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Arbeiten im Ruhestand

Als Rentner in der Entwicklungshilfe - Kinderarzt Rolf-Dieter Löw aus Karlsruhe erzählt

Der Mediziner hat sich als Rentner einen lang gehegten Wunsch erfüllt. Er behandelt nun ehrenamtlich Kinder in Nepal und Tansania. Sein Engagement brachte ihn auch nach China. Warum Rolf-Dieter Löw das mit Begeisterung tut.

Kinderarzt Rolf-Dieter Löw mit einem Kind auf dem Arm
Der Karlsruher Kinderarzt Rolf-Dieter Löw arbeitet als Rentner in der Entwicklungshilfe. Foto: Rolf-Dieter Löw

Er hat sich als Kinder- und Jugendarzt in Karlsruhe einen Namen gemacht. 31 Jahre führte Rolf-Dieter Löw eine Praxis im Dammerstock. 2016 ging er in Rente, doch nicht in den Ruhestand.

Der Mediziner arbeitet regelmäßig als Entwicklungshelfer. Derzeit hält er sich in Nepal auf.

Ein Gespräch über das Arbeiten im Alter, ehrenamtliches Engagement und die Freude am Beruf.

Als Rentner könnten entspannt das Leben genießen. Stattdessen arbeiten Sie im Ausland ehrenamtlich in Krankenhäusern. Haben Sie nach einem langen und sicherlich auch stressigen Berufsleben nicht genug?
Rolf-Dieter Löw

Warum sollte ich? Für mich war klar, dass ich mich im Ruhestand beruflich in der Entwicklungshilfe engagieren werde. Ich kenne viele Kollegen verschiedener Fachrichtungen, die das machen. So habe ich zum Beispiel in Nepal mit einer mittlerweile 80 Jahre alten Schweizer Dermatologin zusammengearbeitet, die im Distrikt Chitwan ein Krankenhaus mit Spendengeldern gebaut hat und dieses erfolgreich betreibt. Ich mache nun das, was ich schon längst machen wollte: als Kinderarzt in der Entwicklungshilfe arbeiten.

Was hat Sie dazu motiviert, diesen Schritt als Rentner zu gehen?
Rolf-Dieter Löw

Ich hatte das Glück, über Jahre gesund zu bleiben und als Kinderarzt arbeiten zu dürfen. Der Beruf hat mich erfüllt und bereichert. Ein Grund, sich für Kinder und Eltern in Ländern zu engagieren, die keinen oder nur einen eingeschränkten Zugang zu einem Gesundheitssystem haben.

Sie sind für den Senior Experten Service (SES), die größte deutsche Entsendeorganisation für ehrenamtliche Fachkräfte, ins Ausland gegangen. Wohin hat der SES Sie geschickt?
Rolf-Dieter Löw

Ich war für den SES viermal in Nepal und zweimal in Tansania. Zudem schickte mich der SES zweimal nach China. Dort ging es jedoch nicht um Entwicklungshilfe, vielmehr stand die Kontaktpflege zwischen Deutschland und China im Vordergrund. Jeder Einsatz dauerte etwa sechs Wochen. Bei meinem jetzigen Aufenthalt in Nepal bin ich allerdings nicht für den SES tätig, sondern für die NGO „Freundeskreis Nepalhilfe“ aus dem hessischen Bad Endbach. Ich betreue in der Region Parbat auf 2.000 Meter Höhe ein kleines, neu erbautes Krankenhaus, das im Moment nur von sechs Krankenschwestern versorgt wird. Einen Arzt gibt es nicht.

