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Corona-Bilanz

Psychologische Beratungstelle Rastatt legt in der Pandemie den Fokus auf Familien

Die Corona-Krise macht gerade jungen Menschen psychisch schwer zu schaffen. Wie stark die Pandemie die Arbeit der Psychologischen Beratungsstelle des Landkreises Rastatt prägt, zeigte jetzt der Jahresbericht der Einrichtung. Familienprobleme sind Hauptberatungsgrund.

Dicke Luft: Konflikte der Eltern waren der Hauptgrund, weshalb sich junge Menschen 2020 mit der Beratungsstelle in Verbindung setzten.
Dicke Luft: Konflikte der Eltern waren der Hauptgrund, weshalb sich junge Menschen 2020 mit der Beratungsstelle in Verbindung setzten. Foto: Silvia Marks/dpa

1.989 Fälle insgesamt und 1.434 Anmeldungen vermeldet die Psychologische Beratungsstelle (PB) des Landkreises Rastatt im Corona-Jahr 2020. Damit sind die Zahlen zwar um 125 Fälle und 270 Anmeldungen gegenüber dem Vorjahr gesunken. Dafür hat sich aber die Anzahl der Stunden für Telefonberatungen von 705 auf 1.696 mehr als verdoppelt.

Der wichtigste Beratungsgrund war mit einem Anteil von 42,8 Prozent die Belastung durch Familienprobleme, wie der Sachbereichsleiter der Psychologischen Beratungsstelle, Johannes Baumann, in seinem Jahresbericht 2020 verdeutlichte.

Johannes Baumann, Leiter der Psychologischen Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche.
Johannes Baumann, Leiter der Psychologischen Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche. Foto: Repro: Ralf Joachim Kraft

Der PB-Leiter legte vor dem Jugendhilfeausschuss den Fokus auf die Familienberatung in der Pandemie. Seinen Angaben zufolge nutzten 3,7 Prozent der jugendlichen Einwohner unter 21 Jahren die Beratungsstelle. 59 Prozent der angemeldeten Kinder und Jugendlichen waren zwischen sechs und 17 Jahre alt.

Die Beratungsangebote blieben „mit einigen dem Infektionsschutz geschuldeten Abstrichen und technischen Veränderungen“ für die Ratsuchenden verfügbar. Das Personal unterstützte überdies das Gesundheitsamt bei der Kontakt-Nachverfolgung und beteiligte sich aus aktuellem Anlass an der Aufarbeitung der Folgen eines schwerwiegenden Missbrauchsverdachts in Kindergärten.

Neue Entwicklung: Familienberatung online

Neue Wege ging die PB bei der Familienberatung. In der ersten Pandemiewelle im März/April 2020 stellte sie ihr Angebot zunächst auf eine intensivere Telefonberatung um. Ab Mai herrschte „modifizierter Normalbetrieb mit Hygienekonzept“. Und ab Herbst wurden mit Beginn der zweiten Welle „neben persönlichen Gesprächen in dringenden Fällen“ verstärkt Videomeetings in Beratung und Teamkommunikation angeboten.

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Seit März vorigen Jahres sei die Arbeit der Familien- und Jugendberatung von den Veränderungen und Herausforderungen durch Corona geprägt, unterstrich Baumann. „Die Pandemiefolgen sind im Alltagsleben deutlich spürbar. Zwar bewältigen viele Familien die Situation mit ihren teils sehr hohen Belastungen gut. Doch die Daten zeigen bei mehr Kindern ein beeinträchtigtes gesundheitliches Wohlbefinden und ein erhöhtes Risiko psychischer Auffälligkeiten“, berichtete der Sachbereichsleiter.

Pandemie macht jungen Menschen schwer zu schaffen

In der Schule führten Homeschooling und Unterrichtsausfälle zu weniger Unterstützung und zu einem Leistungsabfall vor allem bei schwächeren Schülern aus sozial benachteiligten Familien. Viele Kinder und Jugendliche verlören wegen fehlender Tagesstruktur und ausbleibender sozialer Motivation den Anschluss an das schulische Lernen.

Schulpsychologische Dienste beobachteten einen Anstieg von schulverweigerndem Verhalten. Jugendliche hätten wegen des Ausfalls von Praktika eingeschränkte Möglichkeiten der Berufsorientierung. Studierende, vor allem Studienanfänger, hätten durch die Kontaktbeschränkungen weniger Gelegenheiten, sich gegenseitig zu helfen.

Schulverweigerndes Verhalten hat zugenommen.
Johannes Baumann, Leiter der Psychologischen Beratungsstelle

„In der Freizeit haben junge Menschen, die sich gerade von ihrer Familie ablösen und einen Weg ins eigene Leben finden sollen, weniger Bewegungsfreiheit und Kontakte außerhalb der Familie“, so Baumann. Das Internet biete ihnen zwar wichtige Kommunikationsmittel für Schule, Ausbildung und Beruf. Allerdings berge es auch Risiken in Form einer „erhöhten problematischen Nutzung“.

Als Problem in vielen Familien hätten sich Homeoffice oder Kurzarbeit in Verbindung mit Schul- und Kitaschließungen erwiesen, berichtete Baumann von räumlicher Enge, von Sorgen der Eltern, Ängsten, Depressionen und einem insgesamt erhöhten familiären Stress. Probleme für den Kinderschutz ergäben sich unter anderem durch den zeitweisen Ausfall von Kitas und Schulen, „die als außerfamiliäre Anlaufstellen für Opfer von familiärer Gewalt oder Vernachlässigung dienen“.



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