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Sammlung auf dem Brettener Marktplatz

Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge sieht schwindende Spendenbereitschaft

Die Zeitzeugen aus dem Zweiten Weltkrieg werden in Deutschland immer weniger. Aber sensibilisieren die aktuellen internationalen Konflikte nicht wieder für die Bedeutung von Friedens- und Versöhnungsarbeit?

Menschen stehen in der Brettener Innenstadt an einem Stehtisch unter einem hellblauen Schirm.
Mit Unterstützung bekannter Menschen unternimmt der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Bezirksverband Nordbaden, seine Sammlung in Bretten. Foto: Achim Hartlieb

„Der Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge (VdK) hat mir geholfen, meine beiden Großväter wiederzufinden“, erklärt die rüstige Dame und steckt einen sorgsam gefalteten Einhundert-Euro-Schein in die Spendenbox. „Das mache ich jedes Jahr“, erklärt sie und geht mit einem freundlich-verbindlichen „Guten Tag“ weiter zum Wochenmarkt.

„Dies ist wieder eine Vertreterin jener Generation, die im Zweiten Weltkrieg Familienangehörige verloren haben“, sagt Volker Schütze, Geschäftsführer des VdK Nordbaden. Das Problem sei, dass dieser Personenkreis von Jahr zu Jahr kleiner werde. Aber es spendeten auch die Personen, welche immer wieder die Geschichten von Oma und Opa oder den noch lebenden Eltern vom Krieg erzählt bekommen.

„Wir sorgen dafür, dass die Erinnerungen an den Krieg nicht verblassen“, so Schütze weiter und erklärt, wie ein großer Teil des Spendenaufkommens durch die bundesweit durchgeführten Straßensammlungen verwendet werden: „Am Soldatenfriedhof im elsässischen Bad Niederbronn zum Beispiel entstand in den letzten Jahren eine Jugendbegegnungsstätte. Dort zeigen wir besonders persönliche Exponate, die damals bei den umgekommenen Soldaten gefunden wurden. Diese haben wir in einer umfassenden und berührenden Sammlung zusammengetragen.“

Wer waren diese Menschen? Warum zogen sie in den Krieg? Fragen, die bei den jungen Menschen von heute auf großes Interesse stoßen, so Schütze – waren doch die damals gefallenen Soldaten kaum älter.

Politiker sehen große Relevanz

„Ja, die Sensibilisierung der Jugend ist auch ein politisch relevantes Thema“, sagt Andrea Schwarz, Landtagsabgeordnete der Grünen im Landtag Baden-Württemberg. „Die Schule ist ein erster Kontaktpunkt, wichtiger ist jedoch, dass die jungen Menschen direkt vor den Gräbern stehen und die Kreuze sehen, die über dem jungen, sinnlos ausgelöschten Leben wachen.“ Jeder Krieg ziehe Tote nach sich, jede Waffe hinterlasse ein Grab und zerstöre Familien.

Der Landtagsabgeordnete der CDU im Landtag, Ansgar Mayr, führt ebenfalls aus: „Die Generation, die uns den Krieg erzählt hat, ist fast durchgängig gestorben, die junge Generation kann damit nichts anfangen.“ Der VdK kümmert sich aktiv darum, dass diese Erinnerung nicht verblasst. Durch den Krieg in der Ukraine und den aktuellen Nahost-Konflikt werden die Kriegsfolgen wieder greifbarer, mit der Folge, dass im vergangenen Jahr viele junge Menschen hier für den VdK spendeten.

Bürgermeister Michael Nöltner (CDU) sieht ebenfalls eine zunehmende Präsenz von Krieg und Zerstörung in unserer Zeit. „Früher war die atomare Bedrohung eher abstrakt, mit den Einsätzen im Kosovo jedoch begann die Zeit, in der Kriege in Europa wieder präsenter wurden.“

Die Sammlung wird von aktiven Soldaten und Reservisten des Standortes Bruchsal unterstützt. Stabsfeldwebel Lothar Falk vom dort stationierten ABC-Abwehrkommando präzisiert: „Wir leisten in enger Verzahnung mit dem VdK Pflegeeinsätze auf den Soldatenfriedhöfen, auch um die jungen Soldaten, die oft nicht älter sind als ihre dort liegenden gefallenen Kameraden, zu sensibilisieren.“

Die Straßensammlung hat auch in Zeiten der Digitalisierung nichts von ihrer Aktualität eingebüßt. „Der persönliche Kontakt zur Bevölkerung ist nach wie vor die wichtigste Säule unserer Arbeit“, bemerkt Schütze und betont: „Die auf diese Weise zusammengetragenen Gelder gehen in die Arbeit der Soldatengräber im In- und Ausland, in die Bildungs- und Friedensarbeit, in das Engagement für eine lebendige Kultur des Erinnerns und auch in den Erhalt des Volkstrauertages.“

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