Ob Culatello sich nun von „culo“ (Italienisch für „Arsch“) ableitet, wie manche behaupten, oder auch nicht, spielt genau genommen keine Rolle. Denn so oder so ist der Po im Spiel. Dieses besonders edle Schinkenstück entstammt ja einerseits dem Hintern des Schweins, andererseits wird diese Köstlichkeit in unmittelbarer Nähe zum Po produziert, dem gewaltigen Fluss, der Norditalien bis zur Adria durchzieht und eine paradiesische Landwirtschaft ermöglicht.
"Benebelt" wird's perfekt
Nun hat der Po in den Wintermonaten die eigentlich eher lästige Angewohnheit, weite Landstriche in suppenartigen Nebel zu tauchen. So auch acht Gemeinden in der Nähe von Parma, wo just dieser „Nebel des Grauens“ erst die Entstehung von Culatello die Zibello als Fleischwerdung einer Götterspeise möglich macht. In diesem speziellen Mikroklima wird zwischen Ende Oktober und Februar der Culatello produziert: die zarteste Versuchung, seit es Schweinekeulen gibt.
Der Culatello der Brüder Spigaroli
Dazu wird das in Form geschnittene Stück wie eine Birne geschnürt, mit Salz bestreut und danach mit Wein wieder abgewaschen. Alsdann kommt erneut Salz und des weiteren frischer Pfeffer zum Einsatz. Danach wird das prächtige Muskelstück in eine Schweinsblase gefüllt. Nach 30 bis 60 Tagen Trocknungsphase reifen die Schätzchen in feuchten Katakomben, zum Beispiel der Brüder Spigaroli, die sich im alten Schloss von Pallavicina (15. Jahrhundert) in Polesine Parmense der Veredelung widmen. Um nach mindestens 14 bis 18 Monaten dann an Gourmets in aller Welt verkauft zu werden.
Culatello für die Sterneköche
Etliche Sterneköche wie Alain Ducasse und Paul Bocuse haben in den feucht-schönen Schatzkammern der Spigarolis übrigens Auftrags-Culatelli mit Namensschildchen hängen. Erwerben kann der Normalsterbliche diese Schinken-Offenbarung für um die 10 Euro pro 100 Gramm an sehr gut sortierten Wursttheken oder im Internet. Gut ausgegebenes Geld für ein Aroma, das nicht von dieser Welt ist. Einfach himmlisch eben!
Aufgetischt: Weißer Stangenspargel mit Culatello di Zibello
Culatello ist pur schon ein absoluter Hochgenuss. Nicht umsonst wird er auch der Rolls Royce unter den Schinken genannt. Möchte man ihm dann doch etwas Standesgemäßes an die Seite geben – was gibt es Perfekteres als den König der Gemüse, den Spargel. Klar, in Italien ist der grüne Asparagus das Maß der Frühlingsgefühle, zum feinen Aroma des edlen „Po-Teils“ aus der Gegend um Zibello macht sich aber der bleiche Spross, wie wir ihn hier seit jeher genießen, wesentlich eleganter und luxuriöser.
Das Rezept
Weißer Stangenspargel mit Culatello di Zibello und Parmigiano Reggiano (Foto oben): Putzen Sie pro Person 500 g erstklassige Stangen (für eine Vorspeise genügt die Hälfte), und garen Sie diesen wie gewohnt (am besten verschnürt und stehend im Spargeltopf zusammen mit dem Weißen einer Lauchstange, einem Stück Butter sowie Salz und einer Prise Zucker; s. auch „Ausgetrickst“). Neben der gewünschten Menge Culatello-Scheiben platzieren, mit etwas feinem Olivenöl (optimal: Öl aus Brisighella in der Provinz Ravenna oder mildes ligurisches aus Taggiasca-Oliven) benetzen, mit Fleur de Sel und etwas frisch gemahlenem Pfeffer würzen und frischen Parmesan (oder die Käsespezialität Testun Ocelli al Barolo) darüber hobeln. Ein wenig klein gehackten französischen Estragon (bzw. Schnittlauchröllchen oder Kerbel) darüber streuen und sofort servieren.
Ausgetrickst
Im Spargeltopf garen ist praktisch, weil die zarten Köpfe aus dem Wasser herausschauen und so nur im Dampf garen. Kochwasser, wie oben beschrieben, vorbereiten. Den Topfeinsatz mit den Spargelbündeln ins kochende Wasser absenken. Deckel auflegen. Wenn das Wasser wieder sprudelt, Topf vom Herd ziehen und den Spargel zugedeckt 13–15 min (je nach Stangendicke) gar ziehen lassen.
Aufgespießt
Culatello di Zibello trägt das Siegel „Geschützte Ursprungsbezeichnung“
der EU und ist gleichzeitig ein Slow Food Presidio.
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