Skip to main content

Hitze bedroht Pflanzen und Bodenlebewesen

Expertin gibt in Stutensee Tipps für die Gestaltung naturnaher Gärten

Denken in Kreisläufen wird empfohlen: Wenn Wildblumen im Sommer vertrocknen, haben sie sich schon tausendfach ausgesät und keimen im Herbst wieder.

Im Naturnahen Garten finden sich Lebensräume für alle – Pflanzen, Tiere, Insekten, Bodenlebewesen und Menschen. Angepflanzt wird nach dem Vorbild der Natur.
In einem naturnahen Garten finden sich Lebensräume für Pflanzen, Tiere, Insekten, Bodenlebewesen und Menschen. Foto: Sabine Hahn

Blühende Osterglocken zu Fastnacht am Oberrhein. „So einen frühen Vegetationsbeginn wie in diesem Jahr hatten wir noch nie“, stellt Helga Terlinden-Steinig fest. Die Vorsitzende der Ortsgruppe Stutensee des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat zur Veranstaltung „Gartengestaltung in Zeiten des Klimawandels“ eingeladen. Dass es sich bei den milden Februartemperaturen nicht nur um Wetterkapriolen handelt, darüber sind sich die rund 40 Teilnehmer einig. Aber wie kommt der Hausgarten mit heißer werdenden Sommern, Starkregen und Stürmen im Herbst und Winter zurecht? Und was kann der Hobbygärtner tun, um ihm dabei zu helfen?

Die Erde ist ein lebendiger Organismus.
Michaela Senk
Landschaftsgärtnerin

„Die Erde ist ein lebendiger Organismus“, sagt Michaela Senk, die Referentin des Abends. Die Landschaftsgärtnerin vom Karlsruher Gartenbaubetrieb GartenSpielRaum gestaltet naturnahe Gärten, Spielräume und öffentliches Grün. „Der aktuelle Klimawandel ist wie Fieber beim Menschen. Die Natur reguliert sich selbst, sucht sich ihr neues Gleichgewicht.“

Geht es nach Senk, sollten die Zeiten des gepflegten Rasens vorbei sein. Ständiges Düngen, Wässern und Mähen sei nur Zeit- und Geldverschwendung. Der Rasen habe ohne Schatten bei hoher Sonneneinstrahlung kaum eine Überlebenschance. „Selbst wenn Rollrasen anwächst, bei der nächsten Hitzeperiode verbrennt er, der Boden trocknet aus, wird hart und kann kein Wasser mehr aufnehmen“, so Senk. Das Ergebnis: „Sowohl der Rasen, als auch der Boden ist tot.“

Was bleibe, seien Unkräuter mit langen Pfahlwurzeln. Es liege an jedem einzelnen Menschen, etwas daran zu ändern, indem er einen Naturgarten gestaltet und heiße Lebensräume schafft – nicht nur für Menschen, sondern auch für Pflanzen, Tiere, Insekten und Bodenlebewesen. Schon kleine Veränderungen würden wirken: Ein Steinhaufen wird zur Heimat von Eidechsen, in einer Wildstrauchhecke nisten Vögel, eine Blumenwiese lockt heimische Insekten, Versickerungsflächen halten Regenwasser im Garten, Kräuter- und Gemüsebeete versorgen die Familie.

Bei der Auswahl der Pflanzen setze der naturnahe Gärtner auf heimische Gewächse. Verschiedene Straucharten sorgten mit unterschiedlichen Blüh- und Fruchtphasen für Abwechslung. Vielfalt bewirke zudem eine geringere Anfälligkeit für Schädlinge und Pilzbefall. Das klassische Staudenbeet nach Pflanzplan sei im Naturgarten nicht sinnvoll, so Senk weiter. Denn heimische Stauden und Wildkräuter säen sich jedes Jahr aus und wandern dorthin, wo es ihnen gefällt. Beim Kauf solle man deshalb gezielt nach heimischen Wildstauden suchen und diese im Garten ansiedeln.

Heimische Pflanzen füllen die natürliche Samenbank

„Magerrasen, Blumenwiesen, trockene Säume und Felshänge werden zukünftig wichtiger“, so die Referentin. „Wenn Wildblumen im Sommer vertrocknen, haben sie sich schon tausendfach ausgesät und keimen im Herbst wieder.“ So seien heimische Pflanzen unsterblich und füllten jedes Jahr neu die natürliche Samenbank im Boden. Auch Insekten bräuchten heimische Pflanzen. „Für Insekten gilt das Schlüssel-Schloss-Prinzip.“ 32 Prozent der heimischen Wildbienen leben oligolektisch und sammeln ausschließlich Pollen einer Pflanzenart.

Brennt die Sonne im Sommer auf den Rasen, steigen die Temperaturen in Bodennähe auf bis zu 60 Grad. Pflanzen und Bodenlebewesen werden bedroht. Deshalb seien in Zeiten des Klimawandels heimische, trockenheitsverträgliche Bäume, Sträucher, Wildkräuter und hochwachsende Blumenwiesen zur Beschattung für den Bodenschutz so wichtig. Kompost reichere den Boden mit Nährstoffen an und spende zudem Feuchtigkeit.

Naturnah Gärtnern verlange, in Kreisläufen zu denken – sowohl beim Düngen mit eigenem Kompost aus Gartenabfällen als auch beim Bewässern. Durch Kieswege oder Trittplatten und geschotterte Stellplätze anstelle von Pflaster würden Flächen entsiegelt, über Versickerungsmulden werde dem Boden Regenwasser zugeführt. Der Garten werde zum „Schwammgarten“. Ein Regendieb an der Dachrinne ermögliche, Regenwasser zum Gießen oder für den eigenen Gartenteich zu nutzen.

„Besser nur zweimal die Woche reichlich gießen als täglich wenig. Vor allem nur die Pflanzen, die es wirklich brauchen“, betont Senk. „Man erzieht sich anspruchsvolle Pflanzen selbst, wenn man jeden Tag mit dem Schlauch gießt.“ Wassersäcke an Bäumen sieht die Expertin eher kritisch, denn sie begünstigten Pilze und Schimmel. Den Boden mit Grasschnitt, Rindenmulch, Laub oder Staudenschnitt abzudecken helfe, die Verdunstung von Wasser zu reduzieren.

nach oben Zurück zum Seitenanfang