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Neuanfang

Im Brettener Standesamt: Brautpaar ist zusammen fast 170 Jahre alt

Der damals noch 85-jährige Herbert Schäfer und die 84-jährige Waltraud Wackler haben sich im Brettener Rathaus das Ja-Wort gegeben.

Die frisch Vermählten Herbert Schäfer und Waltraud Wackler
Die frisch Vermählten Herbert Schäfer und Waltraud Wackler haben sich über die Nachbarschaftshilfe kennengelernt. Foto: Monika Eisele

Heiraten an sich ist nichts Ungewöhnliches. Dass ein Brautpaar zusammen fast 170 Jahre alt ist, das jedoch schon. Am 12. Oktober haben sich der damals noch 85-jährige Herbert Schäfer und die 84-jährige Waltraud Wackler im Brettener Rathaus das Ja-Wort gegeben.

Eheleute haben sich in Bretten kennengelernt

Kennengelernt haben sich die frisch Vermählten Anfang des Jahres. Waltraud Wackler war etwa zweieinhalb Jahre zuvor von Stuttgart nach Bretten gezogen. Sie wollte näher bei den beiden Söhnen wohnen, nachdem ihr Mann verstorben war.

Die Pandemiebeschränkungen machten den Neuanfang zunächst schwer. „Ich erinnere mich, dass ich bei einem Gottesdienst im Freien war – mit Maske damals noch. Am Ende kam der Pfarrer auf mich zu und begrüßte mich. Das hat so gut getan, trotz Maske gesehen zu werden“, erzählt Wackler.

Als man wieder durfte, hat sie Kontakt zur Nachbarschaftshilfe aufgenommen. „Das habe ich auch schon vorher gemacht. Ältere Menschen sind mir schon immer wichtig und das Ehrenamt hat mir gefehlt“, so Wackler.

Fast zur gleichen Zeit hatte Herbert Schäfer von der Nachbarschaftshilfe gehört. Seit dem Tod seiner Frau war er oft allein in seinem großen Haus. „Es ist ja nicht so, dass ich mich nicht beschäftigen könnte oder keine Bekannten hätte. Aber es fehlt halt jemand, der da ist und zum Reden“, sagt Schäfer, der außer einem Stiefsohn keine Familie mehr hat.

Wir konnten von Anfang an über alles reden, haben auch viele Gemeinsamkeiten.
Herbert Schäfer
Ehemann

Mit Barbara Leize von der Nachbarschaftshilfe ging Waltraud Wackler Anfang des Jahres zu Herbert Schäfer. „Die Frau Leize meinte, das könnte passen“, erzählt Wackler. Und das hat es dann auch. „Wir konnten von Anfang an über alles reden, haben auch viele Gemeinsamkeiten“, sagt Schäfer.

Vereinbart waren wöchentlich zwei Stunden Besuch. „Wir haben meistens doppelt so lange geredet“, sagt Wackler. So haben sich nach und nach tiefere Gefühle füreinander entwickelt. „Irgendwann war es dann Liebe“, sagt Wackler. Natürlich habe sie sich auch ihre Gedanken gemacht, ist schwer damit umgegangen – des Alters wegen. „Gemeinhin bleibt man da ja eher allein“, so Wackler.

Nach spontaner Umarmung bricht Eis

Nach einem ihrer weiteren Treffen hat sie Herbert Schäfer spontan zum Abschied umarmt. „Das hatte sich so ergeben und dann war das Eis gebrochen“, erzählt Wackler weiter. Heiraten sei für sie aber zuerst kein Thema gewesen. „Ich habe Herbert dann mal gefragt, ob er heiraten wolle und er hat ,Sofort‘ gesagt“, sagt Wackler und beide lächeln sich glücklich an.

Sie haben sich dann auch beraten lassen, wie das rechtlich sei und damit alles in geregelten Bahnen läuft. Der Rechtsanwalt habe ihnen zur Heirat geraten. Barbara Leize hat sie zu einer mutigen Entscheidung beglückwünscht. Freunde und die Kinder von Waltraud Wackler freuten sich mit dem Paar.

Man sollte sich nicht vom Alter beschränken lassen und trotzdem was für sich machen.
Waltraud Wackler
Ehefrau

Ihre beiden Söhne und auch die Tochter, die bei Leipzig wohnt, sind samt Enkel zur Trauung gekommen. „Die Standesbeamtin hat gesagt, es wäre ihre schönste Trauung gewesen“, berichtet Wackler. Nachdrücklich möchte sie andere ältere Menschen dazu ermutigen, diesen Schritt zu wagen. „Man sollte sich nicht vom Alter beschränken lassen und trotzdem was für sich machen“, sagt Wackler.

Noch tragen beide ihre jeweiligen Nachnamen. In Schäfers Haus wird gerade geräumt und ein bisschen umgebaut. Wenn alles fertig ist, wollen beide dort gemeinsam wohnen, dann wird aus Waltraud Wackler auch Waltraud Schäfer. „Sonst müsste ich ja alles zweimal ändern“, erklärt sie den ganz praktischen Grund.

Bis dahin sind sie abwechselnd in Schäfers Haus oder Wacklers Wohnung. „Inzwischen bin ich lieber bei Waltraud. Bei mir ist es gerade etwas unwohnlich“, sagt Schäfer.

Da sie über alles miteinander reden können, können sie auch mit den jeweiligen Gewohnheiten des Anderen gut umgehen. „Dafür braucht es Rücksicht und Respekt. Aber das ist ja eigentlich auch bei Jüngeren so“, sagt Wackler. Sie engagiert sich weiter in der Nachbarschaftshilfe, ist im Seniorenkreis und geht zum Seniorentanz.

Kirchliche Trauung ist geplant

Demnächst kommt dann noch der Garten am Haus dazu. Gärtnern ist eine große Leidenschaft von Wackler, für die sie vom Stuttgarter Oberbürgermeister mehrfach eine Auszeichnung für den schönsten Garten erhielt. Schäfers Hobby ist der Auto-Modellbau und das schon seit vielen Jahren und in unterschiedlichen Maßstäben. „Da muss man mitdenken und braucht eine ruhige Hand“, sagt er.

Jetzt steht aber erstmals ein gemeinsames Weihnachtsfest bevor und irgendwann soll es auch noch eine kirchliche Trauung geben.

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