Es ist eine unfassbare Vorstellung, mit der sich viele Kinder und Eltern im Raum Karlsruhe und Freiburg nun auseinandersetzen müssen, für die Opfer ist es noch weitaus schlimmer. In mindestens 21 Fällen soll sich ein ehemaliger Fußball-Jugendtrainer an Jungen vergangen haben. Der 31-jährige Deutsche muss sich seit Dienstag vor dem Landgericht Freiburg verantworten.
Die Taten ereigneten sich der Anklage zufolge in den Jahren 2007 bis 2018. Die Opfer der Verbrechen seien damals neun bis 14 Jahre alt gewesen. Der Mann habe sie in den verschiedenen Kinder- und Jugend-Fußballmannschaften, die er trainierte, kennengelernt. Trainiert habe er bis 2019 Mannschaften in Freiburg und Karlsruhe.
KSC: Es gab keinerlei Verdachtsmomente
Zu den Teams gehörte auch der Karlsruher SC, wie der Verein auf Nachfrage bestätigt. Demnach war der Angeklagte in der Saison 2018/19 nebenberuflich als Jugendtrainer im Nachwuchsleistungszentrum tätig. „Vor Dienstantritt wurde neben dem obligatorischen Bewerbungsgespräch auch ein erweitertes Führungszeugnis eingeholt”, teilt der Verein mit.
Weiter heißt es: „Zudem informierte sich der zuständige Bereichsleiter beim ehemaligen Verein des Trainers.” Vom Dienstantritt bis zum Bekanntwerden der Vorwürfe habe es keinerlei Verdachtsmomente gegen den Trainer gegeben.
„Er war nett und freundlich”
„Er war nett und freundlich uns gegenüber“, sagt einer aus dem Umfeld des Vereins. „Wenn uns im Geringsten etwas aufgefallen wäre, hätten wir es gemeldet.“
Viel mehr erschien der 31-Jährige aber als seriös und arbeitsam. Er hat bei seinen Vereinen unter anderem die U9, U10 oder U15 trainiert. Im Interview mit einem Sport-Magazin äußerte er seine Freude über die Arbeit, auch wenn er dafür jeden Tag am Fußballplatz sein müsse.
Handy-Kamera Fotos von nackten Kindern
Für die Trainingseinheiten beim KSC reiste er jedes Mal aus Freiburg an. In einem Turnierbericht hält ein Karlsruher Verein fest, wie das KSC-Team „mit ihrem sympathischen Trainer“ verloren hat.
Zu den Taten sei es unter anderem in Trainingslagern der Mannschaften gekommen, sagte der Staatsanwalt. Zudem soll der Mann in einer Umkleidekabine der Mannschaft in Karlsruhe mit seiner dort versteckten Handy-Kamera Fotos von nackten Kindern gemacht haben.
Elternabend mit anwesenden Ermittlern
Neben einer Haftstrafe sei Sicherungsverwahrung möglich. Der Angeklagte habe seit seiner Jugend sexuelles Interesse an männlichen Kindern. Dies stelle eine Gefahr für die Allgemeinheit dar.
Der Trainer sei sofort nach Bekanntwerden der Ermittlungen freigestellt worden, erklärt der KSC. Zudem sei ein Elternabend für die betroffene Mannschaft einberufen worden, bei dem auch zwei Ermittler anwesend waren.
Öffentlichkeit für weite Teile ausgeschlossen
Im Anschluss erarbeitete der Verein ein fünfseitiges Konzept, „um dem gebotenen Schutz der ihm anvertrauten Kinder und Jugendlichen in bestmöglicher Weise gerecht zu werden“, wie es darin heißt.
Für weite Teile des Prozesses wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen.
Als Grund nannte das Gericht den Schutz der Persönlichkeitsrechte des Angeklagten. Dieser äußerte sich am Dienstag zu seiner Person und zu den Vorwürfen, bestätigte sein Anwalt.
Urteil Anfang Juli denkbar
Auf die Spur des Mannes kamen Ermittler nach einem Hinweis von US-Behörden. Diese hatten von ihm ins Netz gestellte Dateien mit Kinderpornos entdeckt. Der Mann wurde in Freiburg festgenommen und sitzt seither in Untersuchungshaft. In seiner Wohnung fand die Polizei den Angaben zufolge mehr als 2.000 Dateien mit Kinderpornos.
Der Prozess wird fortgesetzt. Geplant sind laut dem Gericht zunächst fünf Verhandlungstage. Ein Urteil könnte es demnach Anfang Juli geben (Az.: 6 KLs 100 Js 38980/18).
Wie die Jugendarbeit beim KSC funktioniert
Während die unteren Teams des Nachwuchsleistungszentrums in den jeweiligen Junioren-Verbandsligen, Regionalligen oder Oberligen antreten, messen sich die B- und A-Junioren des KSC in der Jugend-Bundesliga unter anderem mit dem Nachwuchs von Bayern München oder der TSG Hoffenheim.
Mit den Perspektivteams bietet der KSC zusätzlich den talentiertesten F- bis D-Jugendlichen auf dem Wildparkgelände ein Mal die Woche ein spezielles Fördertraining.