Skip to main content

Interview mit Daniela Karius

Hundetrainerin aus Gaggenau berichtet: „Die Tiere haben Spaß an der Arbeit“

Sie können Waschmaschinen leeren, Schubladen öffnen oder riechen, wenn bei ihrem Besitzer ein epileptischer Anfall bevorsteht: Assistenzhunde sind ganz besondere Helfer.

Ein Assistenzhund räumt eine Waschmaschine aus.
Der will bloß arbeiten: Assistenzhunde helfen Menschen mit körperlichen Behinderungen im Alltag und können sogar Waschmaschinen ausräumen. Foto: Thomas Frey picture alliance / dpa

Assistenzhundetrainerin Daniela Karius
Assistenzhundetrainerin Daniela Karius Foto: Privat

Um einen Assistenzhund auszubilden, braucht man die Hilfe von erfahrenen Trainern. Eine davon ist Daniela Karius. Sie leitet die Hundeschule „Retriever vom Eichelberg“ in Gaggenau.

Außerdem ist sie im Vorstand des Assistenzhundeverbund Deutschland aktiv. Ein Interview mit ihr über die Kosten, die Voraussetzungen und die Ausbildung von Assistenzhunden.

Ein Golden Retriever, ein Labrador oder doch lieber ein Schäferhund? Welche Hunderassen eignen sich für die Ausbildung zum Assistenzhund?
Daniela Karius

In der neuen Assistenzhundeverordnung ist klar vorgeschrieben, welche Hunde als Assistenztiere geeignet sind und welche nicht. Dazu zählen Herdenschutzhunde oder Schutz- und Wachhunde, die beispielsweise bei der Polizei gearbeitet haben. Aber auch Qualzuchten, also Hunde, die für Schönheitszwecke eine zu kleine Nase oder zu kurzen Schwanz haben, sind nicht erlaubt. Hunde, die als Kampfhunde in Deutschland oder im Ausland gelistet sind, dürfen auch nicht zu Assistenzhunden ausgebildet werden. Am meisten bilden wir darum Labradore, Doodle oder Golden Retriever aus. Sie haben bestimmte Eigenschaften, die sie besonders für die Arbeit ganz besonders auszeichnen.

Die Anforderungen an die Tiere sind sehr hoch. Was muss ein Hund mitbringen, um für eine Ausbildung geeignet zu sein?
Daniela Karius

Wir führen sowohl bei Welpen als auch bei erwachsenen Hunden einen Eignungstest durch. Dabei schauen wir, ob der Hund die richtige Persönlichkeit hat, um in der Rolle als Assistenzhund aufzugehen. Dazu muss er aufmerksam und lernbereit sein. Außerdem darf er nicht jagen oder aggressiv sein. Auch schreckhafte Hunde eignen sich nicht. Wir schauen auch, wie gut der Hund Probleme lösen kann und wie er auf fremde Menschen und Räume reagiert. Für jede einzelne Krankheit werden dann noch zusätzliche Tests durchgeführt, um zu schauen, ob der Hund auch spezielle Aufgaben erledigen kann.

Es gibt ja weit mehr als nur Blindenführhunde: Bei welchen anderen Krankheiten kann ein Assistenzhund helfen?
Daniela Karius

Am bekanntesten ist tatsächlich der Blindenführhund, der sehbehinderten Menschen bei der Orientierung hilft. Aber auch bei anderen Krankheiten eignen sich Assistenzhunde. Bei Gehbehinderungen hilft der Hund vor allem durch Holen und Aufheben von Gegenständen. Der Warn- und Anzeigeassistenzhund kann vor Anfällen wie bei Epilepsie oder Diabetes warnen. Liegt eine psychische Behinderung vor, kann der Hund eine Panikattacke unterbrechen oder aus Albträumen wecken. Außerdem vermittelt der Hund seinem Halter in der Öffentlichkeit Sicherheit. Ist der Besitzer taub, kann ein Signalassistenzhund helfen, vor Geräuschen zu warnen oder zu Geräuschquellen hinführen.

Wenn sich ein Hund als geeignet herausstellt: Welche Arten der Ausbildung gibt es?
Daniela Karius

Wir unterscheiden in Fremdausbildung und Selbstausbildung. In der Selbstausbildung lebt der Hund bei seinem Halter. Der Halter erzieht den Hund und bekommt regelmäßig von einem Assistenzhundetrainer Besuch, der Aufgaben mit den beiden übt und Fortschritte kontrolliert. In der Fremdausbildung wird der Hund in der Hundeschule oder bei Patenfamilien ausgebildet und vor der Prüfung mit dem neuen Assistenzhundehalter zusammengeführt.

