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Mit 85 fit wie ein Turnschuh

Diese Talente hat Marianne Merz aus Gernsbach

Turnen, Sport und Gymnastik sind Lebensinhalt: Noch heute ist die 85-jährige Marianne Merz sehr aktiv. Wie schafft sie das?

TV Gernsbach gratuliert Marianne merz zu 65 Jahre Übungsleiterin im Juli 2023.
Der Turnverein Gernsbach gratuliert Marianne Merz zu 65 Jahre Übungsleiterin im vergangenen Juli. Foto: TV Gernsbach

In den frühen Montagabendstunden ist es ruhig geworden in der Gernsbacher Stadion-Sporthalle. Die begeisterten Rufe der Schülerinnen und Schüler sind verhallt, ihre Spinde geräumt. Doch nicht lange, denn schon bald kündigen flotte Rhythmen aus dem portablen CD-Player den „Einmarsch“ älterer Damen an. Dann folgen Übungen für Beweglichkeit, Koordination, Stabilisation oder zur Dehnung, ebenso wie Wirbelsäulengymnastik oder funktionale Übungen, um das Zusammenspiel von Körper und Geist zu fördern.

Seit 65 Jahren Übungsleiterin

Eigentlich nichts Außergewöhnliches: Übungsbetrieb einer Frauengruppe des Turnvereins Gernsbach. Und doch etwas Besonderes, denn Marianne Merz, die Übungsleiterin, auf deren Anweisungen die Frauen hören, geht auf die 85 zu. „Wenn alle Zeit haben, sind wir etwa 22 Frauen im mittleren und auch höheren Rentenalter“, erklärt die Gernsbacherin, die seit 65 Jahren als Übungsleiterin tätig ist, und seit 50 Jahren die Frauengruppe leitet.

Damals waren es weit mehr als 60 Frauen, die auf Merz’s Kommandos hörten. 1958 war es, als der Turnverein Gernsbach auf die sportlichen Fähigkeiten der damals 19-Jährigen aufmerksam wurde. Da gehörte sie fast schon zum „alten Eisen“, da sie schon 1947, als Achtjährige, in den Verein eintrat. Geräteturnen, Mehrkampf und Leichtathletik waren Disziplinen, in denen sie sich ausprobierte. Bis besonders ihre Gymnastik-Leistungen ausreichten, um sich in Wettkämpfen an anderen Sportlerinnen messen lassen zu können.

Seit 1958 lässt sie kein deutsches und badisches Turnfest aus

„Das deutsche Turnfest in München 1958 war mein erster großer Gymnastik-Wettkampf“, erzählt sie und blättert gedankenvoll im thematischen Bildband. Als Sport-Gymnastin nahm Merz erfolgreich an Meisterschaften teil, ließ kein badisches oder deutsches Turnfest aus. Seit 1958 als Gruppe, zusammen mit ihren Mitstreiterinnen: „Wo wir viele schöne Erfolge einheimsen konnten.“

Bei einem der Sportfeste, 1961 in Sulzbach, lernte sie Karl Merz kennen, der dort ebenfalls sportlich aktiv war und damals in München Elektrotechnik studierte. Als beide im Mai 1964 in der Gernsbacher Liebfrauenkirche heirateten, wurde aus dem Fräulein Krieg Frau Marianne Merz. „Von Anfang an unterstützte er mich, und tut das auch noch heute, wenn immer ich in Sachen Sport unterwegs bin“, betont sie. Egal ob sportlich oder nicht, viel Gernsbacher kennen Marianne Merz. Ihr Großvater war der „Bäcke Schmith“, ihr Vater der „Bäcke Krieg“ am Gernsbacher Marktplatz.

Ihre berufliche Zukunft schien klar, als sie nach Abschluss der Volksschule die Handelsschule besuchte. Zunächst folgte sie diesem vorgezeichneten Weg, indem sie in der familiären Filiale in der Jakob-Kast-Straße vor allem den Bewohnern der „Kolonie“ Kuchen, Brot und Brötchen verkaufte. „Eigentlich hätte ich lieber ein Konservatorium besucht“, erzählt sie und schaut liebevoll auf den Flügel im Wohnzimmer ihres Hauses im Unteren Panoramaweg. Diese Leidenschaft vererbte sie weiter an ihre Tochter Ulrike, die als Leiterin der Musikschule Murgtal in Gernsbach keine Unbekannte ist.

Nach der Geburt der Tochter zunächst als Hausfrau und Mutter beschäftigt, entdeckte Marianne Merz bald zusätzlich zur Musik eine Leidenschaft neu: den Sport. „Angefangen habe ich als Helferin bei den Geräteturnerinnen“. Schon bald übernahm sie deren Leitung und 1970 auch des Kleinkinderturnens. Die 1971 zusammen mit Margot Karcher gegründete Mutter-Kind-Turngruppe des Gernsbacher Turnvereins „war weit und breit der erste Verein, der damals ein solches Angebot machte“, erzählt Merz nicht ohne Stolz.

Tochter Ulrike, damals noch im Vorschulalter, war damals bei Vorbereitungen ihrer Übungsstunden zu Hause oft „Versuchsobjekt“. Um herauszufinden, inwieweit Sport auch Kleinkindern Spaß macht. Im selben Jahr übernahm sie zusammen mit Else Bandel die Leitung der „Montags-Frauengruppe“, 1980 kam eine zweite Frauengruppe dienstags dazu. „Mit manchen Frauen turne ich schon seit Jahrzehnten zusammen.“

Was alle über so viele Jahre verbindet, sind neben dem Spaß am Sport die „zwischenmenschlichen Kontakte“ zwischen den Gruppenmitgliedern. Bereicherten früher gesellige Zusammenkünfte außerhalb der Turnhalle und gemeinsame Ausflüge den Zusammenhalt, werden Geburtstage auch heute noch gewürdigt. Von Kindesbeinen an dem Sport verbunden, konnte Marianne Merz aus ihrem Hobby sogar einen Beruf machen. In der Kooperation „Schule und Verein“ gab sie 24 Jahre lang am Albert-Schweitzer-Gymnasium zusätzlichen Sportunterricht. Im Turngau Mittelbaden-Murgtal, der Dachorganisation der Turnvereine der Region, war Merz seit 1982 40 Jahre lang Fachwirtin für das Gymnastik-Abzeichen.

Von 1978 bis 1994 im Gernsbacher Gemeinderat aktiv

Ihre Meinung war gefragt, als sie von 1978 bis 1994 für die Freie Bürgerbewegung dem Stadtrat angehörte, und dort lange Jahre als dritte stellvertretende Bürgermeisterin tätig war. Doch damit nicht genug. Als Karl Vogt, der Leiter des Murgtalstifts, anfragte, ob Merz nicht Lust hätte, einmal in der Woche die Heimbewohner mit leichter „Stuhlgymnastik“ fit zu halten, sagte sie zu. Und auch nach 40 Jahren ist sie begeistert von dieser Arbeit mit den Seniorinnen und Senioren. „Sie sind dankbar für diese Beschäftigung und ich bin glücklich, gute Laune in ihren Alltag zu bringen.“

Auf die Frage, wie lange Marianne Merz noch sportlich aktiv sein will, kommt die Antwort ganz schnell: „Zumindest bis zum nächsten Jahr, wenn der Turnverein Gernsbach sein 175-jähriges Bestehen feiert.“ Doch das Jahr 2024 hält für die Familie Merz auch weitere Überraschungen bereit: Mariannes 85. Geburtstag und die diamantene Hochzeit im Mai.

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