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Wann kommt die Wärmewende?

Graben-Neudorf setzt auf Tiefengeothermie und wird als Klimaschutzgemeinde ausgezeichnet

Kommune lässt sich erstmals für den European Energy Award zertifizieren und steht als Neuling besser als andere Gemeinden da.

Gemeinderäte und Mitarbeiter feierten gemeinsam mit Bürgermeister Christian Eheim die Auszeichnung mit dem European Energy Award vor dem Rathaus.
Gemeinderäte und Mitarbeiter feierten gemeinsam mit Bürgermeister Christian Eheim die Auszeichnung mit dem European Energy Award vor dem Rathaus. Foto: Nathalie Rösch

Vor drei Jahren hatte sich Graben-Neudorf entschlossen, am European Energy Award teilzunehmen. Mit großem Erfolg, wie nun feststeht. Die im Zertifizierungsverfahren definierten Maßnahmen sollen die Gemeinde bis zum Jahr 2035 klimaneutral machen. Im November fand durch die Umwelt- und Energieagentur Kreis Karlsruhe die Zertifizierung statt.

„Mit 63 Prozent der möglichen Punkte erzielte Graben-Neudorf das beste Ergebnis einer Erstzertifizierung im Landkreis“, ist im Abschlussbericht zu lesen.

„Die Auszeichnung unserer Gemeinde als ‚Europäische Energie- und Klimaschutzkommune‘ belegt eindrucksvoll, welch hohen Stellenwert Umwelt- und Klimaschutz in Graben-Neudorf haben“, sagt Bürgermeister Christian Eheim (SPD). Durch einen Maßnahmenkatalog soll Energie eingespart, mehr erneuerbare Energiequellen genutzt und nicht erneuerbare Ressourcen effizienter eingesetzt werden.

Für die Wärmeerzeugung wurden 2020 in Graben-Neudorf noch 49 Prozent Gas und 26 Prozent Heizöl verwendet. Bis zum Jahr 2050 soll Heizöl als Energieträger entfallen und Gas auf sieben Prozent reduziert werden. Fernwärme soll bis dahin zu 73 Prozent den Wärmebedarf decken, vor allem aus der Tiefengeothermie.

Wärmenetz in Graben-Neudorf setzt auf die Tiefengeothermie

Wohngebiete wurden deshalb in Areale für Wärmenetzversorgung und solche mit vorwiegender Nutzung von Einzelheizungen unterteilt. Die Wärmenetzversorgung überwiegt dabei deutlich. Einzelheizungen sind dort vorgesehen, wo bereits energieeffiziente Wohngebäude vorhanden sind und somit der Energiebedarf gering ist oder keine dichte Bebauung vorliegt.

„Aktuell gehen wir davon aus, dass wir mit dem Bau von Wärmenetzen frühestens in fünf Jahren beginnen können“, sagt der Klimaschutzbeauftragte Stefan Stängle. „Die Deutsche Erdwärme wird im nächsten Jahr mit der zweiten Tiefenbohrung beginnen. Sobald Ergebnisse vorliegen, können wir konkret planen.“

Für kommunale Liegenschaften und gemeindeeigene Wohngebäude wurden Gebäudesteckbriefe erstellt, die nötige Sanierungsmaßnahmen zur Energieeffizienz aufzeigen. Priorisiert werden die Vorhaben, die die größten Einsparpotenziale bringen. Die Pestalozzi-Sporthalle wird dabei als nächstes untersucht werden.

Bei kommunalen Dachflächen soll dabei schrittweise eine Vollbelegung mit Fotovoltaikflächen erreicht werden. Bei Nichtwohngebäuden setze die Statik der Dächer oftmals die Grenzen, auch trotz augenscheinlich vorhandener freier Flächen.

„Mit unserem Klimaschutz-Förderprogramm unterstützen wir unsere Einwohner, die selbst etwas für den Umwelt- und Klimaschutz tun möchten“, so Stängle. Gefördert wird die erneuerbare Stromerzeugung mit Fotovoltaik, eine umweltfreundliche Gebäudesanierung mit ökologischen Dämmstoffen, nachhaltige Mobilität, die Begrünung von Dächern und Fassaden sowie die Entsiegelung von Flächen.

„Neben Fördergeldern bieten wir auch eine kostenlose, einstündige Energieberatung an. Das Angebot wird von der Bevölkerung sehr gut angenommen.“ Jeder, der seinen Energieverbrauch für einzelne Geräte erfassen möchte, kann sich in der Bibliothek Strommessgeräte ausleihen. Bei Veranstaltungen ist häufig das PV-Mobil zu Gast. Es soll weitere Informationen zum Fotovoltaik-Ausbau liefern.

Radfahren soll in der Gemeinde sicherer werden

Dem öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) fällt eine zentrale Rolle zu. Bus und Bahn profitieren von ihrer hohen Taktdichte. „Wir haben ein großes Angebot von Park-and-Ride-Plätzen am Bahnhof und bieten dort mit dem RegioMove-Konzept auch Car-Sharing und Fahrradverleih an. Zusätzliche Fahrradabstellplätze sind geplant“, so der Klimabeauftragte.

Grundsätzlich soll Radfahren in Graben-Neudorf sicherer werden. Bei Fußwegen geht es um Barrierefreiheit und taktile Leitsysteme für sehbeeinträchtigte Menschen. Für E-Auto-Besitzer wird die Ladeinfrastruktur weiter ausgebaut. In dieser Woche wurde mit der Midorion GmbH aus Stutensee ein Vertrag für vier Schnellladesäulen unterzeichnet. Die Standorte sollen im Ortsteil Neudorf am Festplatz und im Ortsteil Graben nahe des Ehrenhains entstehen.

Das Konzept ‚Grün-Blaue Infrastruktur‘ beschäftigt sich mit der Entsiegelung von öffentlichen Flächen, beispielsweise im Bereich der Pestalozzischule, des Rathauses und des Bahnhofs. „Wir wollen unsere Grünräume miteinander verbinden“, so Stängle. „Es geht uns um die Verbesserung des Klimas innerorts, aber auch um ökologische Aspekte der Biodiversität und um die Lebensqualität unserer Bürgerinnen und Bürger.“ Aktuelles Projekt ist die gestalterische und ökologische Aufwertung des Saalbachkanals.

Viele der Maßnahmen bringen nicht nur Vorteile zum Klimaschutz, sondern entlasten langfristig auch den kommunalen Haushalt durch die wirtschaftliche Reduzierung von Betriebskosten. Die Straßenbeleuchtung ist mittlerweile größtenteils auf LED umgestellt. Die Stromkosten haben sich um die Hälfte reduziert.

Wie beim Sport, so auch beim European Energy Award: Nach dem Sieg ist vor dem Sieg. 2027 steht die nächste Zertifizierung an. Das vom Gemeinderat verabschiedete Arbeitsprogramm ist nach Aussage der Umwelt- und Energieagentur Kreis Karlsruhe eines der ambitioniertesten im Landkreis. Um die Auszeichnung in Gold zu erhalten, müssen dann im Schnitt 78,6 Prozent über alle Handlungsfelder hinweg erreicht werden.

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