Skip to main content

Co-Parenting und Co.

Pro & Kontra: Muss das deutsche Familienrecht moderner werden?

Elternschaft zu dritt oder Leihmütter für schwule Paare? Wenn es um moderne Formen des Familienlebens geht, ist die deutsche Rechtslage sehr konservativ. Soll sich das ändern?

Wer ist für ein Kind verantwortlich? Wer darf Elternschaft für sich beanspruchen? Das deutsche Familienrecht ist in diesen Fragen eher konservativ.
Wer ist für ein Kind verantwortlich? Wer darf Elternschaft für sich beanspruchen? Das deutsche Familienrecht ist in diesen Fragen eher konservativ. Foto: photothek/Imago Images

Wenn alleinstehende Frauen per Samenspende ein Kind bekommen möchten, bewegen sie sich in einer rechtlichen Grauzone und können nicht auf finanzielle Unterstützung hoffen, die nur Paaren zusteht.

Single-Männer haben gar keine Möglichkeit, ohne Frau an ihrer Seite ein leibliches Kind zu bekommen – denn Leihmutterschaft ist hierzulande verboten.

Und wer sich zu dritt oder zu mehreren um ein Kind kümmern möchte, fällt ebenso durchs Raster. Andere Länder haben längst flexiblere Gesetze erlassen, um unkonventionelle Modelle der Elternschaft zu ermöglichen.

Muss Deutschland nachziehen? Unsere Redakteure sind unterschiedlicher Meinung.

Pro

von Julia Weller
Das Familienrecht legt einen völlig antiquierten Fokus auf die Ehe als beste und richtige Lebensform.

Deutschland bekommt zu wenig Kinder – weil die, die könnten, oft nicht wollen und die, die wollen, oft nicht dürfen. Vater ist im deutschen Recht, wer zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist. Dabei ist erst einmal egal, ob er das Kind überhaupt gezeugt hat.

Das Familienrecht legt einen völlig antiquierten Fokus auf die Ehe als beste und richtige Lebensform. Zwar ist mit der „Ehe für alle“ bereits ein Stückchen Moderne in die Gesetzbücher eingezogen. Doch beim Fortpflanzungsrecht hört diese Fortschrittlichkeit fälschlicherweise auf.

Für die Entwicklung eines Kindes ist es egal, ob die Eltern einen Trauschein und unterschiedliche Geschlechtsteile haben. Oder wie viele sie sind. Und ob sie sich gegenseitig auch lieben oder nur das Kind. Was zählt, sind Fürsorge und Verantwortung für den Nachwuchs. Wie schön muss es sein, in dem Wissen aufzuwachsen, dass alle Beteiligten sich speziell für das eigene Wohl zusammengefunden haben und kein Ehekrach und keine Scheidung den Familienfrieden bedrohen können?

Unkonventionelle Elternschafts-Modelle wie das Co-Parenting werden immer alltäglicher. Wer auf diese Weise Kinder in die Welt setzt, verdient Unterstützung.

Eltern sollten diejenigen sein, die sich dazu erklären und Verantwortung für ein Kind übernehmen. Dann sollten sie auch die gleichen Rechte genießen wie verheiratete Hetero-Paare: Sorgerecht, Anerkennung und vor allem gesellschaftliche Akzeptanz. Das Familienrecht kann und muss dafür den Grundstein legen.

Kontra

Das Familienrecht wurde immer wieder nachjustiert.

Ist unser Familienrecht so antiquiert, dass es modernisiert werden müsste? Eigentlich nicht, denn das Familienrecht wurde immer wieder nachjustiert, wenn gesellschaftliche Entwicklungen dies notwendig machten. Nun leben wir aber in einer Zeit, in der das Thema Kinder kriegen und Kinder haben sich sehr weit ausdifferenziert hat. Da kann es dann doch immer wieder Ansätze geben, viele Fragen zu Sorge- und Umgangsrecht, zu Verwandtschafts- und Kindschaftsrecht oder Erbrecht neu zu beantworten.

Dennoch lässt die Diskussion um solche Fragen, die oft nur sehr wenige Menschen betreffen, manches außen vor: Kinder werden vor allem als eine Art Vertragsgegenstand betrachtet, soziale und emotionale Betrachtungen kommen zu kurz. Keine Frage, dass Paaren, die keine Kinder bekommen können, geholfen wird. Auch darüber, dass dies bislang nur im Falle verheirateter Paare bezahlt wird, kann man streiten. Mittlerweile ist auch die Adoption von Kindern durch gleichgeschlechtliche Paare geregelt. Aber muss es wirklich für alle denkbaren Zeugungs- und Partnerschaftsvarianten eine gesetzliche Anpassung geben?

Es gilt weiter der besondere Schutz von Ehe und Familie aus dem Grundgesetz. Die Diskussion um ein moderneres Familienrecht läuft Gefahr, dass das klassische Familienmodell mit vielen anderen in einen Topf geworfen wird. Das kann nicht Preis der Modernisierung sein. Die Menschen, die das klassische Familienmodell gewählt haben, dominieren bei weitem unsere Gesellschaft. Ihre verfassungsrechtlich besondere Stellung muss sicher sein, wenn das Familienrecht doch weiter modernisiert werden muss.

nach oben Zurück zum Seitenanfang