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Neues aus dem Elternleben

Auf der richtigen Seite

Auch als Eltern hat man es nicht leicht in den ereignisreichen Jahren, die "Rush-Hour des Lebens" genannt werden. Wie man auch manchmal zwischen Kindern und Karriere untergehen kann, davon berichtet unsere Kinderkram-Autorin.

Kinderkram Symbolbild
Portrait of baby boy with his parents at park model released Symbolfoto PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxHUNxONLY WPEF02514 Foto: imago-images
Es gibt einen Begriff für die ereignisreichen Jahre, die mit dem Ende der Berufsausbildung beginnen und ungefähr dann enden, wenn man von Teenagern offiziell für alt gehalten wird: die Rush-Hour des Lebens.

Partnersuche, Karriere, Kinder – alles passiert gleichzeitig, oder auch nicht, aber wirklich jedes Lebensmodell bekommt maximalen Druck von außen.

Rush-Hour des Lebens

Manchmal gehe ich in der Rush-Hour meines Lebens ein wenig verloren. Kürzlich war wieder so ein Tag. Ein Dienstag. Wir hatten alle verschlafen und die kostbare Morgenstunde, bevor jeder in der Familie seines Weges geht, war von konstantem Drängen unsererseits und Quengeln kinderseits begleitet.

Die Siebenjährige hatte schon lange das Haus gen Schule verlassen, als mir auffiel, dass sie ihre Geige für den nachmittäglichen Unterricht vergessen hatte. Und als ich mit dem Fünfjährigen im Kindergarten ankam, stellte ich fest, dass er hätte verkleidet kommen sollen – und ich mit einer vorbereiteten Rohkostplatte.

Ich rannte nach Hause, brachte alle fehlenden Dinge in Schule und Kindergarten und kam viel zu spät zur Arbeit, wo es nicht besser lief. Als ich, völlig abgehetzt und eine Minute vor der Schließzeit im Kindergarten ankam, blickte mir eine Erzieherin mitleidig entgegen und zeigte auf meinen Sohn, der als letztes Kind einsam in einer Ecke ein Bilderbuch anschaute.

Ein harter Tag

Am Abend gab es dann einen bösen Streit der gesamten Familie über nicht im Hort erledigte Hausaufgaben, ein Essen, über das sich jeder beschwerte und eine rosagefärbte, ursprünglich weiße Ladung Wäsche, in der sich meine Lieblingsbluse befunden hatte.

Erschöpft und resigniert zog ich später dem Fünfjährigen seinen Schlafanzug an, weil er es alleine nicht geschafft hatte. Mit müden Fingern griff ich in die Ärmel des bunt gestreiften Pyjamaoberteils und zog es ihm gleichzeitig über den Kopf und die hochgestreckten Arme. Als sein kleines Gesicht wieder zum Vorschein kam, blickte er mich an und sagte mit bewundernder Stimme: „Ihr wisst immer die richtige Seite.“ „Wie bitte?“, entgegnete ich verwirrt. Er zeigte auf seinen Schlafanzug: „Ihr Erwachsenen, ihr wisst immer die richtige Seite.“ Weitere Sekunden vergingen, bis ich verstand. Und zum ersten Mal an diesem Dienstag stahl sich ein Lächeln in mein Gesicht.

Wir müssen nicht jeden Tag alles perfekt machen, um gute Eltern zu sein. Manchmal reicht es völlig aus, zu wissen, wie man in einen Pyjama kommt.

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