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Blick in den Himmel

Wie der Asteroid „Bruchsalia“ zu seinem Namen kam

Im Planetoidengürtel bewegt sich der leuchtschwache Asteroid mit dem Namen „Bruchsalia“. Wer ihn entdeckte, was er mit Bruchsal zu tun hat und wie er jetzt beobachtet werden kann.

Am Himmel – hier ein Symbolbild – ist der Asteroid Bruchsalia mit bloßem Auge nicht zu erkennen.
Am Himmel – hier ein Symbolbild – ist der Asteroid Bruchsalia mit bloßem Auge nicht zu erkennen. Foto: Patrick Pleul picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

Ein Stern, der Bruchsals Namen trägt? Nein, so kann der Artikel nicht starten. Obwohl – wäre ein schöner Einstieg, gerade zur Vorweihnachtszeit. Doch, die Bruchsalia, die in den Weiten des Alls herumschwirrt, ist ein Kleinplanet und eben kein Stern. Aber immerhin trägt dieser den Namen der Barockstadt ins All hinaus.

„Die Bruchsalia befindet sich zurzeit im Kopf des Löwen“, weiß der Hobbyastronom Astronom Jürgen Linder. Von seinem Beobachtungsposten der heimischen Sternwarte in Durmersheim hat er den Asteroiden Bruchsalia immer mal wieder im Blick und auch vor wenigen Jahren fotografisch eingefangen.

Zurzeit ist das allerdings schwierig. „Bruchsalia ist erst weit nach Mitternacht zu beobachten“, sagt Linder. Außerdem mache der bedeckte Himmel es derzeit nicht möglich, ein aktuelles Foto vom Asteroiden zu liefern, bedauert er.

Mit bloßem Auge ist Bruchsalia nicht zu erkennnen

Mit bloßem Auge ist der Asteroid am Himmel ohnehin nicht zu erkennen. Seine Magnitude (Mag) liegt bei 14,5. Zum Vergleich: der Polarstern hat den Helligkeitswert 2,2, der Vollmond minus 13. Und die Sonne hat minus 22mag. Je kleiner der Wert, umso leuchtstärker, erklärt Linder. Von der Erde sei Bruchsalia 2,633 AE, also Astronomische Einheiten, entfernt. Das sind 2,633 mal 149,6 Millionen Kilometer von der Erde entfernt, also 394 Millionen Kilometer.

Der Asteroid Bruchsalia ist mehr als zweieinhalbmal so weit von der Erde entfernt wie die Sonne zur Erde.
Der Asteroid Bruchsalia ist mehr als zweieinhalbmal so weit von der Erde entfernt wie die Sonne zur Erde. Foto: BNN-Infografik

Zum Vergleich: 149,6 Millionen Kilometer ist die Erde von der Sonne entfernt. Damit ist der Asteroid mehr als zweieinhalbmal so weit von der Erde entfernt wie die Sonne zur Erde.

Bruchsalia bewegt sich im sicheren Asteroidengürtel zwischen den Planeten Mars und Jupiter, die Sonne umkreisend. Und das sehr langsam. Der Astreoid braucht für einen Umlauf um die Sonne vier Jahre und 119 Tage. Bruchsalia ist eigentlich ein Sternhaufen und im All eher unbedeutend.

Die Chance sei auch sehr gering, dass er jemals der Erde so nahekommt, um tatsächlich einmal in seiner namensgebenden Stadt aufzuschlagen, sagt Linder von seinem Verein Sternfreunde Durmersheim und Umgebung.

Das Auffinden ist keine leichte Aufgabe.
Jürgen Linder
Sternfreunde Durmersheim und Umgebung

Entdeckt hat den Asteroiden aber kein Bruchsaler, sondern ein Heidelberger, genauer der Himmelsfotograf Professor Max Wolf im Jahre 1900. Wolf war damals der bekannteste deutsche Astronom und Gründer der Weststernwarte auf dem Heidelberger Königsstuhl.

Der Amateurastronom Jürgen Linder kann die Entdeckung gut nachvollziehen: „Um ein bewegtes Objekt im All zu finden, hatte man damals nur ein einfaches Fernrohr und eine selbst aufgezeichnete Sternkarte. Das war sehr mühsam.“ Allerdings suchte Wolf als einer der Ersten bereits fotografisch, weiß Linder und erklärt: „Die Belichtungszeiten lagen bei nahezu einer Stunde. Heutzutage ist es mit modernster Technik einfacher.“

Visuell kann Bruchsalia mit Instrumenten ab 25 Zentimeter aufgefunden werden. Da 455 Bruchsalia aber wie ein schwacher Stern aussieht, sei das Auffinden keine leichte Aufgabe, bekundet Linder. Der begeisterte Sternenkundler arbeitet seit diesem Jahr mit dem größeren 28 Zentimeter Spiegelteleskop und widmet sich eigentlich der Jagd nach erdnahen Asteroiden.

Planet Nummer 455 zeigt Heimatliebe

Die Astronomen der Heidelberger Sternwarte unter Max Wolf waren ein besonders erfolgreiches Entdeckerteam. Zwischen 1890 und 1959 gehen auf sie 769 Entdeckungen von Asteroiden zurück. Am 22. Mai 1900 kam Wolf zusammen mit seinem Mitarbeiter Arnold Schwassmann einem Planetoiden auf die Spur, den Wolf unter der Bezeichnung 1900FG in den Astronomischen Nachrichten veröffentlichte.

Zwei Nächte später konnte seine Beobachtung von der Sternwarte in Rom nachvollzogen werden. Weitere Beobachtungen aus Observatorien Europas und Amerikas trafen in den folgenden Wochen ein. Das zentrale Astronomische Recheninstitut in Berlin erfasste daraufhin die genauen Bahndaten von 1900FG und teilte dem neuen Planeten am 29. Oktober 1900 die endgültige Nummer 455 zu.

Nach üblichem Brauch in der Wissenschaft durfte der Entdecker dem neuen Himmelskörper einen Namen geben. So verlieh Wolf dem Planeten 455 durch Bekanntgabe in den Astronomischen Nachrichten am 8. Juli 1901 den Namen Bruchsalia. Damit kam Wolfs Heimatliebe zum Ausdruck. Außerdem ehrte er damit den aus Bruchsal stammenden badischen Kultusminister Wilhelm Nokk, der die Mittel zur Errichtung der Sternwarte auf dem Königsstuhl bereitstellte.

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