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Handorgeln sind in Deutschland rar

Baden-Badener Stefan Böhmer ist einer von weltweit nur 200 Spielern der Maccann-Concertina

Am 6. Februar ist Welt-Concertina-Tag. Zur Feier des Tages wird ein Video veröffentlicht: Ein Künstler aus Baden-Baden ist als einziger Musiker aus Deutschland mit dabei.

Stefan Böhmer
Ein besonderes Instrument: Stefan Böhmer spielt seine Concertina nicht allein, sondern lässt sich von verschiedener Technik unterstützen, wie Loopers und einer selbstgebauten Stompbox. Foto: Sven Striboll

Bob Marley, Rolling Stones, Bob Dylan oder etwa Michael Jackson oder Led Zeppelin und die Beatles. So unterschiedlich deren Songs auch klingen mögen, Stefan Böhmer schätzt sie alle sehr und erweist den großen Stars seinen Respekt auf eine ganz eigene Art.

Mit seiner „Concertina from Hell“ im Zusammenspiel mit geschickt eingesetzter Technik und viel Kreativität macht er aus dem traditionellen Sound einen neuen, einen eigenen, vielleicht etwas schrägen, aber unglaublich amüsanten.

Eine außergewöhnliche Stilrichtung, die ist es fürwahr, dargeboten auf einem eher seltener zum Einsatz kommenden Instrument. Das wiederum beschert Böhmer jetzt eine große Ehre. Beim am 6. Februar beginnenden 70. Welt-Concertina-Tag der International Concertina Association spielt er nämlich eine besondere Rolle. Als einziger Deutscher wirkte der Baden-Badener mit Gaggenauer Wurzeln an dem Video mit, das zur Eröffnung des Events präsentiert wird.

Die Handorgel ist in Deutschland eine musikalische Rarität

Doch was ist denn überhaupt eine Concertina? Unabhängig von dem, was Stefan Böhmer mit seiner kleinen Handorgel im besten künstlerischen Sinne anstellt, handelt es sich um ein Instrument, das hierzulande eine echte Rarität zu sein scheint.

„Ich spiele Concertina, um genau zu sein eine Maccann-Duett-Concertina.“ Mehr als 100 Jahre sei sie bereits alt und wurde 1916 in London von der Firma Wheatstone gebaut. „Maccann-Concertinas sind recht selten, man schätzt, dass es circa 200 aktive Spieler weltweit gibt.“ Einer davon ist Musik Böhmer, wie man ihn zuweilen nenne, der von Haus aus eigentlich Bassist sei.

Das muss man selbst lernen.
Stefan Böhmer, Musiker

Dass er nun allerdings häufiger mit seiner außergewöhnlichen Handorgel beachtliche Erfolge einfährt, wenn er als Einmann-Show rockt, poppt und fetzt, ist einem kleinen Glücks- oder Zufall geschuldet. Er entdeckte und kaufte die Concertina, um ganz schnell festzustellen, dass man wohl kaum die Chance hat, Unterricht zu nehmen. „Das muss man selbst lernen.“ Und das hat er auch gemacht.

Vor zehn Jahren hat er begonnen. Es sei also machbar, erzählt er ein bisschen von der alten Dame, die ihm so ans Herz gewachsen ist. „Ich spiele Duett-Concertina“, beschreibt er das chromatische Instrument. „Das bedeutet, dass sie beim Ziehen und Drücken gleiche Töne erzeugt.“ Derer gibt es zwölf, rechts die tiefen, links die hohen. „Damit kann man sehr gut Akkorde auf einer Seite und eine Melodie auf der anderen spielen.“

Eine Kunst, die besonders um 1900 in den englischen Music Halls sehr beliebt gewesen sei, erzählt er von den Großen dieser Zunft, zu denen zu jener Zeit Alexander Prince oder Perci Honri gehörten. Wie sie Musik Böhmers Sound gegenüberstehen würden, darüber lässt sich spekulieren. Denn er holt sich Technik an Bord, bedient sich eines Loopers, lässt Gitarren-Effekte einfließen und bedient sich einer selbstgebauten Stompbox.

In irischer Musik kommen oft Anglo-Concertinas zum Einsatz

Im Übrigen sei just seine chromatische Concertina eine Rarität. Ein bisschen mehr verbreitet sind die sogenannte Anglo-Concertinas, die in der traditionellen irischen Musik zu hören sind. „Oft als reines Melodie-Instrument.“ Anglos sind in bestimmten Tonarten gestimmt und erzeugen beim Ziehen beziehungsweise Drücken auf derselben Taste einen ganz anderen Ton. „Das ist ähnlich wie bei der Mundharmonika.“ Noel Hill ist der wohl bekannteste Spieler. „Ich habe ihn schon mal live gesehen. Das war ein Erlebnis.“

Live ist im Augenblick jedoch eine eher schwierige Angelegenheit. Doch wer mal richtig reinhören mag, was diese Instrumente so draufhaben oder wie etwa Plastic Bertrands „Ça Plane Pour Moi“ klingt, wenn Böhmer den Kultsong aus den 1970er Jahren in Kur hatte, der findet so allerlei auf seiner Homepage darüber.

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