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So feiern Geflüchtete Silvester

Ukrainer im Enzkreis blicken an Silvester zurück auf ein schreckliches Kriegsjahr – und hoffen auf Frieden

Ukrainerinnen und Ukrainer im Enzkreis blicken an Silvester zurück auf ein schreckliches Kriegsjahr – und hoffen auf Frieden. Besondere Neujahrs-Traditionen finden nur in abgespeckter Form statt.

Hoffnung im Zusammenhalt suchen zahlreiche geflüchtete Ukrainer in der Silvesternacht. Symbolbild: Zachmann
Hoffnung im Zusammenhalt suchen zahlreiche geflüchtete Ukrainer in der Silvesternacht. Symbolbild: Zachmann Foto: Symbolbild: Zachmann

Wenn in der Silvesternacht das farbenfrohe Feuerwerk am Himmel lodert, leuchtende Raketen explodieren und schrille Sirenen heulen, hofft Daria Sveatoduch mit bangem Blick, dass es in ihrer Heimat ruhig bleibt.

Die 31-Jährige kommt aus der ukrainischen Stadt Donezk, die zuletzt von russischen Truppen kontrolliert wurde und bei erbitterten Kämpfen unter heftigem Beschuss stand. Nachdem sie 2014 im Zuge der Krim-Annexion schon einmal ihre Heimat verlassen musste, floh sie vor wenigen Monaten erneut vor dem Krieg.

Mit ihrer acht Monate alten Tochter auf dem Arm und ihrer Mutter kam sie nach Deutschland, fand in Remchingen eine vorübergehende Bleibe und verbringt hier den Jahreswechsel. „Seit 2014, als der Krieg das erste Mal in unsere Heimat kam, mag ich keine Feuerwerke mehr“, erklärt sie in englischer Sprache.

„Sie erinnern mich nur an die Horrorszenarien. Hoffnung kann ich in den Lichtern zurzeit keine finden. Aber wir hoffen und wünschen uns alle gemeinsam fürs neue Jahr, dass wir unser Land so schnell wie möglich zurückgewinnen, neu aufbauen und die Familien wieder zusammenführen können.“

Ukrainerin gibt Hoffnung auf Frieden nicht auf

Die Hoffnung auf Frieden in der Ukraine hat sie nicht aufgegeben, auch wenn sie weiß, dass der Weg dorthin lang und schwer werden kann. Ebenso wie die Flucht nach Deutschland, die sie 2022 ihrer Tochter zuliebe antrat.

„Der Krieg hat unsere Familien komplett zertrennt – das Schlimmste ist, dass so viele unserer Kinder jetzt ohne Vater, Großvater und den Rest der Verwandten aufwachsen müssen.“

Natürlich ist die Lage ernst und traurig, aber trotzdem dürfen wir auch mal wieder gute Laune haben und uns über die Gemeinschaft freuen.
Anna Walter

Umso mehr versuchen sie, online in Kontakt zu bleiben, auch in der Silvesternacht – obwohl viele ukrainische Städte neben den Zerstörungen mit Ausfällen der Strom-, Wärme und Wasserversorgung kämpfen müssen: „Im Winter ist das ein Riesenproblem für unsere Familien.“

Umso dankbarer sei Daria für die Liebe der Mitmenschen, die sie hier in Deutschland spürt: „Meine Mutter, Tochter und ich haben einen sicheren, warmen Platz zum Überleben – für diese offenen Herzen sind wir sehr dankbar.“

Gebürtige Ukrainerin kümmert sich um Silvesterfeier für Flüchtlinge

Für ein wenig Lachen in traurigen Zeiten sorgte in dieser Woche auch Anna Walter mit einer Silvesterfeier für die Flüchtlinge in Kämpfelbach. Sie hatte das Fest ein paar Tage vorgezogen, damit die Familien den emotional geprägten Jahreswechsel im kleinen Kreis verbringen können.

Die gebürtige Ukrainerin, die aus familiären Gründen vor sieben Jahren nach Deutschland kam, engagiert sich seit Kriegsbeginn für Flüchtlinge in der Region, vermittelt Kontakte und Hilfsangebote.

„Natürlich ist die Lage ernst und traurig, aber trotzdem dürfen wir auch mal wieder gute Laune haben und uns über die Gemeinschaft freuen – nur gemeinsam schaffen wir es, durchzuhalten und mutig zu bleiben“, umschreibt sie die Motivation für das Fest, zu der die Flüchtlinge neben Musik landestypische Spezialitäten mitgebracht hatten.

Eigentlich feiern die Ukrainer den Jahreswechsel mit einem großen Familienfest, Jung und Alt ziehen noch in der Nacht und später am Neujahrstag von Wohnung zu Wohnung und besuchen sich gegenseitig.

Anna Walter berichtet von der weit verbreiteten ukrainischen Tradition, kurz vor Mitternacht die persönlichen Wünsche auf ein kleines Zettelchen zu schreiben, es zu verbrennen und das Sektglas mit der Asche noch während der zwölf Glockenschläge zu trinken: „Ich glaube, dieses Jahr wird überall derselbe Wunsch draufstehen“, denkt sie an den Wunsch nach einem Ende des brutalen Krieges – wohlwissend, dass der Wiederaufbau und die Rückkehr Jahre dauern wird.

Sie selbst möchte die Integration ihrer Landsleute für die Zeit, die sie noch hier sind, weiter voranbringen, will erreichen, dass sie sich mit ihren Berufen und Fähigkeiten in der Gesellschaft einbringen können. So möchte sie 2023 einen Verein gründen und mithilfe von Sponsoren neben Treffpunkten konkrete Angebote schaffen.

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