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Apotheker erklärt Hintergründe

Apothekenstreik auch in Pforzheim: „Wir hoffen, dass es zu einem Wachrütteln der Politik führt“

An diesem Mittwoch werden bundesweit und damit auch in Pforzheim und Enzkreis viele Apotheken bestreikt. Beim Protesttag will der Verband auf die Nöte seiner Mitglieder hinweisen.

„Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ – hat dieser Spruch bald ausgedient?
Auch in Pforzheim und im Enzkreis haben die Apotheken am Mittwoch geschlossen. Foto: Monika Skolimowska/dpa

An diesem Mittwoch streiken auch in Pforzheim und dem Enzkreis die Apotheken. Es gibt eine Notfallversorgung. Der Pforzheimer Apotheker Christian Kraus erklärt die Hintergründe.

Was erwarten Sie vom Streik der Apotheker?
Kraus

Wir hoffen, dass es zu einem Wachrütteln der Politik führt. Wir waren lange sehr ruhig und zurückhaltend, vielleicht zu ruhig. Aber nun ist das Fass übergelaufen aufgrund verschiedener Faktoren. Wir wehren uns gegen einen zehnjährigen Stillstand beim Apothekenhonorar, eine sich zuspitzende Lieferengpass-Krise, einen massiven Personalmangel in den Apotheken und eine nicht mehr hinnehmbare bürokratische Last. Die Politik sagt seit Jahren, dass sie das erkennt – aber sie handelt nicht. Mit dieser Ignoranz muss Schluss sein.

Wie reagieren Ihre Kunden auf den angekündigten Streik?
Kraus

Wir haben im Vorfeld unsere Kundschaft informiert, plakatiert und Handzettel verteilt. Ich bekomme von meinen Kunden ganz viel Zuspruch für unsere Forderungen. Es tut uns leid, weil es die Patienten trifft, die nichts dafür können. Aber wenn man ihnen das komplexe Bezahlungssystem erklärt, haben sie Verständnis. Wir haben seit zehn Jahren eingefrorene Honorare, die sogar gekürzt wurden, unter anderem, weil die Krankenkassen scheinbar kein Geld haben. Alles wird teurer, aber die Apotheken werden noch zur Kasse gebeten. Ein anderer Punkt ist, dass sich die Situation bei den Lieferengpässen keinesfalls entspannt hat, im Gegenteil. Wir sind hier mit gigantischer Mehrarbeit die Problemlöser, aber auch hier versagt man uns eine entsprechende Bezahlung.

Was geschieht, wenn die Regierung auf die Erhöhung der Vergütung von 8,35 auf zwölf Euro pro rezeptpflichtigem Medikament nicht eingeht?
Kraus

Wir werden ganz genau beobachten, wie sich die Politik verhält und was dort unternommen oder unterlassen wird. Wer eine persönliche und wohnortnahe Versorgung auf qualitativ hochwertigem Niveau erhalten möchte, muss dafür sorgen, dass das auch möglich ist. Wir Apotheker brauchen dazu erstens auskömmliche Honorare, die an die aktuelle Kostensituation mit Inflation und Energiekrise angepasst werden. Zweitens muss diese Anpassung jährlich überprüft und nachgesteuert werden. Wenn die Apothekenlandschaft nicht kaputt gespart werden soll, dann muss unsere Regierung zügig handeln. Deshalb: Wir kämpfen jetzt am Protesttag – aber wir werden weiter kämpfen, wenn wir weiter im Regen stehen gelassen werden.

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