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Gemeinde baut Ökokonto auf

Bietigheim verwandelt Äcker in wertvolle Streuobstwiesen

Bietigheim hat im Vorjahr Streuobstwiesen angelegt. So will die Gemeinde Eingriffe in die Natur auszugleichen, die durch Baugebiete entstehen. Das Ökokonto soll weiter anwachsen.

Bäume
Im Gewann „Obereckspiel“ nahe des Malscher Wegs soll in den nächsten Jahrzehnten eine ökologisch wertvolle Streuobstwiese entstehen. Foto: Hermann Schmitt

Jede Gemeinde, die einen Bebauungsplan aufstellt, mit dem Eingriffe in die Natur verbunden sind, ist gesetzlich dazu verpflichtet, entsprechende Ausgleichsmaßnahmen zu schaffen. Hierfür gibt es Ökopunkte, die auf einem Ökokonto gesammelt und dann verrechnet werden können, wenn beispielsweise ein Baugebiet verwirklicht wird.

Bereits im September 2020 hat der Bietigheimer Gemeinderat das Institut für Landschaftsökologie und Naturschutz (ILN) in Bühl damit beauftragt, ein Ökokonto zu errichten. Als erste Maßnahmen wurden nun im Herbst vergangenen Jahres auf fünf Ackerflächen auf Bietigheimer Gemarkung Streuobstwiesen angelegt.

Hierfür wurde ein sogenannter Wiesendrusch verwendet. Darunter versteht man eine Mischung von Samen artenreicher Wiesen, die mit dem Mähdrescher zwischen Juni und Oktober gewonnen werden. Außerdem wurden hochstämmige Obstbäume gepflanzt.

Das Anlegen einer Magerwiese wurde Mitte Oktober vom ortsansässigen Landwirt Marco Schmitt vorgenommen. Er hatte als Einziger von drei angefragten Landwirten ein Angebot in Höhe von 21.340 Euro abgegeben.

Bezüglich der Pflanzung von Bäumen und Sträuchern hatten im Vorjahr sieben Unternehmen Angebote abgegeben. Die Nagolder Firma Toriello GmbH hatte das wirtschaftlichste Angebot in Höhe von 170.585 Euro eingereicht und den Zuschlag erhalten. Im Preis enthalten ist eine mehrjährige Pflege.

Unternehmen pflanzt Obstbäume und tausende Sträucher

Die Firma pflanzte in der letzten Oktoberwoche 62 Bäume. Dazu zählten jeweils neun Apfel- und Birnbäume, 18 Vogelkirschbäume, 17 Wildpflaumenbäume und je drei Trauben-Eichen, Hainbuchen und Feldahorn.

Weiterhin wurden 6.050 Sträucher gesetzt. Die Anpflanzungen setzen sich wie folgt zusammen: 625 Hundsrosen, 1.200 Rote Hartriegel, 625 Schlehen, 1.100 Waldhasel, 1.250-mal Wolliger Schneeball, 600 Pfaffenhütchen und 650 Stück Gemeiner Liguster.

Catharina Seelig vom NABU-Waldinstitut, das seit 1. Januar 2023 das Nachfolgeunternehmen des ILN darstellt, erläuterte am Montag dem Gemeinderat die umgesetzten Maßnahmen. Insgesamt seien Kosten in Höhe von 193.000 Euro entstanden, wobei 171.000 Euro auf das Setzen von Bäumen und Sträuchern entfallen sei. 300.000 Ökopunkte könne die Gemeinde nun auf ihrem Ökokonto verbuchen.

In diesem Jahr werden für rund 160.000 Euro weitere Vorhaben umgesetzt, die voraussichtlich 130.000 Ökopunkte bringen werden. „Wir haben kleinere Flächen als 2023, deshalb können wir nicht so viel umsetzen“, verdeutlichte Seelig.

Ökokontomaßnahmen sollen dauerhaft bestehen bleiben

Mario Rummel (CDU) wollte wissen, wie lange die Maßnahmen aufrechterhalten werden müssen. „Alle Maßnahmen sollen dauerhaft erhalten bleiben“, erklärte Seelig.

Wolfgang Bernart (FW) erkundigte sich, ob das Ökokonto nun ausreiche, um die Eingriffe durch die Baugebiete „Birkig II“ und „Schelmenäcker“ zu kompensieren. „Ich müsste das noch genau ausrechnen, aber es dürfte unterm Strich ein Plus geben“, zeigte sich die Expertin zuversichtlich.

Wenn wir der Natur in Bietigheim etwas wegnehmen, dann wollen wir ihr hier auch wieder etwas zurückgeben.
Constantin Braun
Bürgermeister

Da Ökopunkte auch gekauft und verkauft werden können, hakte Jörg Monschau (SPD) nach, ob dies vergleichbar sei mit dem Handel von Emissionen. Bürgermeister Constantin Braun erklärte dazu: „Wenn wir der Natur in Bietigheim etwas wegnehmen, dann wollen wir ihr hier auch wieder etwas zurückgeben.“ Er halte nichts vom Handel mit Ökopunkten.

Samuel Engelhard (SPD) fragte bei der Verwaltungsspitze nach, warum die Gemeinde keine neuen Angebote eingeholt habe, nachdem das ILN in Bühl sich neu als NABU-Waldinstitut aufgestellt hatte. „Wir hatten in der Vergangenheit nur gute Erfahrungen mit dem ILN gemacht“, erläuterte der Rathauschef.

Die Verwaltung setze auf feste Partner, diese pragmatische Vorgehensweise habe sich bewährt. „Wenn Sie es wünschen, dann können wir auch Vergleichsangebote einholen, aber es gibt in diesem Bereich nicht so viele Anbieter“, meinte Braun.

NABU-Waldinstitut übernimmt Planung und Betreuung

Im Rahmen der Bürgerfragestunde erkundigte sich Klaus Mastel, ob es auch Pläne bezüglich einer Biotopvernetzung gebe. Der Bürgermeister wies darauf hin, dass man diesbezüglich eine interkommunale Lösung mit Au am Rhein, Elchesheim-Illingen, Steinmauern und Ötigheim beschlossen habe.

Der Gemeinderat beschloss einstimmig, für ein Brutto-Honorar in Höhe von 27.370 Euro das NABU-Waldinstitut mit den Planungsleistungen, der Ausschreibung und Betreuung der Umsetzung von Ökokontomaßnahmen für dieses Jahr zu betrauen.

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