Seit dem 1. April ist Cannabis in Deutschland unter bestimmten Bedingungen legal. Was gilt künftig für den Besitz und den Anbau der Droge, was sind die Regeln im Straßenverkehr und welche Suchtberatungsmöglichkeiten gibt es in Rastatt und Baden-Baden?
Das sind wichtige Fragen und Antworten zum Thema.
Wie viel Gramm Cannabis dürfen seit April im Besitz sein?
Erwachsene dürfen bis zu 50 Gramm getrocknetes Cannabis zu Hause zum Zweck des Eigenkonsums besitzen, teilte das Landratsamt Rastatt mit. In der Öffentlichkeit dürfen 25 Gramm mit sich geführt werden, unabhängig vom konkreten THC-Gehalt und der Herkunft. Für Minderjährige bleiben Besitz, Anbau und Erwerb weiterhin verboten.
Welche Strafen drohen bei Verstößen?
Wer unterwegs mit mehr als 25 Gramm und bis zu 30 Gramm erwischt wird, begeht eine Ordnungswidrigkeit und riskiert ein Bußgeld. Gleiches gilt, wenn zu Hause über 50 Gramm und bis zu 60 Gramm getrocknetes Cannabis gefunden wird. Wer diese Obergrenzen überschreitet, macht sich strafbar: Im schlimmsten Fall droht Gefängnis.
Konsumenten dürfen Cannabis über das Internet bestellen
Welche Regeln gelten für den Anbau zu Hause?
Erwachsene, die in Deutschland seit sechs Monaten einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, dürfen laut Mitteilung des Landratsamts zum Zwecke des Eigenkonsums drei Pflanzen zu Hause züchten. Die Anzahl von drei Cannabispflanzen gilt je volljähriger Person eines Haushalts.
Dürfen Cannabissamen im Internet bestellt werden?
Cannabissamen dürfen aus EU-Mitgliedsstaaten zum Zwecke des privaten Eigenanbaus eingeführt werden. Ein Erwerb über das Internet und der Versand nach Deutschland ist zulässig.
Gibt es einen Grenzwert für den Straßenverkehr?
Aktuell gibt es noch keinen, teilte das Landratsamt mit. Eine Expertenkommission schlägt als Grenzwert 3,5 Nanogramm Tetrahydrocannabinol (THC) je Milliliter Blutserum vor. Ab diesem Wert gehen die Experten von einer möglichen Wirkung auf das Fahrverhalten aus. Dieser soll vergleichbar sein mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,2 Promille. Allerdings muss dieser Grenzwert erst noch beschlossen werden.
Der Mehraufwand für uns ist riesig. Die Fachstelle kann diese höhere Nachfrage personell nicht auffangen.Martina Rapp
Leiterin der Fachstelle Sucht Rastatt/Baden-Baden
Gibt es ein Beratungsangebot im Landkreis Rastatt und Stadtkreis Baden-Baden?
Für die Beratung von Cannabiskonsumenten ist die Fachstelle Sucht mit den beiden Standorten in Rastatt und in Baden-Baden (südlicher Landkreis Rastatt) zuständig. Die Beratung richtet sich an alle Altersgruppen und erfolgt persönlich oder online über das digitale Beratungsportal DigiSucht. Es gibt zudem Angebote für Angehörige von Suchtkranken.
Wie läuft so eine Beratung ab?
Die Fachstelle bietet den Betroffenen in der Beratung an erster Stelle ein offenes Ohr an und unterstützt bei der Suche nach Lösungen. Falls notwendig, stellen die Mitarbeiter auch Kontakt zu einer Suchtklinik her.
Welche Angebote im Bereich der Cannabis-Prävention gibt es im Landkreis Rastatt bereits?
Der Quo-Vadis-Workshop ist ein Angebot zur Cannabis-Prävention für Klasse acht bis zehn. Die digitale Plattform feelOK beinhaltet Materialien zur Cannabis-Prävention für Schulklassen. Die Durchführung wird von der Fachstelle unterstützt. Falls bereits konsumiert wird, rät die Fachstelle zum sogenannten Risiko-Check Drogen. Das ist ein Frühinterventionskurs für Jugendliche ab 14 Jahren. Für weiterführende Schulen und Berufsschulen gibt es neben individuellen Workshops auch einen Interventionsleitfaden, der Gespräche zwischen Lehrkraft und Schüler vorsieht.
In der Fachstelle Rastatt sind doppelt so viele Menschen wegen Cannabis in Beratung
Was kommt durch die Legalisierung neu ins Angebot?
Die Fachstelle Sucht und das Landratsamt haben die Angebote zur Cannabis-Prävention und Suchtberatung bereits deutlich ausgeweitet. Nicht nur für Lehrkräfte, sondern auch für Vereine ist eine Fortbildung zum Thema Cannabislegalisierung geplant. Im Mai werden zusätzliche Fachkräfte mit Materialien zur Prävention geschult. Neben den aufgelisteten Angeboten und der persönlichen Beratung gibt es auch Selbsthilfegruppen für Menschen mit Cannabisabhängigkeit.
Gibt es jetzt schon mehr Zulauf?
Die Nachfrage zum Thema ist in den vergangenen Jahren bereits gestiegen und wird sich durch die Legalisierung vermutlich noch weiter erhöhen, so Martina Rapp, Leiterin der Suchtstelle Rastatt/Baden-Baden. 2023 gab es im Vergleich zum Vorjahr rund ein Drittel mehr Anfragen für Präventionsangebote. Die Anzahl der Menschen, die wegen Cannabis in Beratung und Behandlung sind, hat sich mehr als verdoppelt. „Der Mehraufwand für uns ist riesig. Die Fachstelle kann diese höhere Nachfrage personell nicht auffangen“, stellt Rapp fest. Es kann daher zu längeren Wartezeiten kommen.
Service
Weitere Informationen zum Thema gibt es auf der Website des Bundesgesundheitsministeriums.
Die Fachstelle Sucht Rastatt/Baden-Baden ist unter (0 72 22) 4 05 87 90 erreichbar.