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Polizeibeamte stehen am Gelände des Botanischen Gartens der Heidelberger Universität.

18-Jähriger erschießt Studentin

„Die Studierenden hatten Todesangst“: Fassungslosigkeit nach Amoktat in Heidelberg

Mit zwei Waffen und mehr als 100 Schuss Munition im Rucksack betritt ein junger Mann einen Hörsaal und schießt. Ein Amoklauf erschüttert die Touristenstadt Heidelberg – eine junge Frau und der mutmaßliche Täter sterben, drei Menschen sind verletzt.
von Wolfgang Jung, Mirjam Uhrich, Henning Otte
3 Minuten
von Wolfgang Jung, Mirjam Uhrich, Henning Otte
3 Minuten

Das Entsetzen nach dem Amoklauf in Heidelberg steht Polizeipräsident Siegfried Kollmar auch Stunden danach noch deutlich ins Gesicht geschrieben.

Binnen 43 Sekunden seien am Mittag sieben Notrufe eingegangen – „da wussten wir, dass das keine Fake News waren“. In einem Hörsaal seien Schüsse gefallen, hieß es.

Minuten später waren Beamte auf dem Campus der renommierten Universität, insgesamt dann 400 Einsatzkräfte.

Die Polizei ist mit einem Großaufgebot auf dem Gelände der Heidelberger Universität.
Die Polizei ist mit einem Großaufgebot auf dem Gelände der Heidelberger Universität. Foto: R.Priebe//Pr-Video/dpa

Sie finden den 18 Jahre alten mutmaßlichen Täter, ein Student der Biowissenschaft, tot auf dem Areal. Eine 23-jährige Frau stirbt später an ihren Schussverletzungen, drei Menschen werden verletzt. Warum der junge Mann mit zwei illegal im Ausland erworbenen Waffen, einer Schrotflinte und einem Repetiergewehr, in den Hörsaal stürmte, blieb zunächst unklar.

Heidelberg ist nach Amoklauf im Ausnahmezustand

Am Mittag dieses sonnigen Januartags wirkte der Touristenmagnet Heidelberg, die weltberühmte Barockperle am Neckar, am rechten Ufer wie im Ausnahmezustand. Kurz nach dem Amoklauf grenzten rot-weiße Absperrbänder auf dem riesigen Universitätsgelände den Tatort ab, die Polizei kontrollierte die Zufahrten. In der Luft war ein Polizeihubschrauber, unweit kreuzte ein Patrouillenboot der Wasserschutzpolizei.

Untersuchung der Langwaffe: Polizeibeamte bei ihrem Einsatz nach einem Amoklauf auf dem Campus der Heidelberger Universität.
Untersuchung der Langwaffe: Polizeibeamte bei ihrem Einsatz nach einem Amoklauf auf dem Campus der Heidelberger Universität. Foto: Sebastian Gollnow/dpa

„Den Ermittlungen zufolge ist der Täter kurz vor halb eins in den Hörsaal gekommen und hat um sich geschossen“, sagt ein Polizeisprecher. Die Einsatzkräfte seien durch einen Anruf alarmiert worden. „Der Täter ist geflüchtet und hat sich selbst gerichtet.“

Zuerst haben wir das gar nicht geglaubt, was da über Telegram und Whatsapp rein kam.
Student

Auf dem labyrinthartigen Gelände suchte ein Spezialeinsatzkommando nach einem möglichen zweiten Täter – gegen 15.15 Uhr dann die Entwarnung: Der Mann sei ein Einzeltäter gewesen. Er soll demnach keine politischen oder religiösen Motive gehabt haben.

Mitglieder des SEK auf dem Gelände der Heidelberger Universität.
Mitglieder des SEK auf dem Gelände der Heidelberger Universität. Foto: R.Priebe//Pr-Video/dpa

„Zuerst haben wir das gar nicht geglaubt, was da über Telegram und Whatsapp rein kam“, erzählt ein 32-Jähriger, der am benachbarten Campus Bergheim Soziologie, Philosophie und Kunstgeschichte studiert.

Helikopter fliegen über die Stadt

Doch die Helikopter in der Luft hätten dann keinen Zweifel gelassen – etwas Schlimmes war passiert. Einige Studenten seien nach Hause gegangen, andere wie er selbst seien wegen der unklaren Situation in den Räumen geblieben. Ohnehin seien die Busse nicht mehr gefahren.

So etwas im ruhigen Heidelberg.
Beobachterin des Polizeieinsatzes

Eine Mitarbeiterin des Uniklinikums war gerade auf dem Weg in die Mittagspause. „Eigentlich wollte ich nur kurz zum Bäcker, da sind mir schon richtig viele Streifenwagen entgegengekommen. Im Zehn-Sekunden-Takt. Da dachte ich mir, dass irgendwas passiert sein muss.“

Ein Schild der Spurensicherung liegt auf dem Campus der Universität Heidelberg neben einer Patronenhülse.
Ein Schild der Spurensicherung liegt auf dem Campus der Universität Heidelberg neben einer Patronenhülse. Foto: Sebastian Gollnow/dpa

„So etwas im ruhigen Heidelberg“, sagt eine Frau, die am Nachmittag mit anderen Angestellten der Universität unweit der Polizisten steht. „Man kennt das ja nur aus dem Fernsehen.“ Ihre Begleiterin schüttelt den Kopf. „Erst vor ein paar Jahren ist ein Mann hier in Heidelberg mit dem Auto Amok gefahren und hat einen Mann getötet“, sagt sie. „Alle waren schockiert. Das hier ist genauso schlimm.“

Polizeibeamte sichern Spuren am Gelände des Botanischen Gartens der Heidelberger Universität. Hier ist es zuvor zu einem Amoklauf gekommen.
Polizeibeamte sichern Spuren am Gelände des Botanischen Gartens der Heidelberger Universität. Foto: Uwe Anspach/dpa

Die Tat werde lange nachhallen, meinen Ermittler. „Da war Panik“, schildert Kollmar. „Die Studierenden hatten Todesangst.“

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