe nicht sicher sein, dass dies so bleibt. „Die Risiken für Europa steigen“, sagt die 65-jährige Christdemokratin, die auf Einladung ihres Parteifreundes Daniel Caspary vor etwa 700 Zuhörern in der ICF Eventhall spricht.

Unsere Europäische Union ist nicht perfekt.
 Ursula von der Leyen
EU-Kommissionspräsidentin

„Unsere Europäische Union ist nicht perfekt“, gibt von der Leyen zu. „Aber die EU ist eine der wohlhabendsten und sozial fortschrittlichsten Regionen der Welt. Ob Frieden, Freiheit und Demokratie, ob Klimawandel oder Digitalisierung, egal, wie groß die Herausforderung ist, als Gemeinschaft haben wir die besten Antworten zu bieten.“

Vor dem Auftritt der angeblich „mächtigsten Frau der Welt“ (laut der US-Zeitschrift Forbes) stellt der Weingartener Europaabgeordnete Caspary als Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament der Kommissionschefin ein Top-Zeugnis zum Abschluss ihrer Amtszeit aus: „Du hast Europa mit Umsicht durch die Pandemie geführt und im Krieg zusammengehalten.“

Auftritt in Karlsruhe: Amtszeit von Ursula von der Leyen ist von schweren Krisen geprägt

Tatsächlich waren die vergangenen fünf Jahre für die Chefin von rund 32.000 Mitarbeitern in der Kommission größtenteils durch eine Dauerkrise geprägt.

Der Ukraine-Krieg war zugleich Fluch und Segen für von der Leyen. Einerseits schweißte er die Europäer in der Ablehnung des neoimperialistischen Kurses von Russlands Präsident Wladimir Putin zusammen: Das erleichterte der früheren deutschen Verteidigungsministerin die Aufgabe, unbequeme Regierungschefs wie Viktor Orbán auf Linie zu halten.

Andererseits führte der Krieg jedoch Europa seine großen Defizite bei gemeinsamer Rüstungskooperation und seine Abhängigkeit von den USA vor die Augen.

Sie lässt an diesem Abend dieses politisch brisante Thema nicht aus. „Europa muss mehr Geld in die Verteidigungsindustrie investieren. Wir wollen ein Europa, das sich selbst verteidigen kann“, stellt sie klar. „Und deswegen sind wir für eine europäische Verteidigungsunion.“ 

Von der Leyen war 2019 in einer Art Patt-Situation als Überraschungskandidatin des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron ins Rennen um den Top-Job in Brüssel eingestiegen. 

Die Deutsche erhielt anschließend im Eu­ro­pa­par­la­ment nur eine un­er­war­tet knap­pe Mehr­heit. Als Spitzenkandidatin der christdemokratischen Parteienfamilie EVP bei der Wahl am 9. Juni wirbt sie beim zweiten Anlauf für die Führungsrolle vor allem für Europas wirtschaftliche Stärke und die Kraft der Innovationen.

Das „Ländle“ dient von der Leyen als ein gutes Beispiel: „Baden-Württemberg ist in Deutschland Land Nummer 1, zum Beispiel bei den Patenten, bei Investitionen in Forschung, bei Exzellenzuniversitäten. Es hat die höchste Lebenserwartung, die meisten Obstbäume, die meisten Sternerestaurants.“ Eine kunstvolle Pause: „Sie können wirklich alles außer Hochdeutsch.“ Im Saal kommt das gut an.

Sie können wirklich alles außer Hochdeutsch.
 Ursula von der Leyen
Spitzenkandidatin der EVP-Parteienfamilie

Der Südwesten als Blaupause für Wohlstand und soziale Stabilität auf einem Kontinent mit 450 Millionen Menschen. Nach der Logik von der Leyens müssten alle Länder häufiger nach Karlsruhe und Stuttgart schauen, wie es geht.

Nicht zu vergessen: „Die Antworten, die für die Menschen und unsere Unternehmen im Alltag funktionieren, liefert die CDU“. Ihre finale Botschaft in der Eventhalle im Stadtteil Grünwinkel ist, dass rechte Parteien wie die AfD mit diesen Ideen nicht konkurrieren werden können.

„Propaganda für Putin, Spionage für China, ein Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union, dafür stehen die Kandidaten der AfD. Aber was sie sicher nicht vertreten, ist das Wohlergehen Deutschlands und Anstand in der Demokratie“. Darum müssten die demokratischen Kräfte den „Agenten der Angst mit Argumenten widersprechen“.

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