Skip to main content

Ausklang des Oktobers

Zu warmer Herbst: Der Rasenmäher läuft in Karlsruhe immer noch

Die Sonne scheint, und der Rasen wächst. Schadet es den Halmen eigentlich, wenn sie erst mit deutlicher Verspätung in ihre winterliche Ruhephase treten? Experten geben Antworten.

Es grünt so grün: Wie hier in der Kleingartenanlage Kohlplattenschlag in der Waldstadt stehen viele Pflanzen im gesamten Stadtgebiet trotz vorgerückter Jahreszeit noch voll im Saft.
Es grünt so grün: Wie hier in der Kleingartenanlage Kohlplattenschlag in der Waldstadt stehen viele Pflanzen im gesamten Stadtgebiet trotz vorgerückter Jahreszeit noch voll im Saft. Foto: Peter Sandbiller

Anneliese Markowiecz kann es kaum glauben: In früheren Jahren hatte die Karlsruherin ihren Garten allerspätestens mit Beginn des Monats November winterfest.

Das Wachstum des Rasens war dann zur Ruhe gekommen, die Obstgehölze – zwei Pflaumen- und ein Apfelbaum – hatten den ganz überwiegenden Teil ihres Blattwerks längst abgeworfen, und auf dem Grundstück hatte die Gartenfreundin die Blätter zu kleinen Häufchen getürmt, als Unterschlupf für Feldmaus und Igel.

Gras wächst wie verrückt

„In diesem Jahr ist alles ganz anders“, seufzt Anneliese Markowiecz. Tatsächlich sieht es im Garten der Seniorin aus, als habe der Sommer gerade mal seinen Zenit erreicht. Die Obstbäume stehen, so scheint es, noch voll im Saft, mangels gefallenen Blattwerks müssen sich Feldmaus und Igel noch gedulden, bevor sie sich im Blatthaufen eine gute Stube einrichten können. Und der sorgsam gepflegte Rasen präsentiert sich in sattem Grün.

Vor allem aber: „Er wächst noch immer wie verrückt“, verdeutlicht die Garten-Liebhaberin und deutet auf ihren Rasenmäher. Der war in früheren Jahren zum November längst im Keller verschwunden. Jetzt fragt sich die Seniorin, ob die diesjährige überlange Wachstumsperiode den Halmen schaden kann.

Irgendwie ist doch alles ziemlich aus den Fugen.
Katalin Magyar, Hobby-Gärtnerin

Überhaupt ist derzeit die Natur an vielen Stellen hinterher. „Ich merke es am Unkraut zwischen den Pflastersteinen“, bestätigt Katalin Magyar aus der Oststadt die Beobachtung von Anneliese Markowiecz. Das wächst und wächst, und wenn es so weitergeht, muss sie auch noch am Nikolaustag mit dem Fugenkratzer ran, schildert die Hausfrau mit einer Mischung aus Belustigung und Genervtheit.

„Irgendwie ist doch alles ziemlich aus den Fugen.“ Andererseits: Noch immer treiben auch die roten Rosen vor ihrem Küchenfenster aus. „Man kann kaum glauben, dass in zwei Monaten das neue Jahr beginnt.“

Gartenarbeit bei Dunkelheit?

Dass die Natur gerade so tut, als sei Spätsommer, bestätigen Karlsruher Gartenprofis. Noch immer stünden viele Gartenpflanzen gut im Saft, berichtet Andrea Wolf vom Gartencenter Floralive in der Rastatter Straße in Rüppurr. Sorgen müsse man sich deshalb aber nicht gleich machen, signalisiert die langjährige Spezialistin für Stauden und Gehölze.

Jetzt den Newsletter für Karlsruhe, Ettlingen und die Hardt abonnieren

Wie geht es weiter mit dem Verkehr und den Baustellen in Karlsruhe? Was wird aus der Wohnungsnot und der Sicherheit in der Innenstadt? Was ist los in der Stadt und was bewegt ihre Bewohner?

Die wichtigsten Infos für Karlsruhe, Ettlingen und die Hardt und exklusive Hintergrundberichte: Das liefert der kostenlose BNN-Newsletter jeden Abend direkt in Ihr Postfach. Jetzt anmelden.

Dem Rasen mache es erst einmal nichts aus, wenn er wegen anhaltend intensiver Sonneneinstrahlung heuer ein paar Wochen später zur Ruhe kommt als in den Vorjahren. Das Problem ist eher ein anderes: Nicht jeder Gartenliebhaber ist scharf darauf, auch noch jetzt – nach der Zeitumstellung – weiterhin draußen tätig zu sein.

Zeit zum Pflanzen: Auch im Spätjahr kann Saison für Gartenarbeit sein, wie hier im Europaschulviertel.
Zeit zum Pflanzen: Auch im Spätjahr kann Saison für Gartenarbeit sein, wie hier im Europaschulviertel. Foto: Peter Sandbiller

„Schließlich wird es ja eine Stunde früher dunkel jetzt“, verdeutlicht Hobbygärtnerin Katalin Magyar das Dilemma. Für sie mit ihrer Vollzeit-Berufstätigkeit ist das ein Problem. Abends noch ein wenig gärtnern – das ist nun nicht mehr drin.

„Krautige Pflanzen kommen gut zurecht“

Dass das aktuelle Pflanzenjahr selbst unter Berücksichtigung des Klimawandels ungewöhnlich war, bestätigen auch die Experten des Botanischen Instituts am KIT. In den vergangenen Jahren sei bereits der August relativ kühl gewesen, erinnert sich die Wissenschaftliche Mitarbeiterin Gabriele Jürges.

Die jetzige warme Witterung und die vergleichsweise intensive Sonneneinstrahlung führen trotz der kürzer gewordenen Tage noch immer zu wachsendem Gras, erklärt die promovierte Biologin. Und auch sie betont: Deshalb muss sich niemand Sorgen machen um seinen Rasen. „Gerade krautige Pflanzen kommen damit gut zurecht.“

Erst recht, wenn die Grashalme bereits tiefe Wurzeln haben, ergänzt die Gartenbauexpertin Birgit Mayer. Die Diplom-Ingenieurin für Garten- und Landschaftsplanung ist seit vielen Jahren in der Gartenpflege tätig und hat dabei unzählige Gärten gesehen. Aus Erfahrung ist sie sich sicher, dass die Blätter in nächster Zeit verstärkt fallen werden.

Ruhe vor dem Laubbläser-Sturm

Auch in den Grünanlagen von Stadt und Land macht sich der außergewöhnlich ausgedehnte Sommer bemerkbar. Die motorgetriebenen Laubbläser haben noch nicht das Kommando übernommen.

„Das genieße ich sehr“, meint Dimitri Mandelstam, der am Schlossgartensee auf einem der dortigen steinernen Quader Platz genommen hat und die wärmenden Sonnenstrahlen genießt. „Das ist zumindest ein kleiner positiver Effekt des Klimawandels.“

nach oben Zurück zum Seitenanfang