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Vorständin der Ersinger Raiffeisenbank

„Die Bank vor Ort ist besser als eine Videokabine“

Anette Waidelich ist seit 25 Jahren Vorständin der Ersinger Raiffeisenbank in Kämpfelbach – und damit eine von wenigen Frauen in einem solchen Amt.

Auf eine vornehme Ausstattung legt Anette Waidelich in ihrem Büro keinen großen Wert. Die Vorständin der Ersinger Raiffeisenbank ist bodenständig und schätzt den persönlichen Kontakt zu den Kunden.
Auf eine vornehme Ausstattung legt Anette Waidelich in ihrem Büro keinen großen Wert. Die Vorständin der Ersinger Raiffeisenbank in Kämpfelbach ist bodenständig und schätzt den persönlichen Kontakt zu den Kunden. Foto: Nico Roller

Stundenlang hatte sie sich gefragt, worum es wohl bei dem Termin gehen würde, um den man sie gebeten hatte. Etwas seltsam kam ihr das Ganze schon vor, denn keiner wollte ihr Details nennen. Doch als zur vereinbarten Uhrzeit die Aufsichtsratsmitglieder Martina Theurer und Martin Grimm mit Pralinen und Champagner vor ihrer Tür standen, da wusste Anette Waidelich, worum es ging: ihr Dienstjubiläum. Seit 25 Jahren lenkt Waidelich als Vorständin die Geschicke der Ersinger Raiffeisenbank. Zusammen mit ihrer Kollegin Kristin Sauter leitet sie das Geldinstitut, das sich bislang gegen alle Fusionen gewehrt hat.

Kämpfelbach: Die Bankerin hat ihre Berufsentscheidung nie bereut

Wenn Sie auf die vergangenen 25 Jahre zurückblicken: Gibt es Ereignisse oder Herausforderungen, die Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben sind?
Waidelich
Die 25 Jahre sind mir als eine lange, aber auch als eine schöne Zeit in Erinnerung. Bei uns gab es wenig Aufs und Abs. Wir waren schon immer Freunde einer konstanten Geschäftspolitik.
Ihr erster Arbeitstag als Vorständin war im Jahr 1998 Anfang Dezember. Können Sie sich noch daran erinnern, wie das damals war?
Waidelich
Der erste Arbeitstag als Vorständin war eigentlich nicht nennenswert anders als alle anderen Tage, weil ich schon davor im Haus als Prokuristin tätig war. Ich muss ehrlich zugeben, dass ich mich an diesem Tag an nichts Konkretes mehr erinnern kann, außer an die Kolleginnen und Kollegen, die mir gratuliert und ein Geschenk gebracht haben. Das hat mich sehr gefreut: Das weiß ich noch.
2024 sind Sie bereits seit 40 Jahren bei der Ersinger Raiffeisenbank. Ursprünglich wollten Sie ja Journalistin werden, aber dann haben Sie sich doch für eine Banklehre entschieden. Wie kam das?
Waidelich
Das war wahrscheinlich auch ein bisschen Bequemlichkeit. Weil ich zuvor einen Ferienjob bei der Raiffeisenbank gemacht hatte, fragte man mich, ob ich eine Bankausbildung anfangen möchte. Nachdem ich viel Zeit für die Abiturvorbereitung aufgewendet hatte, wollte ich nicht mehr groß suchen. Da dachte ich mir: Der Ferienjob hat immer Spaß gemacht, Mathe war schon immer mein Lieblingsfach: Warum also keine Bankausbildung? Wenn man kaufmännisches Grundwissen hat, ist das sicher kein Fehler. Und so war es auch. Bis heute habe ich die Entscheidung nie bereut.
Aktuell sind Frauen in den Vorstandsämtern von Banken nur sehr schwach vertreten. Was glauben Sie, woran das liegen könnte?
Waidelich
Ein Faktor ist aus meiner Sicht, dass prozentual weniger Frauen in den Vorstand möchten. In der Vergangenheit war das sicher noch stärker der Fall als heute, weil es damals noch die klassische Rollenverteilung gegeben hat, die für Frauen keinen Vollzeitjob vorgesehen hat. Als ich vor 25 Jahren in den Vorstand kam, war das mit Sicherheit noch so. Heute hat sich da ja zum Glück einiges verändert. Dass trotzdem immer noch weniger Frauen als Männer in Vorstandsämtern sind, kann ich mir daher auch damit erklären, dass man einer Frau ein Amt nicht zutraut, das jahrelang nur Männer innehatten.
In den vergangenen Jahren haben zahlreiche lokale Volks- und Raiffeisenbanken den Weg der Fusion gewählt. Kieselbronn und Ersingen nicht. Warum haben Sie sich so entschieden?
Waidelich
Als man mich vor 25 Jahren in den Vorstand berief, tat man das auch mit dem Hintergedanken, dass es hier in Ersingen mit einer kleinen Genossenschaftsbank weitergehen soll. Man wollte nicht irgendeine Filiale eines großen Hauses werden. Diesem Auftrag fühle ich mich bis heute verpflichtet. Deswegen überprüfen wir auch immer, ob wir unser Kundenfeld noch angemessen beraten können. Aktuell ist das definitiv der Fall. Wir sind der Meinung, dass für unsere Kunden die Bank vor Ort mit ihrer individuellen Beratung eine bessere Lösung ist als eine Videokabine.
In Ersingen sind Sie dafür bekannt, großen Wert auf den persönlichen Austausch zu legen. Warum ist Ihnen das so wichtig?
Waidelich
Geldgeschäfte haben einen hohen Stellenwert, weil es bei ihnen auch wirklich um Werte geht, unter Umständen um wichtige Entscheidungen für Jahre. Ich finde, dass es da schöner, angenehmer und vertrauensvoller ist, sich direkt gegenüber zu sitzen und sich in die Augen schauen zu können.
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