Bei Ihren SES-Einsätzen – wer hat das Land und die Klinik ausgesucht?
Rolf-Dieter Löw

Der SES schlägt das Ziel vor. Für China wurde lange ein Kinderarzt gesucht. Niemand wollte dorthin, viele hatten Vorbehalte. Mich hat das Land gereizt. Anfänglich hatte ich ein wenig Bedenken, da ich nicht wusste, was auf mich zukommt. Doch ich habe in Zibo (Anm. d. Red.: Die Millionenstadt liegt rund 400 Kilometer südlich von Peking) eine schöne und spannende Zeit verbracht, als ich dort im Central Hospital gearbeitet habe. Meine Aufgabe in der Kinderabteilung war unter anderem die Organisation der Patientenversorgung auf verschiedenen Spezialstationen.

In welcher Sprache verständigen Sie sich bei Ihren Einsätzen?
Rolf-Dieter Löw

Auf Englisch. Diese Sprache wird überall gesprochen. Wer im westlichen Afrika arbeiten will, sollte zudem Französisch beherrschen. Und in Lateinamerika Spanisch.

Was muss man neben Sprachkenntnissen und Fachwissen mitbringen, wenn man in der Entwicklungshilfe arbeiten will?
Rolf-Dieter Löw

Unvoreingenommenheit, Offenheit und Toleranz sowie eine positive Lebenseinstellung und Flexibilität. Zudem sollte man lachen können, wenn man mal nicht weiterkommt. Auch sollte man dazu bereit sein, auf Komfort zu verzichten. Ich zum Beispiel brauche kein Luxushotel. Mir reichen eine Pritsche zum Schlafen und anständige sanitäre Anlagen.

Ein fremdes Land, eine fremde Kultur: Wie sind Ihnen, dem deutschen Kinderarzt, die Menschen begegnet?
Rolf-Dieter Löw

Ob in Nepal, Tansania oder China – ich wurde von den Kollegen, dem medizinischen Personal und den Patienten sehr herzlich aufgenommen. Mir wurde sehr viel Respekt entgegengebracht und Hochachtung gezollt. In allen drei Kulturen wurde es sehr gewürdigt, dass man sich als Volontär für die Gesundheit einer meist armen beziehungsweise sehr armen Bevölkerung einsetzt und den Kollegen Hilfe und Unterstützung anbietet. Ich bekam auch viel Einblick in den Alltag. Ich lernte die turbulente Familiendynamik in einer tansanischen Familie kennen. In Nepal durfte ich an einer Hochzeit des Kliniklaboranten teilnehmen. In Zibo kochte der Chefarzt der Kinderklinik zusammen mit seiner Frau in meiner Anwesenheit ein Abendessen ausschließlich für mich.

Sie arbeiten unentgeltlich. Wer kommt für die Kosten auf?
Rolf-Dieter Löw

Der SES übernimmt die Kosten für den Flug und zahlt auch Dinge wie Visum und Versicherung. Kost und Logis werden in der Regel von der Partnerorganisation im Land übernommen.

Würden Sie auch Angehörigen anderer Berufe empfehlen, als Rentnerin oder Rentner in der Entwicklungshilfe zu arbeiten?
Rolf-Dieter Löw

Es gibt viel zu tun auf der Welt. Viele Menschen der Dritten Welt freuen sich, wenn sie Unterstützung von Fachkräften bekommen. In allen Berufszweigen werden Fachleute gesucht. Ich habe bei Veranstaltungen des SES und unterwegs Senior-Experten kennengelernt, die als Handwerker, Agrar- oder Rechtswissenschaftler gearbeitet haben. Auch habe ich Ökotrophologen und Bibliothekare getroffen. Alle waren bodenständige und geerdete Menschen.

Wie lange wollen Sie noch als Entwicklungshelfer arbeiten?
Rolf-Dieter Löw

So lange wie es die Gesundheit zulässt. Die Tätigkeit als Kinderarzt in Nepal oder Tansania ist manchmal anstrengend, zumal ich in Afrika nicht nur im Krankenhaus, sondern hin und wieder auch mitten im Busch gearbeitet habe. Sie ist aber wie ein Jungbrunnen und tut der Seele gut.

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