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Gemischte Gefühle

Wie blicken Menschen aus Bruchsal auf die Ära Merkel zurück?

16 Jahre war Angela Merkel Kanzlerin, wenn sie nach der bevorstehenden Wahl ihr Amt aufgibt. Wir haben uns umgehört, was Menschen in und um Bruchsal denken. Einige von ihnen können sich an gar keine andere Kanzlerin erinnern.

ARCHIV - 11.09.2015, Berlin: 11.09.2015, Berlin; Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat beim Bürgerfest im Garten von Schloss Bellevue in Berlin ihre Hände zu einer Raute geformt. (zu dpa "Kreise: Merkel kündigt Ausstieg aus Bundestag nach Legislatur an" am 29.10.2018) Foto: Michael Kappeler/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ | Verwendung weltweit
Angela Merkel will in den Ruhestand gehen. 16 Jahre war sie Kanzlerin. Foto: Michael Kappeler

Eine Ära geht zu Ende. Nach 16 Jahren legt Angela Merkel ihr Amt als Bundeskanzlerin nieder. Seit November 2005 prägte die gelernte Diplomphysikerin die politische Landschaft in Deutschland.

Fünf Menschen aus der Region berichten, wie sie auf die Regierungszeit Merkels zurückblicken und ob sie der Abschied fröhlich oder traurig stimmt.

Syed Assad Hussain (19) – Vorsitzender der Jusos Bruchsal

Assad Hussain
Assad Hussain Foto: Assad Hussain

An Angela Merkel hat mich besonders ihre kerzengerade Haltung bei der Flüchtlingskrise 2015 beeindruckt als sie sich auch gegen Widerstände innerhalb der eigenen Partei klar humanitär positioniert hat. Als CDU-Kanzlerin hat sich während ihrer Amtszeit politisch wenig bewegt.

Vieles war von Aussitzen und dem klassisch konservativen „weiter so“ geprägt. Projekte wie die „Ehe für Alle“ konnten nur durch den sozialdemokratischen Regierungspartner durchgesetzt werden. Mit ihrem Abschied verbinde ich einen politischen und gesellschaftlichen Neuanfang. Vor allem erhoffe ich mir starke Impulse für soziale Gerechtigkeit, gesellschaftliche Teilhabe und eine faire Stärkung der Arbeitnehmerrechte.

Alexander Holzer (30) – Germanistik-Doktorand aus Ubstadt-Weiher

Alexander Holzer
Alexander Holzer Foto: Eric Dewald

Merkels Handeln stand im Zeichen der Ausdauer und Kontinuität, war aber auch durch eine Politik des Abwartens geprägt. Durch ihre Regierungszeit hat sie sich selbst zur mächtigsten Frau der Welt gemacht. Obwohl sie ein Garant für Stabilität war, zeigt das aktuelle Weltgeschehen, wie wichtig Dynamik, Flexibilität und Anpassungsfähigkeit geworden sind.

Gerade in Zeiten, in denen die politischen Trennlinien der Parteien zunehmend verwischen, ist das Ende der Ära Merkels besonders spannend. Mit der bevorstehenden heißen Phase des Wahlkampfs wird sich zeigen, wer es vermag, ihre Lücke zu schließen. Vom Ende ihrer Regierungszeit erhoffe ich mir vor allem einen frischen Wind in der Politik Deutschlands.

Patrick Wippel (46) – Lehrer und CDU-Gemeinderat in Ubstadt-Weiher

Patrick Wippel
Patrick Wippel Foto: Lars Botz

Wenn ich an die Ära Merkel denke, verbinde ich damit keine wirklich negativen Erinnerungen, wenngleich ihre Regierung sicherlich nicht frei von Fehlern war. Ihr Politikstil, die „ruhige Hand“ ihres Vorgängers konsequent mit Reformschritten in die richtige Richtung zu aktivieren, ist ebenso lobenswert, wie die besonnene Herangehensweise an schwierige Fragestellungen und die Lösung abstrakter Aufgaben.

Ob die Sozialdemokratisierung der CDU letztlich so erfolgreich war, wie es anfangs schien, muss heute mit Blick auf das Abschneiden der AfD und die Reputation der CDU insgesamt bezweifelt werden. Wer wie ich mit der CDU von Konrad Adenauer, Ludwig Erhard und Helmut Kohl sozialisiert wurde, den packt hin und wieder das Heimweh.

Angela Merkels Verzicht auf eine erneute Kandidatur ist mit Blick auf Helmut Kohls Schicksal 1998 folgerichtig und alternativlos. Mit möglichen Kandidaten wie Markus Söder, Norbert Röttgen oder Friedrich Merz wäre dieser Abgang sogar zu verschmerzen gewesen.

Diana Swoboda (50) – Altenpflegerin aus Graben-Neudorf

Diana Swoboda
Diana Swoboda Foto: Diana Swoboda

Bundeskanzlerin Merkel hat Deutschland stark verunsichert, besonders mit ihrer Flüchtlingspolitik und ihrer übereilten Energie- und Klimapolitik. Sie hat meiner Meinung nach zu wenig für die Familien getan, beispielsweise für die Kinderbetreuung und der damit verbundenen Entlastung erwerbstätiger Mütter.

Das Schul- und Gesundheitssystem wurde stark heruntergefahren und zusammengespart. Die Defizite sieht man besonders zu Zeiten der Pandemie deutlich. Auch in der Digitalisierung hängt Deutschland weit zurück. Ich bin daher froh, dass sie das politische Feld verlässt. Das hätte sie schon längst tun sollen.

Helena Sicko (24) – Studentin aus Bruchsal

Helena Sicko
Helena Sicko Foto: Eric Dewald

Eine Regierung ohne Angela Merkel ist für mich nur schwer vorstellbar, hat sie doch zwei Drittel meiner Lebenszeit die Politik Deutschlands geprägt. An ihr schätze ich vor allem ihre ruhige, besonnene Art und ihr Gespür für Diplomatie. Allen Kritikern zum Trotz hat sie eindrucksvoll bewiesen, dass Frauen eine Nation wie Deutschland sehr wohl führen und international vertreten können.

Dem Abschied Merkels blicke ich mit gemischten Gefühlen entgegen. Froh bin ich über die Chance auf einen parteipolitischen Tapetenwechsel. Andererseits bin ich mir sicher, dass ihre potentiellen Nachfolger bislang unterschätzen, in welch große Fußstapfen sie treten werden müssen.

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