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Nachfolge im Handwerk

Generationswechsel im Karlsruher Norden: Wenn die Kinder den Betrieb nicht wollen

Die Innung rät Geschäftsinhabern, sich ab 55 Jahren Gedanken über die Nachfolge zu machen. Es gibt zwischen Walzbachtal und Graben-Neudorf mehrere Beispiele, wie so ein Generationswechsel gelingen kann.

Erfolgreiche Übernahme: Seit Anfang 2022 ist Florian Rödel Chef der Bäckerei Friebolin in Walzbachtal. Nicht immer gelingt die Nachfolge so wie hier in Wössingen.
Erfolgreiche Übernahme: Seit Anfang 2022 ist Florian Rödel Chef der Bäckerei Friebolin in Walzbachtal. Nicht immer gelingt die Nachfolge so wie hier in Wössingen. Foto: Volker Knopf

Laut einer aktuellen Studie der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) suchen bis Ende 2026 rund 560.000 der etwa 3,8 Millionen mittelständischen Unternehmen in Deutschland einen Nachfolger. Etwa 190.000 von ihnen, so das Ergebnis der Studie, planen ohne Nachfolgeregelung gänzlich aus dem Markt zu verschwinden.

Auch im nördlichen Karlsruher Landkreis ist das Problem greifbar. Alexander Fenzl, Pressesprecher der Handwerkskammer Karlsruhe, schätzt, dass in den kommenden fünf Jahren 20 Prozent der Handwerksbetriebe in der Region einen Nachfolger suchen.

Früher wurde der Betrieb meist innerhalb der Familie übernommen. Aber das hat sich geändert.
Alexander Fenzl, Pressesprecher der Handwerkskammer Karlsruhe

Vor rund 30 Jahren habe es im Kammerbezirk Karlsruhe noch mehr als 1.000 Meisterbetriebe gegeben, so Fenzl. Aktuell seien es noch etwas mehr als ein Drittel. „Früher wurde der Betrieb meist innerhalb der Familie übernommen. Aber das hat sich geändert. Oft hat der Nachwuchs kein Interesse und orientiert sich beruflich anders“, stellt er fest.

Zudem fehle es zuweilen auch an der richtigen Einschätzung der Betriebsbewertung. „Da klaffen Vorstellung und die Realität manchmal auseinander. Zudem herrscht oft Investitionsstau“, so Fenzl. Man könne nicht davon ausgehen, dass ein Nachfolger alte Geräte für teures Geld übernehme oder selbst große Summen investiere.

Die Problematik der Nachfolge-Suche kennt auch Sven Herrwerth, Obermeister der Fleischerinnung Karlsruhe-Bruchsal. Er rät dazu, sich frühzeitig vorzubereiten.

„Am besten man fängt schon mit 55 Jahren bis 60 Jahre an sich Gedanken zu machen, falls die die Kinder nicht bereitstehen“, so der Metzger-Meister aus Kirrlach. Wichtig sei auch, dass die Chemie zwischen Betriebsinhaber und potenziellem Nachfolger stimme.

Er kenne positive Bespiele der Betriebsübernahme, so wie in Graben-Neudorf: Dort übernahm Metzgermeister Jannik Gußner aus Franken den Traditionsbetrieb Mayer Mitte 2021.

Metzgerei in Stutensee hat nach über 100 Jahren aufgehört

Es gebe aber auch Beispiele, wo kein Nachfolger gefunden wurde – so wie bei der Metzgerei Daurer in Stutensee, die erst kürzlich nach über 100 Jahren den Betrieb einstellte.

Ähnlich gelagert ist die Nachfolge-Problematik beim Bäckerhandwerk. Karlsruhes Innungs-Obermeister Karl-Heinz Jooß spricht ebenfalls von häufigem Investitionsstau bei althergebrachten Betrieben. „Da geht es oft um Summen von mehreren 100.000 Euro. Das ist nicht unproblematisch“, weiß der Karlsruher Stadtrat.

Zumal in Zeiten der Energiekrise die Branche ohnehin zu kämpfen habe: „Wir arbeiten mit Backofen und Tiefkühlung. Uns trifft die Energiekrise hautnah.“

Florian Rödel übernimmt Anfang 2022 Traditionsbäckerei in Walzbachtal

Es gibt aber auch Beispiele und Menschen, die ein Wagnis eingehen. Eine geglückte Nachfolge gab es Anfang 2022 in Walzbachtal. Dort übernahm Florian Rödel die Traditionsbäckerei Friebolin, als der bisherige Inhaber Horst Friebolin in Rente ging. „Das war für Beide ganz klar eine Win-win-Situation. Ich habe die Chance ergriffen und es nicht bereut“, sagt Bäcker Florian Rödel. Eines war ihm ganz wichtig: Keiner der Angestellten musste gehen. „Wir sind wie eine kleine Familie“, sagt der 36-Jährige.

Zupass kam dem Pfälzer, dass er bereits acht Jahre bei Friebolin als Geselle gearbeitet hatte. Auch investieren musste er nicht übermäßig: „Wir haben auch noch alte Geräte, die aber topp in Schuss sind. Die funktionieren eigentlich besser als die Neuen, bei denen immer was ist“, meint er schmunzelnd.

Lediglich ein neues Kassensystem war nötig. Er habe eine gut geführte Bäckerei unternommen, resümiert er. Und: Der frühere Chef ist weiterhin eingebunden. Einmal die Woche hilft er aus.

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