Skip to main content

Seit 1755 Floßbetrieb auf der Murg

Flößerei soll Unesco-Weltkulturerbe werden

Sechs Männer des Schiltacher Flößervereins legten am Freitag mit einem fünfzehn Meter langen Floß an der Mündung der Murg bei Steinmauern ab. Ihr Ziel: Der Leverkusener Stadtteil Hitdorf, 400 Rheinkilometer entfernt.

Ein Floß mit vermutlich fünf Gestören fährt um 1850 auf der Murg bei Forbach (Stahlstich Mayer/Axmann). Damals war die hohe Zeit der bis zu 200 Meter langen Murgflöße bereits vorbei.
Ein Floß mit vermutlich fünf Gestören fährt um 1850 auf der Murg bei Forbach (Stahlstich Mayer/Axmann). Damals war die hohe Zeit der bis zu 200 Meter langen Murgflöße bereits vorbei. Foto: Archiv Friedbert Zapf

Wie Floßmeister Thomas Kipp gegenüber dieser Zeitung ausführte, wolle man mit der außergewöhnlichen Floßfahrt auf die wirtschaftliche Bedeutung des Holztransports auf dem Wasser hinweisen und den Antrag der Deutschen Flößervereinigungen zur Anerkennung der Flößerei als Unesco-Weltkulturerbe unterstützen.

Steinmauern als Startpunkt ist nicht willkürlich gewählt. Hier endete einst die historische Murgflößerei, und die Rheinflößerei begann. Wie der frühere Landesforstpräsident Max Scheifele schreibt (1988), war der Nordschwarzwald im 18. Jahrhundert wichtigster Langholzlieferant für die See- und Handelsmacht Niederlande.

Zuvor musste allerdings die Murg für Langholzflöße fahrbar gemacht werden. Schon 1718 begann man vom Württembergischen her eine viereinhalb Meter breite Floßgasse in die „eisenharten Felsen“ zu sprengen, und 1722 konnte das erste „probFlotz“ bis Gernsbach fahren. Doch obwohl bis 1730 bereits 50.000 Gulden, der Wert von beinahe einem Zentner Gold, investierte wurden, kam der Floßbetrieb nicht in Gang.

Erst als 1755 die Calwer Holzhandelskompanie einstieg, begann der eigentliche große Holländer-Holzhandel, so wie ihn auch Wilhelm Hauff in seinem Märchen „Das kalte Herz“ beschreibt.

Flößen auf der Murg steht im Forsthandbuch von 1802 beschrieben

Die einzelnen Holzstämme, überwiegend Weißtannen, wurden mit Wieden zu Gestören gebunden und dann die einzelnen Gestöre hintereinander gefügt. Ein Murgfloß bestand laut Scheifele aus acht bis fünfzehn Gestören. Am Ende des 150 bis 200 Meter langen Floßes befanden sich die Premiumstämme, die sogenannten Holländer, 20 bis 30 Meter lange Tannen, die am schwachen Ende immerhin noch 48 Zentimeter Durchmesser aufwiesen. Die Breite des Murgflosses durfte maximal vier Meter betragen.

Im Forsthandbuch von 1802 schreibt Medicus: „Am interessantesten ist das Flozen auf der Murg zwischen der ehemaligen Schwarzenberger Glashütte bis Forbach. Hier ist das Bett der Murg angefüllt mit großen und kleinen Granitblöcken. Zugleich macht ihr Tal soviele Krümmungen, dass man kaum begreifen kann, wie die langen Floze durchkommen können.

Die Leitung dieser Floze ist eines der schwersten und gefahrvollsten Geschäfte, oft stehen die Flözer bei Krümmungen auf manchen jener mitten im Wasserbette gelegenen Felsen mit ihren langen, mit eisernen Haken versehenen Stangen, um das anprellende Holz abzudrücken, ihm die rechte Direktion zu geben, und es flott zu erhalten.“

Flöße wurden größer für die Fahrt auf dem Rhein

In Steinmauern endete die Murgflößerei, die Gestöre wurden für die Rheinfahrt neu eingebunden und auf 90 Meter Länge und zwölf Meter Breite vergrößert. Vorne besaß das Steinmauerner Rheinfloß drei, hinten vier Ruder. Für die Fahrt waren jetzt 36 Mann erforderlich.

In Mannheim wurden noch größere Rheinflöße zusammengestellt, weil über den Neckar die Flöße aus dem Enz- und Nagoldtal kamen. Das neue Rheinfloß fuhr nun mit einer 200 Mann starken Besatzung bis ins Holländische Dordrecht, wo das Holz aus dem Nordschwarzwald versteigert wurde. Das gigantische Floß war 250 Meter lang und 20 Meter breit.

Dagegen mutet das 15 Meter lange und fünf Meter breite Floß der Schiltacher Flößer eher bescheiden an. Aber die 400 Kilometer lange Fahrt auf dem Rhein, die inzwischen glücklich beendet ist, war auf der viel befahrenen Wasserstraße ohne Hilfsmotor alles andere als eine Spazierfahrt.

Aber die Männer um Floßmeister Thomas Kipp und den Flößerobmann Hartmut Brückner sind erfahrene Profis, wie der Schreiber dieser Zeilen selbst erleben konnte. Im August 2013 durfte er mit den Schiltacher Flößern mehrere Tage in Kärnten auf dem Wildfluss Drau auf einem selbstgebauten Floß fahren.

nach oben Zurück zum Seitenanfang