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Straßenbahn als Schlafplatz

Amtsgericht Gernsbach: Obdachloser schläft wegen Kälte in der Bahn und wurde dafür verklagt

Ein Obdachloser musste sich für sein Nickerchen in der Straßenbahn vor Gericht verantworten. So lief die Verhandlung.

Geldscheine
Ein Obdachloser wird zu 100 Euro verknackt, weil er in der Stadtbahn zum Aufwärmen ohne Karte gefahren ist. Foto: Monika Skolimowska/dpa

Weil es draußen kalt war und er in seiner Verzweiflung keinen anderen Schlafplatz fand, setzte sich ein Obdachloser in die Stadtbahn um dort ein Nickerchen im Warmen zu machen. Dafür verurteilte ihn das Amtsgericht Gernsbach nun zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen in Höhe von je fünf Euro.

Diese 100 Euro wird der Mann indessen nicht leisten können. Gegenwärtig befindet er sich in einer psychiatrischen Einrichtung der Justizvollzugsanstalt. Die Möglichkeit, sich hier etwas durch Arbeit hinzuzuverdienen, habe er nicht.

Auch habe er bisweilen bewusst darauf verzichtet sich wirtschaftliche Hilfe von außen zu erbitten. „Das hier ist komplett mein Ding“, sehe er seine Lage bewusst als Sanktion für seine früheren Vergehen.

Die, so erläuterte sein Verteidiger, basieren auf einem Bruch in der Vita seines Mandanten. „Eine ganz fürchterliche Situation im persönlichen und beruflichen Bereich führte zu diesem Absturz.“

Drogenkonsum und Leben auf der Straße

Verschiedene Vergehen, Drogenkonsum und ein Leben auf der Straße waren die Folge, die am Ende zu den drei „Wärme“-Fahrten geführt hatten, bei denen der Angeklagte ertappt wurde.

Dafür, so argumentierte die Staatsanwaltschaft im Schlussvortrag, sind die Bahnen allerdings nicht da. Es gebe andere Möglichkeiten um sich vor Kälte zu schützen. Sie verwies auf Obdachlosenunterkünfte.

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Bei der Findung einer gangbaren Sanktion, ließen die Juristen letztlich auch einfließen, dass der Mann zum Zeitpunkt seiner Schwarzfahrten in einer offenbar desolaten Verfassung war. Er habe weder Erinnerungen daran, noch an seine damalige Lebenssituation. Allerdings könne man nicht hinnehmen, dass Obdachlose eine solche Gelegenheit nutzen, um sich zu wärmen.

Am Ende verhängte das Gericht eine Strafe von 20 Tagessätzen zu je fünf Euro, die der Angeklagte zwar nicht wird leisten können. Dafür aber werde sich sein Aufenthalt im Justizvollzugskrankenhaus Hohenasperg um 20 Tage verlängern. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft hatte zehn Tagessätze in Höhe von je fünf Euro gefordert.

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