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Zu Besuch in Remchingen

Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer spricht über Fachkräftemangel

Es fehlt an Auszubildenden, die Arbeitszeiten werden sich wandeln und die Digitalisierung kostet keine Arbeitsplätze. So lauteten die Thesen, des Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer am Dienstag in Remchingen.

Ein Mann gestikuliert
Für mehr Erwerbstätige aus dem Ausland und bessere Schulsysteme setzt sich der Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer ein. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Für Ingo Kramer ist es schon fast Routine, als er Dieter Eggert am Dienstag in die Rente verabschiedet. Kramer, Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), hat in diesem Jahr selbst die Geschäftsführung seines Unternehmens an seinen Sohnes übergeben.

Nun tut es ihm Eggert gleich und legt die Führung des Präzisionswerkzeughändlers Güldner in die Hände seiner Tochter Maren Loth und ihres Mannes Stephan.

Bei der Verabschiedung im Remchinger Ortsteil Wilferdingen nahm sich Kramer die Zeit für ein Gespräch mit den BNN. Den BDA-Präsidenten beschäftigt besonders der Fachkräftemangel.

Viele Ausbildungsplätze bleiben unbesetzt

Laut Ausbildungsreport des Deutschen Gewerkschaftsbundes blieben im Jahr 2017 knapp 50 000 Ausbildungsplätze unbesetzt. „Das demografische Problem greift langsam, insofern haben wir mehr Ausbildungsplätze, als junge Menschen nachkommen“, bestätigt Kramer.

Doch ihm zufolge gibt es zwei Potenziale, die noch nicht voll ausgeschöpft sind. „15 bis 20 Prozent der jungen Menschen haben keine Berufsausbildung“, so Kramer. Grund dafür sei ein schlechter oder kein Schulabschluss. „Wir müssen die Schulsysteme besser ausbauen“, fordert der 65-Jährige. Baden-Württemberg stehe dabei ganz gut da, aber bundesweit gesehen gebe es noch Nachholbedarf.

Wir müssen mehr Erwerbstätige aus dem Ausland anwerben.
Ingo Kramer, Arbeitgeberpräsident

Ein weiteres Potenzial, um die Lücken auf dem Arbeitsmarkt zu schließen, sieht Kramer in der Zuwanderung. „Wir müssen mehr Erwerbstätige aus dem Ausland anwerben“, erklärt er.

Man brauche diese Menschen, um die volkswirtschaftliche Leistung zu halten. Allerdings sei die deutsche Gesellschaft, im Gegensatz zur Wirtschaft, noch nicht bereit dazu. Er spricht es nicht aus, spielt aber wohl auf ausländerfeindliche Ausschreitungen wie in Chemnitz an.

Kramer betont zudem, wie wichtig die Zusammenarbeit in Europa sei. „Der größte Teil der deutschen Exportwirtschaft geht nach Europa, und umgekehrt ist es genauso“, erläutert er. „Dieses zusammengewachsene Europa ist ein großer Stabilitätsfaktor, ohne den es allen europäischen Ländern schlechter ginge, auch unserem.“ Diese Möglichkeit müsse man stärker nutzen.

Der strenge Acht-Stunden-Arbeitstag wird sich auflösen.
Ingo Kramer, Arbeitgeberpräsident

Für den Arbeitsplatz der Zukunft erachtet der Arbeitgeberpräsident einen Wandel bei der Arbeitszeit für notwendig. Sie müsse flexibler gestaltbar sein. Mittags das Kind aus dem Kindergarten holen und abends nochmal am Laptop arbeiten, das sei bald Alltag.

„Der strenge Acht-Stunden-Arbeitstag wird sich auflösen“, so Kramer. Die Arbeitszeitordnung mit beispielsweise elf Stunden vorgeschriebener Ruhezeit zwischen zwei Arbeitstagen sei daher überholt. Allerdings müsse jeder selbst verantwortungsvoll mit seiner Zeit umgehen und das Handy auch mal ausschalten.

Mehr Arbeitsplätze durch die Digitalisierung

In Wilferdingen war Kramer zu Gast, weil er Eggert noch aus Studienzeiten kennt, als beide an der Karlsruher Universität eingeschrieben waren. Auch heutzutage ist er regelmäßig bei Güldner, um seinen Freund zu besuchen. „Früher stand ich hier in der Lagerhalle mit all den Einzelteilen“, berichtet er.

Jetzt gebe es das Lager in Remchingen nicht mehr, stattdessen säßen dort mittlerweile mehr Mitarbeiter, die sich um die Kundenwünsche kümmern.

„Früher dachten viele, dass durch den Fortschritt Arbeitsplätze wegfallen, stattdessen gibt es jetzt mehr, nur eben in anderen Bereichen“, sagt Kramer. So sieht er auch die fortschreitende Digitalisierung positiv.

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