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„Unsäglicher Trend“

„Trauriger Ferienbeginn“: Bombendrohungen legen Schulen in Baden-Württemberg lahm

Anonyme Droh-Mails haben am Freitag einige Schulen in Baden-Württemberg lahmgelegt. Die Politik spricht von einem „unsäglichen Trend“.

Einsatzkräfte der Polizei stehen vor dem Hegel-Gymnasium im Stuttgarter Stadtbezirk Vaihingen.
Einsatzkräfte der Polizei stehen vor dem Hegel-Gymnasium im Stuttgarter Stadtbezirk Vaihingen. Die Einrichtung wurde geräumt, nachdem vor Schulbeginn eine Drohmail eingegangen war. Foto: Andreas Rosar/dpa

Dutzende blau-gelbe Mannschaftsbusse stehen vor den Schulgebäuden, die Straßen sind gesperrt, Beamte weisen verunsicherten Schülern den Weg, Sprengstoff-Spürhunde schnuppern sich durch Mülltonnen.

Szenen, wie sie sich am Freitagvormittag in mehreren Gegenden Baden-Württembergs abspielen. Der letzte Schultag vor den Herbstferien endet für viele Schülerinnen und Schüler in Stuttgart und im Norden und Osten der Landeshauptstadt mit einem Großaufgebot an Polizeikräften – und Gefühlen der Angst und Unsicherheit.

Was ist passiert? Am frühen Morgen gehen an mehreren Schulen Bombendrohungen ein, sie kommen per Mail. Über den Inhalt und die Hintergründe ist noch nichts öffentlich bekannt.

Polizei rückt nach Bombendrohungen mit Großaufgebot zu Schulen an

Betroffen sind Schulen im Rems-Murr-Kreis – in Schorndorf, Fellbach, Waiblingen –, aber auch in Stuttgart-Vaihingen und in Göppingen. Die Einsatzkräfte rücken mit einem Großaufgebot an, sie räumen die Schulen, suchen nach Sprengstoff. In Schorndorf werden die Schüler in die Stadtkirche gebracht, in Fellbach in die Festhalle. In Waiblingen sollen sich die Kinder zunächst auf dem Sportplatz versammeln, dann werden sie nach Hause geschickt.

Nicht nur Schülerinnen und Schüler sind betroffen. Auch in der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit in Mannheim geht am Freitag eine Drohmail ein, das Gebäude wird geräumt, 150 Studenten werden nach Hause geschickt.

Mehrere Einsatzfahrzeuge der Polizei stehen auf dem Gelände der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit in Mannheim.
Mehrere Einsatzfahrzeuge der Polizei stehen auf dem Gelände der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit in Mannheim. Foto: Rene Priebe/dpa

In ganz Deutschland halten seit mehreren Tagen Bombendrohungen die Behörden in Atem. Besonders im Fokus sind Schulen – wie am Montag die Grund- und Gemeinschaftsschule Drais in Karlsruhe. Die Urheber sind unbekannt, die Hintergründe unklar.

In einigen Fällen wurden in den Schreiben Bezüge zur islamistischen Hamas sowie zum Gaza-Krieg hergestellt, aber auch der Ukraine-Konflikt war Thema. Inwieweit auch Trittbrettfahrer hinter den Taten stecken, kann die Polizei noch nicht sagen.

So führt eine kurze Nachricht schnell dazu, dass Hunderte Kinder ein Gebäude verlassen müssen. Finden können die Einsatzkräfte am Freitag in Baden-Württemberg nichts.

Grundsätzlich müsse man aber jede Drohung ernst nehmen, sagte ein Polizeisprecher. Das ist das Dilemma der Einsatzkräfte: Sie müssen jedem Hinweis nachgehen, auch wenn es sich am Ende als leere Drohung herausstellt.

Polizeipräsidien arbeiten autark an Drohmail-Fällen

Man müsse diesen „unsäglichen Trend“ im Keim ersticken, fordert der SPD-Innenpolitiker Sascha Binder. Aber wie? Das Innenministerium sieht noch keine Gefährdungslage, die eine zentrale Steuerung erfordert.

Bislang arbeiteten alle Polizeipräsidien autark an den Fällen, sagte eine Sprecherin, weil sich bisher die Ernsthaftigkeit der Drohungen nicht bestätigt habe. Man nehme aber jede Drohung ernst. Personell gebe es durch die Einsätze keine Engpässe.

Wenn das nun wochenlang die Schulen begleitet, ist das eine richtige Hausnummer
Matthias Schneider
Bildungsgewerkschaft GEW

„Im Netz nach gefälschten Absendern zu suchen, kann nicht die Aufgabe einzelner Reviere sein“, kritisiert hingegen Binder. „Wir müssen genug Know-How und Kapazitäten einsetzen, um die Urheber dieser Drohungen schnell zu ermitteln.“ Eine Welle von Nachahmungstaten sei ein echtes Risiko. Binder schlägt vor, die Ermittlungen zusammenzuziehen.

„Wenn das nun wochenlang die Schulen begleitet, ist das eine richtige Hausnummer“, sagt der Geschäftsführer der Bildungsgewerkschaft GEW in Baden-Württemberg, Matthias Schneider.

Aber eine ausgefallene Unterrichtsstunde sei weniger schlimm als wenn Menschen ums Leben kämen. „Schulen sollten ein geschützter Raum sein, kommentierte Fellbachs Oberbürgermeisterin Gabriele Zull die Ereignisse vom Freitag. „Ein trauriger Ferienbeginn! Ich wünsche allen, dass Sie Zeit haben, zur Ruhe zu kommen.“

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