Eine durchschnittliche Ausbildung dauert zwei Jahre. In welche Abschnitte ist die Ausbildung unterteilt?
Daniela Karius

Die Ausbildung besteht aus einer Grund- und einer Spezialausbildung. Die Grundausbildung findet vorwiegend in den Familien statt und ist mit einer normalen Hundeschule zu vergleichen. Der Hund lernt beispielsweise, an der Leine zu laufen. Diesen Teil können auch Patenfamilien übernehmen, die wir im Übrigen immer händeringend suchen. Die Spezialausbildung beginnt frühestens mit anderthalb Jahren. Nun werden die für die Krankheit spezifischen Hilfen gelernt und trainiert. Sind beide Teile abgeschlossen, wird eine Prüfung abgelegt. Diese darf frühestens mit 21 Monaten abgenommen werden.

Wie hoch sind die Kosten der Gesamtausbildung?
Daniela Karius

Das hängt ganz von der Ausbildungsart ab. Die Selbstausbildung ist deutlich günstiger als die Fremdausbildung. Bildet man den Hund selbst aus, muss man mit 25.000 Euro rechnen. Die Fremdausbildung liegt zwischen 45.000 und 50.000 Euro. Um die Assistenzhundehalter bei diesen Kosten zu unterstützen, gibt es auf der Webseite des Assistenzhundeverbund Deutschlands die Möglichkeit, an die einzelnen Teams zu spenden.

Seit der neuen Assistenzhundeverordnung werden die Kosten teilweise von der Krankenkasse durch die Eingliederungshilfe übernommen. Dass bringt jedoch ein Problem mit sich: Wenn die Krankenkasse die Ausbildung und den Kauf des Hundes erstattet, gehört ihr der Hund. Das ist schon heute bei Blindenführhunden der Fall.

Nun muss ein Hund mehrere Tests absolvieren, um als Assistenzhund zu arbeiten. Welche Eignungen müssen denn Halter mitbringen?
Daniela Karius

Die größte Voraussetzung ist die Liebe zum Hund. Zwischen Hund und Besitzer muss die Chemie stimmen. Gleichzeitig muss die Person trotz Krankheit dazu in der Lage sein, sich gut um den Hund zu kümmern. Ob der Mensch das alleine kann, oder Unterstützung von außen bekommt, ist egal: Die Versorgung des Hundes muss gesichert sein.

Welche Rechte hat ein Assistenzhundeteam und wo haben die beiden überall Zutritt?
Daniela Karius

Ein Assistenzhundeteam darf überall da hin, wo Menschen auch mit Straßenkleidung willkommen sind. In den meisten Supermärkten ist dieses Recht bekannt und unsere Teams haben dort wenig Probleme. Bei den Kliniken sieht das leider anders aus. Auch wenn Assistenzhunde dort rechtlich gesehen Zutritt haben, werden sie vom Personal meistens weggeschickt. In solchen Fällen sind wir als Trainer dann auch aufgeschmissen. Wirklich etwas ändern wird sich da wohl erst, wenn Bußgelder bei Rechtsverstößen verhängt werden.

Assistenzhunde arbeiten viel. Können sie dennoch ein erfülltes Hundeleben führen?
Daniela Karius

(schmunzelt) Das ist das typische Vorurteil, was mir auch in der Ausbildung der Hunde oft begegnet. Aber ein Assistenzhund arbeitet nicht den ganzen Tag. Je nach Krankheit hat er zwischen den Aufgaben Pause. Außerdem halten wir vertraglich fest, dass die Assistenzhunde jeden Tag eine Stunde mit jemandem ohne Behinderung Gassi gehen oder zwei bis drei Mal pro Woche in eine Hundebetreuung müssen. So schützen wir die Hunde vor einem Burnout. Die Hunde finden diese Pause aber nicht immer so toll. Sie wollen ihrem Halter helfen und möchten nicht ohne ihn sein. Wir müssen sie also zu Arbeitspausen zwingen. Wenn Hunde die Eignung zum Assistenzhund haben, dann gehen sie in ihrer Arbeit voll auf. Denn Assistenzhunde haben Spaß an ihrer Arbeit.

nach oben Zurück zum Seitenanfang