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Julias Ökolumne

Das wahre Problem an der Bonpflicht ist "Bediener 3"

Haben Sie auch schon mitgemacht bei der allgemeinen Bonpflicht-Bestürzungs-Bombe? Wie ein Sprengkörper explodierte schließlich kurz vor Silvester die Empörung über eine Gesetzesänderung, die seit Jahren bekannt war. Dabei ist der Schuldige an der Kassenzettel-Krise nicht der grausame Gesetzgeber.

Nicht immer nimmt die Rechnung den meisten Platz auf dem Kassenzettel ein.
Nicht immer nimmt die Rechnung den meisten Platz auf dem Kassenzettel ein. Foto: Elenathewise/AdobeStock

Haben Sie auch schon mitgemacht bei der allgemeinen Bonpflicht-Bestürzungs-Bombe? Wie ein Sprengkörper explodierte schließlich kurz vor Silvester die Empörung über eine Gesetzesänderung, die seit Jahren bekannt war. Dabei ist der Schuldige an der Kassenzettel-Krise nicht der grausame Gesetzgeber. Das Problem ist Bediener 3.

Kennen Sie nicht? Kennen Sie doch. Bediener 3 hat Sie mit Sicherheit schon siebzig Mal mit Kaffee, Kalbsbraten oder Körnerbrötchen versorgt. Egal, welches Restaurant und welchen Laden Sie betreten, Bediener 3 ist schon da. Und er lässt Sie das auf dem Bon wissen, damit Sie ihn auch garantiert nicht vergessen.

Es bediente Sie: Bediener 3.

"Es bediente Sie: Bediener 3", lesen Sie dann auf Ihrem Zettel. Eigentlich eine Frechheit in Zeiten, in denen jede Barista Ihren Namen wissen will, um ihn mit mindestens zwei Rechtschreibfehlern auf dem Pappbecher zu verewigen. Während Sie also Ihren Vornamen (beim Bestellen), Ihre Kontodaten (beim Bezahlen) und den Status Ihrer Koffeinabhängigkeit (beim Stempelsammeln) ausliefern müssen, bleibt Bediener 3 völlig anonym.

Die Bonpflicht: Ein bisschen wie früher in der Schule

Ohne Frage, Bediener 3 hat nur die besten Absichten. "Wir danken Ihnen für Ihren Besuch", fährt er auf dem Zettel fort. "Bitte beehren Sie uns wieder", schreiben manche, oder "Bewerten Sie uns auf Facebook". Fast rührselig, wie Bediener 3 seinen Kunden diese Zettelbotschaft mitgibt: Wie damals in der Schule, als man sich gewitzt Nachrichten hin- und herschrieb, natürlich immer ohne Namen. Könnte ja sein, dass der Lehrer was merkt.

Bediener 3 ist aber nicht der einzige, dem auf dem Kassenzettel jede Menge unnötiger Raum eingeräumt wird. Ganz oben prangt gerne ein Logo , länger als die Liste der zu bezahlenden Produkte. Man soll ja bemerken, wo man gerade zu Gast war. Unten schließen sich dann Hinweise zu aktuellen Sonderangeboten an, festliche Wünsche zu Weihnachten oder gleich ein Gutschein für einige Cent Einsparung beim nächsten Einkauf. So wird der Bon immer bombastischer – nur wer Bediener 3 ist, das wissen Sie immer noch nicht.

Schreiben Sie doch einfach mal einen (Kassen-)Zettel zurück

Aber müssen Sie das wirklich wissen? Ist es interessant, dass im Café Ihrer Wahl niemand gewillt war, die Servicekräfte ins System zu speichern? Oder könnten wir nicht vielmehr auf diese unnötigen Zentimeter umwelt- und gesundheitschädlichen Sondermülls verzichten?

Vielleicht schreiben Sie beim nächsten Mal einfach zurück. Eine Zettelbotschaft direkt an Bediener 3, sozusagen zum besseren Kennenlernen. Dann ist der Bedienerhinweis in Zukunft vielleicht überflüssig. Und schreiben Sie ruhig auch Ihre Handynummer dazu, in den amerikanischen Filmen entstehen daraus großartige Liebesgeschichten. Dann wäre all der Platz auf dem Kassenbon wenigstens mal sinnvoll genutzt worden.

Julias Ökolumne

Umweltfreundlich leben wollen wir alle irgendwie – wenn das doch nur nicht immer so anstrengend wäre. In dieser Kolumne nimmt Julia Weller das Spannungsfeld zwischen der allseits erwünschten Nachhaltigkeit und unserer alltäglichen Bequemlichkeit auf die Schippe. Alle Folgen gibt es hier .

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