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Zu Geldstrafe verurteilt

Nach Tierquälerei im Enzkreis: Transporteur ist sich keiner Schuld bewusst

Nachdem ein Rind so schwer verletzt bei einem Schlachthof im westlichen Enzkreis ankam, dass es nicht mehr aufstehen konnte, malträtierte ein 49-Jähriger es mit einem Elektroschocker. Dafür muss er nun eine Geldstrafe zahlen.

Verwundetes Rind
Ein verwundetes Rind, wie in diesem Symbolbild, wollte ein Lkw-Fahrer im April 2022 zum Verlassen des Transporters mithilfe von Elektroschocks zwingen. Nach jedem Schock reagierte das Rind mit einem weiteren vergeblichen Versuch, auf die Beine zu kommen. Foto: dpa/SOKO Tierschutz e.V.

Immer wieder hat der Lkw-Fahrer ein verletzt am Boden liegendes Rind beim Abladen am Schlachthof im Enzkreis mit dem Elektroschocker malträtiert.

Mit einer Geldstrafe von 4.500 Euro für die Quälerei ist der 49-Jährige am Donnerstag vor dem Amtsgericht Pforzheim mit einem blauen Auge davongekommen, nachdem er seinen Strafbefehl akzeptiert und in letzter Minute von seiner Einspruch-Strategie („Alles dramatisiert!“) abgelassen hatte.

Gesunde Tiere im Enzkreis über das am Boden liegende getrieben

Irgendwann auf der stundenlangen Fahrt, die am 6. April 2022 um 20.30 Uhr begann und früh morgens gegen vier Uhr an einem Schlachthof im westlichen Enzkreis endete, hatte sich eines der 18 Rinder so stark verletzt, dass es nicht mehr aufstehen konnte und versuchte, auf den Knien zur Laderampe zu robben.

Dem Lkw-Fahrer war das egal: Erst trieb er die 17 gesunden Rinder über das hilflos am Boden liegende Tier, wobei es mehrfach von seinen Artgenossen getreten wurde. Dann versuchte er, das Rind mindestens 14-mal mit dem Elektroschocker zum Aufstehen zu bewegen.

Fahrer wendete Elektroschocks auch im Analbereich an

Zwischen fünf Sekunden und bis zu einer halben Minute dauerten die Schläge gegen Flanken, Rippen und Brust. Mit dem längsten Stoß zielte der Angeklagte gegen den besonders schmerzempfindlichen Analbereich. Nach jedem Schock reagierte das Rind mit einem weiteren vergeblichen Versuch, auf die Beine zu kommen, um den Schmerzen zu entfliehen.

Wegen eines Vergehens gegen das Tierschutzgesetz bekam der Lkw-Fahrer nun einen Strafbefehl über 90 Tagessätze zu je 50 Euro verhängt – exakt an der Grenze zur Vorstrafe, die bei 91 Tagessätzen beginnt.

Dass der Gebrauch von Schockern beschränkt ist und bei erwachsenen Rindern nur in Richtung Muskelgewebe zielen darf, hätte der Tiertransporteur, dem 2018 eine Befähigungsermächtigung von Veterinäramt Coesfeld an seinem Wohnort in Nordrhein-Westfalen ausgestellt wurde, wissen müssen.

Einsicht ließ der Angeklagte jedoch vermissen und legte Einspruch ein, sodass sich Strafrichter Marc-Robin Rastätter mit dem Fall beschäftigen musste und zum Prozessauftakt dem Angeklagten mögliche Konsequenzen erläuterte, nämlich, dass eine Strafe sich auch durchaus erhöhen könne, sollte sich die Tiermisshandlung bestätigen.

Diese beginne bereits damit, dass die gesunde Herde über das kranke Rind hinüber ausgeladen worden sei.

Der 49-Jährige sah sich völlig zu Unrecht angeklagt, wie sein Verteidiger Anwalt Axel Wanner erklärte. In dem Gutachten des Veterinäramtes Enzkreises würde eine „übliche“ Behandlung „dramatisiert“ und „hochstilisiert“.

Auf einem Video, mit dem Ausladevorgang und Stromschläge zwischen 6.36 Uhr bis 6.51 Uhr sekundengenau dokumentiert wurden, wären keine Huftritte gegen das misshandelte Tier zu erkennen.

Menschlichkeit nicht mit tierischem Leid vergleichbar

Bei einem Hinweis der Staatsanwaltschaft zu den massiven Auswirkungen von Huftritten auf Menschen, die dadurch totgetrampelt werden könnten, winkte der Anwalt ebenfalls ab. Menschliches Leid sei nicht mit tierischem Leid gleichzusetzen, störte ihn dieser Vergleich auch im juristischen Sinn.

Bevor Zeugen sowie die Sachverständige Anja Wagner vom Regierungspräsidium Tübingen, Sachgebiet Tierschutz – das 2021 nach diversen Schlachthofskandalen eigens eingerichtet wurde – zur Aufklärung beitragen konnten, zog der Angeklagte seinen Einspruch dann doch zurück.

Die Sachverständige erläuterte nach der Verhandlung gegenüber unserer Zeitung, dass sie das Vergehen gegen das Tierschutzgesetz, nachdem dem Tier erhebliche Schmerzen zugefügt worden wären, in diesem Fall hätte bestätigen können.

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