Skip to main content

Materialknappheit

Autohäuser im Karlsruher Norden über Ersatzteilmangel: „So eine Situation habe ich noch nie erlebt“

Die Lieferzeiten steigen, die Preise für Gebrauchtwagen auch. Mikro-Chips und Halbleiter sind Mangelware. Die Branche in der Region steht vor bisher unbekannten Herausforderungen.

Kfz-Meister Daniel Kirschbaum aus Linkenheim-Hochstetten checkt ein Fahrzeug. Viele Elemente, die mit der elektronischen Steuerung des Wagens zu tun haben, sind derzeit Mangelware.
Kfz-Meister Daniel Kirschbaum aus Linkenheim-Hochstetten checkt ein Fahrzeug. Viele Elemente, die mit der elektronischen Steuerung des Wagens zu tun haben, sind derzeit Mangelware. Foto: Volker Knopf

Der Mangel an Ersatzteilen macht der Autoindustrie erheblich zu schaffen. Insbesondere fehlende Halbleiter und Mikro-Chips sorgen dafür, dass deutlich weniger Fahrzeuge auf dem Markt sind, als die Nachfrage erfordert. Die Folge: mehrmonatige Wartezeiten für Käufer eines Neuwagens.

Im Oktober 2021 habe es rund 35 Prozent weniger Pkw-Neuzulassungen als im Vorjahr gegeben, berichtet der ADAC anhand von Daten des Kraftfahrt-Bundesamts. Die Mangelwirtschaft hat auch längst den nördlichen Karlsruher Landkreis erreicht.

Daniel Kirschbaum schüttelt den Kopf. „So eine Situation habe ich noch nie erlebt. Unser Hof ist leer. Nur noch ein Fahrzeug haben wir vorrätig, der Rest ist abverkauft. Das ist schon krass“, sagt der Geschäftsführer vom Autohaus Kirschbaum in Linkenheim-Hochstetten.

In den Werkstätten ist Improvisation gefragt

Etliche Teile, die mit der elektronischen Steuerung von Fahrzeugen zu tun haben, kämen nur sehr schleppend rein. „Uns fehlen Elektronik-Komponenten, Halbleiter, Chips, Safety-Teile. Selbst Acrylglas fehlt“, berichtet der Kfz-Meister und Betriebswirt. Mittlerweile würden die Autobauer sogar halbfertige Fahrzeuge liefern. „Dann ist natürlich Improvisation angesagt“, so der 41-Jährige, der neben EU-Fahrzeugen vor allem Caravans und Wohnmobile in seinem Betrieb mit Werkstatt verkauft.

Es wird immer schwerer für uns zu planen.
Klaus-Dieter Morrkopf, Senior-Chef im Autohaus Morrkopf in Weingarten

Nicht anders ist die Situation im Autohaus Morrkopf in Weingarten. „Die Lieferzuverlässigkeit hat stark nachgelassen. Es wird immer schwerer für uns zu planen. Jeder schaut jetzt selbst, wo er Chips herbekommt“, sagt Senior-Chef Klaus-Dieter Morrkopf. Die Krise im Neuwagen-Sektor habe längst auch den Gebrauchtwagenmarkt erreicht. Hier klettern die Preise. Denn wer den gewünschten Neuwagen nicht bekommt, greife eben auf einen Gebrauchten zurück.

Eine These für die aktuellen Lieferengpässen bei Chips und Halbleitern liefert der Senior-Chef gleich mit. Die Auto-Industrie habe während der Pandemie geschlafen in der Vermutung, dass der weltweite Automobil-Absatz sinken werde.

„Die Unterhaltungsindustrie war da schneller. Chips und Steuerelemente werden ja auch bei Computern, Laptops oder Smartphones gebraucht. Die haben die Verträge gemacht und wir sitzen auf dem Trockenen“, so Morrkopf. Er hofft, dass Mitte nächsten Jahres wieder eine Verbesserung der Situation eintritt. Bis dahin helfe nur die klare und offene Kommunikation mit dem Kunden.

Auch Walter Burgstahler, Senior-Chef vom Autohaus Burgstahler in Linkenheim-Hochstetten, sieht die Problematik darin begründet, dass die Autoindustrie während der Corona-Krise nicht rechtzeitig gehandelt habe – im Gegensatz zu Computer- und Medienherstellern.

Wartezeit für ein Ersatzteil kann bei einem halben Jahr liegen

Ob Navi oder Fahrassistent: das Gros des Inventars im Fahrzeug sei von der Elektronik abhängig. „Wir müssen auf Halbleiter und Elektronikteile mittlerweile vier bis sechs Monate warten“, berichtet Burgstahler. Aber im Haus sei man insgesamt gut aufgestellt. Viele Teile befänden sich noch im Lager. Land in Sicht sieht er ebenfalls frühestens Sommer 2022, wenn die Mikro-Chip-Produktion angekurbelt werde.

Anders als bei den Kollegen in der Hardt ist die Situation beim Autohaus Zondler in Graben-Neudorf. Der Grund: Der Autohändler ist auf den südkoreanischen Hersteller Hyundai spezialisiert. „Bei Hyundai wird ganz viel selbst produziert. Die sind relativ autark. Die produzieren sogar ihren eigenen Stahl und Aluminium. Wir haben in Deutschland dagegen viel verschlafen“, meint Geschäftsführer Martin Zondler.

Probleme mit Ersatzteilen habe es bei deutschen Herstellern schon vor Corona gegeben. Vieles in der aktuellen Misere hält er deshalb für hausgemacht.

nach oben Zurück zum Seitenanfang