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Meinung

von Erika Becker

Neujahrswunsch an den Bundesminister

Kommunen brauchen mehr Entscheidungsfreiheit bei Tempo 30

Immer mehr Kommunen wollen Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit, auch der Landesverkehrsminister ist dafür. Doch sein Kollege im Bund blockiert das Anliegen, das Leben retten kann.

Störfaktor Straßenverkehr: Die meisten Deutschen finden ihre Straßen zu laut. Ein Tempolimit von 30 Stundenkilometern lässt die Lärmbelastung wirksam sinken, doch er ist nicht überall möglich.
Eingeschränkter Entscheidungsspielraum: Kommunen dürfen sich nicht generell für Tempo 30 auf Durchgangsstraßen aussprechen. Foto: Axel Heimken /dpa

Es muss sich was tun bei der Gesetzgebung für den Straßenverkehr. Immer mehr Städte und Gemeinden in Deutschland fordern zurecht eine größere lokale Gestaltungsfreiheit beim Thema Autoverkehr.

Nicht wenige wünschen sich sogar Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit. Doch während das Verkehrsministerium in Stuttgart die Zeichen der Zeit erkannt hat, bleibt der zuständige Bundesminister Wissing, FDP, bei dieser mitunter lebenswichtigen Frage auf Tauchstation.

Dabei sind die Vorteile für die vor Ort betroffenen Menschen, für Leib und Leben, seit Jahren bekannt und jüngst erst wieder durch eine Studie des Umweltbundesamtes bestätigt. Tempo 30 sorgt für deutlich weniger Lärm und deutlich mehr Sicherheit. Indirekt wird auch die Luftqualität besser und der Klimaschutz befördert – auch, weil mehr Menschen nach Alternativen für den dann nicht mehr ganz so bequemen Autoverkehr suchen.

Wann ist der Mensch wichtiger als das Auto?

Jahr für Jahr sterben Menschen in deutschen Städten, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs sind. Wann ist der Mensch dem Gesetzgeber endlich wichtiger als das Auto? Das Beispiel Helsinki zeigt, dass es geht: Tempo 30 wurde hier bereits 2019 stadtweit eingeführt. In der Folge gab es dort erstmals in dieser besonders gefährdeten Gruppe keine Verkehrstoten mehr.

Mehr Sicherheit auf Fuß- und Radwegen – für alle, die sie nutzen, muss dies doch das höchste Gut sein. Doch die Kommunen sind an die Straßenverkehrsordnung gebunden, und für die ist der Bund zuständig.

Tempo 30 ist da nur unter bestimmten Bedingungen zulässig – etwa bei besonderer Gefährdung oder vor Einrichtungen wie Schulen oder Krankenhäusern. Mit der verwirrenden Folge, dass mitunter auf der gleichen Straße die zulässige Geschwindigkeit überraschend oft wechselt.

Initiative „Lebenswerte Städte“

Das kann so nicht bleiben, fordern mittlerweile 360 Kommunen, die sich zu der Initiative „Lebenswerte Städte“ zusammengeschlossen haben. Dabei ist es egal, ob CDU, SPD, Grüne oder andere die kommunale Führungsrolle innehaben. Vor Ort zählt allein die Lebensqualität.

Auch Karlsruhe und Pforzheim gehören der wachsenden Initiative an. Bundesweit haben sich ihr selbst fünf FDP-geführte Rathäuser angeschlossen. Allein das Bundesverkehrsministerium unter FDP-Mann Volker Wissing tritt auf die Bremse.

Ein generelles Tempolimit lehnt seine Partei nach wie vor ab. Mit jeder Kommune aber, die dem Bündnis beitritt, wächst der Druck auf den Minister, seine umwelt- und menschenfeindliche Position zu überdenken.

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