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Rückkehr zur alten Gymnasialform

Schulleiterin in Pfinztal erwartet Umstellung auf G9 frühestens für 2025/26

Schulleiter im nördlichen Landkreis Karlsruhe sind sich uneinig darüber, ob ein Parallelbetrieb von G8 und G9 an einer Schule sinnvoll ist.

Vier von fünf Kindern von Eltern, die beide Abitur und ein hohes Nettoeinkommen haben, gehen auf ein Gymnasium (Symbolbild).
Die Schulen bereiten sich auf die Umstellung vom achtjährigen Gymnasium zurück auf das neunjährige Gymnasium vor – hier ein Symbolbild. Geprüft werden muss unter anderem, wie es mit dem Raumangebot aufgeht. Foto: Uli Deck/dpa

Zum Schuljahr 2004/05 wurde in Baden-Württemberg an den allgemeinbildenden Gymnasien der neunjährige Weg zum Abitur (G9) um ein Schuljahr verkürzt.

Über G8 wurde diskutiert, beraten und gestritten. Der damalige Hype hat sich bald gelegt, und der Ruf, zu G9 zurückzukehren, wurde lauter. Zwischenzeitlich hatten sich Gymnasien in Karlsruhe entschlossen, zu G9 zurückzukehren – was Zulauf aus dem Umland brachte.

„Wenn es nach mir ginge, müsste man sofort auf G9 umstellen“, sagt Ulli Hautzinger, Schulleiter der Christlichen Schule Hardt (CSH) in Linkenheim-Hochstetten. Dort wurden zum Ende des vergangenen Schuljahrs die ersten Schüler mit ihrem Reifezeugnis aus dem neuen gymnasialen Zug entlassen. Dort ist die Sekundarstufe II einzügig.

G8 geht bei manchen Schülern auf Kosten von Sport und Verein

„Wir mussten den neuen Zug mit G8 starten“, sagt Hautzinger. „Abgesehen davon, dass wir mehr Deputate brauchen, wenn G9 wieder Standard würde. Ich sehe vor allem die deutlich höhere Belastung für die Schülerinnen und Schüler in G8.“ Insofern sei G9 eine Erleichterung für die Schüler.

Manche Schüler müssten bei G8 ihr Sportpensum reduzieren, weil die Zeit fehle, vor allem für Leistungssportler. Auch diejenigen, die in einem Orchester oder einem Verein musizierten, treffe G8 hart. „Bei zwei- bis dreimal Nachmittagsunterricht in der Woche bleibt kaum Zeit für Hobbys. Die Freizeit bleibt auf der Strecke.“ Er sei froh, dass die Petition des Elternbeirats für G9 vorliege.

„Unser Vorteil ist, dass wir als Verbundschule, in der das allgemeinbildende Gymnasium mit Musikprofil ein Baustein ist, gute Möglichkeiten bieten können, wenn Schüler von einem in den anderen Zug wechseln wollen“, sagt Hautzinger. „80 Prozent der Abiturienten machen nach der Reifeprüfung ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ). G9 eignet sich besser für nachhaltiges soziales Engagement, wenn sich die jungen Menschen zum Beispiel in Vereinen einbringen.“

Mangel an Freizeit bei verstärktem Nachmittagsunterricht – in den Klassen sechs bis neun zweimal, in den zehnten Klassen dreimal – und dessen Auswirkungen auf die Freizeit der Schüler führt auch Elke Engelmann, Schulleiterin am Ludwig-Marum-Gymnasium (LMG) in Pfinztal, an. Sie wünscht sich ebenfalls die Rückkehr zu G9.

„Ich denke, dass frühestens zum Schuljahr 2025/26 umgestellt werden kann. Bei Anmeldeterminen im März wäre der kommende September zu früh“, sagt sie. Unter den Schülerinnen und Schülern sei das Thema eher unbedeutend. „Diejenigen, die schon da sind, müssen ihr G8 weitermachen und abschließen. Ein möglicher Wechsel spielt bei ihnen keine Rolle.“

Keine gravierenden Auswirkungen auf Schulbetrieb erwartet

G9 sei beliebter als G8. „So empfinde ich das nach vielen Gesprächen“, so Engelmann. Beide Formen parallel halte sie für möglich, das werde von den Eltern aber nicht nachgefragt. Auch sie sieht einen Nachteil in der kürzeren Schulzeit darin, dass weniger Kinder ein Instrument erlernten: „Früher war unser Orchester größer.“

Auf den Schulbetrieb erwartet sie keine gravierenden Auswirkungen: „Wir hatten früher etwa 100 Abiturienten, jetzt sind es 80 bis 90. Dabei wirkt sich auch der demografische Wandel aus.“ Räumlich und mit der aktuellen Ausstattung sei G9 machbar. Man bräuchte dann mehr Bücher. Aber die Schülerzahl wachse derzeit langsamer als früher.

Wir brauchen ein neues G9, das frühere passt nicht mehr.
Christian Beck
Schulleiter am TMG

„Als wir die Entscheidung für G8 getroffen haben, meinten wir, dass das richtig wäre“, sagt Christian Beck, Leiter des Thomas-Mann-Gymnasiums (TMG) in Stutensee. 2004 habe es den Bildungsplan dafür gegeben. Danach hätten viele Bundesländer umgestellt. „Wir sind seit etwa 15 Jahren dabei“, so Beck. Man habe die starke Kompetenzorientierung gesehen, und G8 sei damals fortschrittlich gewesen.

„Wir brauchen ein neues G9, das frühere passt heute nicht mehr“, ist Beck überzeugt. Die Vorbereitung werde Zeit brauchen, um mit der gebotenen Sorgfalt die inhaltlichen Schwerpunkte zu setzen. „Wenn man das Ziel kennt, findet man den Weg“, sagt Beck. Aber: Beide Varianten parallel anzubieten, betrachte er wegen Reibungsverlusten als unvorteilhaft.

Fünf Jahre hält er für realistisch, ehe die neue Form komme. Es sei denn, es wäre politischer Wille, G9 schneller zu starten. Gravierende Auswirkungen erwartet er nicht, der Kostenfaktor wird seiner Meinung nach überschätzt. Aber es seien mehr Lehrer nötig, die Kollegien müssten langsam wachsen.

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