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Gewalt in der Beziehung

Paar will „Neuanfang“: Misshandelte Frau zieht Anzeige vor Offenburger Gericht zurück

Eine schwer misshandelte Frau hat vor Gericht in Offenburg ihre Anzeige gegen den zur Gewalt neigenden Freund zurückgezogen. Der erhielt dennoch eine Bewährungsstrafe.

Eine Statue der Justitia hält eine Waage in der Hand.
Das Schöffengericht am Amtsgericht Offenburg hat einen 28-Jährigen zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Foto: David-Wolfgang Ebener/dpa

Grün und blau hatte er seine Freundin geschlagen, Schläge auch gegen den Kopf. Der zur Tatzeit 28-jährige Angeklagte soll die Mutter der beiden gemeinsamen Babys in seinem mitunter drogenvernebelten Zustand sogar eine Woche lang eingesperrt haben. Und alles offenbar wegen grenzenloser Eifersucht, gepaart mit starker Neigung zu Gewalt.

Doch manche Vorwürfe, von Staatsanwaltschaft, einer Nachbarin und Polizeibeamten im Zeugenstand vorgetragen, ließen sich in der Hauptverhandlung vor dem Schöffengericht am Amtsgericht Offenburg nicht erhärten. Auch deshalb nicht, weil die heftig attackierte Frau von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machte.

Angeklagter zeigt sich in Offenburg mit Dauergrinsen

Wäre es nach der 45-Jährigen gegangen, dann wäre es gar nicht zum Prozess gekommen, in dem der Angeklagte sich wegen Freiheitsberaubung und gefährlicher Freiheitsberaubung verantworten musste. Doch so einfach lasse sich die Sache nicht unter den Teppich kehren, sagte Richterin Ute Körner – zu massiv die Attacken, zu deutlich die Spuren, die der Angeklagte an Kopf und Körper der Frau hinterlassen hat.

Für den Mann schien die Hauptverhandlung nur eine lästige Übung zu sein. Ständig ein Grinsen im Gesicht, stritt er viele der Vorwürfe ab, egal ob von der Frau bei der unmittelbaren Vernehmung nach den Vorfällen im Frühjahr 2023 geäußert oder von deren Nachbarin, in akuter Bedrängnis mal herbeigerufen. Oder ob Polizeibeamte im Zeugenstand aussagten. Kleinlaut wurde der Angeklagte erst, als die Richterin Fotos von der arg gepeinigten Frau zeigte, er mochte nicht hinschauen.

Laut Vorhaltungen der Staatsanwaltschaft seien die beiden, aus Rumänien stammend, seit Juli 2021 ein Paar, zudem Eltern von inzwischen einjährigen Zwillingen, das eine mit Down-Syndrom. Die 45-jährige Lebensgefährtin des Angeklagten soll in Drogengeschäfte verwickelt gewesen sein, Bekannte von ihr sollen den Angeklagten – warum, blieb offen – bedroht haben.

Angeklagter spricht Morddrohung gegen Freundin aus

Eifersucht kam ins Spiel, was die Situation dann so eskalieren ließ. Offenbar auch immer wieder unter Drogen stehend, kam es ab April 2023 mehrfach zu Gewaltexzessen. Der Mann soll die 15 Jahre ältere Frau gewürgt, ihr mit den Fäusten und mit einem Kochlöffel zigfach gegen den Kopf geschlagen und sogar ein Messer ins Bein gestochen haben.

Mitte Mai wurde der Mann dann für drei Monate in Untersuchungshaft genommen. Doch selbst das hat ihn nicht zur Vernunft gebracht. „Wenn ich aus dem Knast komme, steche ich sie ab“, auch dann, wenn er erst in zehn Jahren entlassen würde, hat laut einer Polizeibeamtin der Angeklagte in ihrem Beisein geäußert.

Vor Gericht entschuldigte er sein rigides Verhalten mit „Drogen und Paranoia und der Angst, dass die Freundin zu ihrem Ex-Mann zurückkehrt“, wie er von der Dolmetscherin übersetzen ließ. Selbst ein Annäherungsverbot hatte ihn nicht stoppen können.

Dass das Urteil mit einer achtmonatigen Bewährungsstrafe vergleichsweise mild ausfiel, lag am Umstand, dass die 45-Jährige in der Hauptverhandlung sofort ankündigte, ihre Anzeige zurückziehen zu wollen: Sie wolle auf das Geschehene nicht mehr zurückblicken, „ich möchte es hinter mir lassen“. Da seien jetzt vor allem die kleinen Kinder, außerdem habe ihr der Angeklagte einen Ring geschenkt, äußeres Zeichen der frischen Verlobung.

Neuanfang soll nicht in Offenburg stattfinden

Man wolle den Neuanfang allerdings nicht in Offenburg wagen, sondern in der Nähe von Nürnberg, wo der Freund jetzt als Pferdewirt arbeite. Das Gericht sah sich wegen des plötzlichen Schweigens außerstande, sämtliche Vorwürfe aufrechtzuerhalten.

Der mit der Freiheitsberaubung entfiel, die mit den Attacken gegen den Kopf aber nicht: zu eindeutig die Bilder. Dass man eine Frau so nicht behandelt, sei doch klar, fragte Verteidiger Daniel Knörle seinen Mandanten. Der darauf, immerhin: „Ja.“

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